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0027 - Wir fingen den roten Delphin

0027 - Wir fingen den roten Delphin

Titel: 0027 - Wir fingen den roten Delphin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir fingen den roten Delphin
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meine Kräfte.
    Natürlich nahm ich nicht den direkten Weg zum Strand, sondern bummelte erst ein bißchen in den Ort hinein, trieb mich eine halbe Stunde lang in verschiedenen Bars herum, überall nur auf einen Blick und einen Schluck - dafür konnte ich dann, als ich meinem eigentlichen Ziel zustrebte, sicher sein, daß mich niemand verfolgte.
    Ich fand unschwer die Doppelpalme und die in der Nähe kieloben liegenden Boote. Ich wählte das für mein Vorhaben günstigste aus und kroch vorsichtig darunter.
    Da lag ich nun bäuchlings unter einem recht großen Boot und schielte gelangweilt unter dem vorderen Rand hervor. Keine drei Meter von mir entfernt befand sich die Palme, an der sich Mrs. Canderley einfinden sollte.
    Ich sah auf die Armbanduhr. Es war kurz nach Mitternacht.
    Wappne dich mit Geduld, mein Lieber, dachte ich und lauschte eine Weile auf das romantische Plätschern der Wellen, auf das ferne Brausen der Brandung draußen an dem Horn-Eck, einer malerischen Felsklippe, und auf das leise Rauschen der Palmen. Genaugenommen sah ich an diesem Abend Miami zum ersten Male so, wie man es sehen soll, wenn man etwas von Florida haben will.
    Als es irgendwo ein Uhr schlug, zog ich meinen Revolver aus der Schulterhalfter, die ich mir an diesem Abend unter dem Jackett umgeschnallt hatte, und sah das Magazin nach. Es empfiehlt sich immer, eine Waffe vorher zu kontrollieren. Hinterher hat man manchmal nicht mehr Zeit.
    Als ich mich davon überzeugt hatte, daß die Waffe einwandfrei funktionierte, behielt ich sie gleich in der Hand und achtete darauf, daß sie nicht aus Unachtsamkeit mit dem allzu feinen Sand des Strandes in Berührung kam.
    Träge verging die Zeit. Auf dem Bauch zu liegen - an einem märchenhaft schönen Strand - mag ein Vergnügen sein, solange man es aus träger Gemütlichkeit tut. Wenn man aber auf dem Bauch liegen muß, weil man einen Mörder erwartet, dann bleibt es nicht lange ein Vergnügen und wird ziemlich rasch zu einer lästigen Sache.
    Aber endlich war es soweit. Ich sah in der Ferne das weiße Kleid von Mrs. Canderley schimmern. Erst jetzt wurde mir klar, daß ich doch allerhand Mut von ihr gefordert hatte. Es ist sicher nicht gerade Sache einer zartbesaiteten Frau, nachts bei Mondschein allein an den Strand zu gehen, wenn sie weiß, daß sie sich dort mit einem Mörder treffen soll.
    Langsam kam sie näher. Sie sah sich hin und wieder um, aber niemand folgte ihr. Mir fiel plötzlich ein, daß sich der Bursche vielleicht im Wipfel des gespaltenen Baumes verborgen halten konnte. Daß er vielleicht lange vor meiner Ankunft dort hinaufgestiegen war. Verdammt, die Unruhe der gesteigerten Erwartung machte mich ziemlich nervös.
    Jetzt war Mrs. Canderley an der Palme angekommen. Sie blieb stehen und sah sich ängstlich um. Wahrscheinlich suchte sie jetzt mich. Richtig, da raunte sie auch schon leise: »Hallo, Mr. Cotton! Mr. Cotton!«
    Verdammt, konnte sie denn nicht ihren Mund halten?
    Einen Augenblick lang dachte ich nach, ob ich antworten oder besser schweigen sollte. Dabei - so etwas fällt einem ja immer erst ein, wenn es zu spät ist - mußte ich plötzlich daran denken, daß der Erpresser vielleicht schon lange Zeit vor mir unter einem anderen Boot Stellung bezogen hatte! Wenn ich jetzt antwortete, würde er es natürlich hören. Aber wenn er vor mir hier gewesen war und sich unter einem der anderen Boote versteckt hatte, dann wußte er von meiner Gegenwart ja sowieso. Andererseits mußte ich fürchten, daß Mrs. Canderley aus Angst wieder weglief, wenn sie nicht die Gewißheit erhielt, daß ich in der Nähe war. Also wagte ich es, ihr eine Antwort zu geben.
    »Sehen Sie nicht in die Richtung, aus der meine Stimme kommt!« raunte ich zwischen Sand und geschwungenem Bootsrand hindurch zu ihr hin. »Ich bin seit zwei Stunden hier! Fürchten Sie sich nicht, ich kann Sie genau sehen. Ihnen wird nichts geschehen! Aber sehen Sie nie in meine Richtung!«
    »Gut!« hauchte sie als Antwort. »Was soll ich ihm sagen, wenn er das Geld von mir verlangt?«
    »Genau das, was wir abgemacht haben.«
    »Ich habe Angst.«
    »Das ist ganz natürlich. Versuchen Sie, die Angst zu überwinden! Wenn Sie wollen, stecken Sie sich ruhig eine Zigarette an.«
    »Ja, das will ich tun.«
    Sie suchte in ihrer mitgebrachten Handtasche, die prall gefüllt zu sein schien. Dann schnippste ihr Feuerzeug, und ein paar Sekunden lang war ihr hübsches, jetzt von Angst ein wenig verzerrtes Gesicht deutlich im Schein der kleinen

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