0027 - Das Leuchtturm-Monster
Lena trocken.
Pete winkte ab. »So etwas ist eine meiner leichtesten Übungen.« Dann schnippte er mit den Fingern. »Aussteigen, wir sind am Ziel. Jetzt geht es rund.«
Die beiden Kinder öffneten die hinteren Türen und sprangen aus dem Auto. Die beiden Jungen waren regelrechte Lausbuben. Zwölf Jahre zählten sie, hatten strohblondes Haar wie ihr Vater und unzählige Sommersprossen im Gesicht. Sie lebten in einer Abenteuer- und Comicwelt, fühlten sich als Supermänner und unbesiegbar. Schon manche Fensterscheibe hatte Vater Pete ersetzen müssen. Er zahlte für seine beiden Jungen viel aus eigener Tasche, sonst schnellte die Prämie der Versicherung zu sehr in die Höhe.
Auch das Ehepaar Ritter stieg aus. Lena Ritter war Mitte Dreißig, hatte eine biegsame Figur und ihr braunes Haar unter einem gepunkteten Kopftuch verborgen. Sie reckte und streckte sich nach der langen Fahrt, daß ihre Jeans zu platzen drohten. Es war ihre Idee gewesen, sich einen Wohnwagen zu kaufen. Die drei Männer hatten sofort begeistert zugestimmt. Endlich konnten sie mal richtig Ferien machen, wie sie es sich schon immer gewünscht hatten.
Norfolk hatten sie sich dann als Ziel ausgesucht. Von einem Arbeitskollegen hatte Pete Ritter gehört, daß der Campingplatz dort ideal gelegen sein sollte.
Nun, jetzt waren sie da.
Pete kuppelte den Volvo vom Anhänger los, stellte den Wagen fest und suchte seine beiden Söhne.
»Wo treiben sich Ritchie und Ron denn wieder herum?« wandte er sich an seine Frau.
Lena steckte ihren Kopf aus der Wohnwagentür. »Du kennst sie ja. Die sind nicht so schnell zu finden.«
Pete Ritter schob seine Brille ein Stück höher und stöhnte. »Ich werde mich als Aufpasser betätigen müssen.« Er hatte den Wohnwagen in eine kleine Parzelle dirigiert. Hinten wurde sie von zwei Bäumen abgegrenzt. An den Seiten wuchsen hüfthohe Sträucher, nach vorn hin war die Parzelle offen. Die Parzellen zu beiden Seiten waren ebenfalls belegt. Zum Strand hin hatte man einen freien Blick. Es war kein schöner Strand, wie ihn die Reiseveranstalter in ihren Prospekten immer anpriesen. Und auch mit der Sonne sah es nicht gut aus. Der Feuerball war hinter dunklen Wolken verschwunden. Der Wind hatte aufgefrischt und bewegte das Seegras auf den Erhebungen wie die Wellen eines Meeres. Wenn Pete Ritter einige Schritte nach vorn ging und zur anderen Seite schaute, dann sah er den alten Leuchtturm, der wie eine übergroße Zigarre in den Himmel ragte.
Pete hatte sich vorher erkundigt, der Leuchtturm war nicht mehr in Betrieb. Er sollte bald unter Denkmalschutz gestellt werden.
Die Luft auf der Halbinsel war herrlich, ein echter Balsam für die geschädigten Großstadtlungen. Die Familie kam aus London. Und was dort an Smog oft in der Luft lag, konnte man schon mit dem Wort Gesundheitsgefährdend bezeichnen.
Drei Wochen Urlaub – drei Wochen Nichtstun. Pete Ritter wollte richtig ausspannen und seinen Job vergessen. Die Computer, die endlosen Zahlen, das kalte Leuchtstoffröhrenlicht in den klimatisierten Räumen…
Eine helle Frauenstimme unterbrach seine Gedanken. »Sind Sie der neue Nachbar, Mister?«
Pete wandte sich nach links und hob überrascht die Augenbrauen. Die Frau, die vor ihm stand, trug Tennisschuhe, weiße Hosen und ein T-Shirt in der gleichen Farbe. Das lange blonde Haar hielt sie mit einem roten Tuch zusammen.
»Mein Name ist Jane Collins«, stellte sich die Blondine vor und reichte Pete die Hand.
»Angenehm. Ich heiße Pete Ritter.«
»Dann auf gute Nachbarschaft, Mr. Ritter«, sagte Jane.
»Ja, das hoffe ich auch.« Pete hatte seine Überraschung verdaut. »Sie sind schon langer hier?«
»Nein, erst einen Tag.«
»Schade, ich dachte, Sie könnten mir mehr über das Wetter erzählen.«
»Gestern war es schlechter.«
»Das läßt ja hoffen.«
Pete Ritter schaute zu seinem Wohnwagen. Er sah Lena aus der Tür kommen. »Dort ist meine Frau«, erklärte er Jane und winkte.
Lena Ritter ging auf Jane und Pete zu.
»Darf ich dir unsere neue Nachbarin vorstellen, Lena? Das ist Jane Collins.«
Die Frauen reichten sich ebenfalls die Hände und murmelten wie sehr sie sich freuten.
»Die beiden Jungen sind leider nicht da«, sagte Pete. »Die strolchen irgendwo herum.«
»Sie haben Kinder?«
Lena antwortete auf Janes Frage. »Zwillinge.«
Jane lächelte. »Phantastisch. Ich beneide Sie.«
»Sind Sie verheiratet?« erkundigte sich Lena.
»Nein.«
Die beiden Frauen kamen ins Gespräch. Die anfängliche
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