0027 - Wir fingen den roten Delphin
gehalten.«
***
Nach einiger Zeit verließ uns Tom wieder, weil er sich um seine Schwimmschüler kümmern mußte. Als es Zeit dafür wurde, schlenderten Phil und ich hinüber zum Hauptgebäude des Hotels, wo der prunkvolle Speisesaal war, und machten uns über das reichhaltige Mittagessen her.
Anschließend gelang es mir - ohne Phils Aufmerksamkeit zu erregen -mich unter dem Vorwand zu verdrücken, einen Verdauungsspaziergang zu machen.
Sobald mich Phil vom Fenster des Speisesaals aus nicht mehr sehen konnte, schlug ich den Weg zum Bungalow des Ehepaares Canderley ein. Er war wieder einmal fischen. Das hatte uns der Kellner ganz nebenbei beim Servieren erzählt. Also war die Gelegenheit günstig, die Frau allein anzutreffen.
Ich hatte Glück. Mrs. Canderley war tatsächlich allein zu Hause. Sie sah mich mißtrauisch an, als sie die Tür geöffnet hatte und mich auf der Schwelle stehen sah.
»Sie werden sicher auch schon gehört haben, daß ich vom FBI bin«, sagte ich mit freundlichem Ton. »Ich möchte Sie gern in einer dienstlichen Sache sprechen.«
»So«, sagte sie hilflos. Mein Besuch schien ihr nicht angenehm zu sein. Nach kurzem Nachdenken entschied sie sich aber doch dafür, mich einzulassen: »Kommen Sie bitte herein!« sagte sie resigniert. Sie führte mich in das Wohnzimmer des Bungalows, das sich ebenfalls kaum von unserem unterschied.
Nachdem wir beide Platz genommen hatten, begann ich im Plauderton: »Im allgemeinen sieht man die Polizei nicht gern im Hause, nicht wahr? Ich habe Verständnis dafür, denn wir machen ja doch den Leuten irgendwie Scherereien. Aber ich kann Ihnen meinen Besuch beim besten Willen nicht ersparen, Mrs. Canderley. Sehen Sie, es geht um einen Mörder. Einen Mann, der gewissenlos genug ist, eine Frau umzubringen und eine zweite lebensgefährlich zu verletzen. Er wird nicht davor zurückschrecken, weiter zu morden, wenn wir ihn nicht stellen können. Sie können ebensogut wie jeder andere das nächste Opfer sein.«
Sie sah mich nicht an. Aber sie sagte auch nichts. Ich fuhr eindringlich fort: »Mrs. Canderley, die Polizei ist in den meisten Fällen hilflos, wenn sie nicht von anständigen Bürgern unterstützt wird. In diesem Falle bin ich ganz und gar auf Ihre Hilfe angewiesen!«
»Aber wieso denn?« fragte sie. »Ich weiß doch nicht, wer dieser Erpresser ist!«
Ich beugte mich vor und fragte schnell: »Woher wissen Sie denn, daß es sich um einen Erpresser handelt? Ich sprach nur von einem Mörder! Wie kommen Sie auf Erpresser?«
Sie stand auf und ging nervös hin und her.
»Mrs. Canderley, Sie machen genau den gleichen Fehler wie fast alle Leute, die erpreßt werden sollen. Sie versuchen ängstlich, die Polizei herauszuhalten. Aber gerade dadurch ermöglichen Sie dem Erpresser sein schmutziges Handwerk! Geben Sie es doch zu: Sie werden erpreßt! Und zwar mit der Drohung, gewisse Bilder würden an die Öffentlichkeit gelangen. Miß Martens und Miß Trancer wurden auf die gleiche Weise erpreßt. Ich will die Bilder ja gar nicht sehen. Ich möchte nur die Wahrheit wissen!«
Ich sah gespannt zu ihr hinüber. Wenn sie es ablehnte, wenn sie mir glaubhaft versichern konnte, daß sie nicht erpreßt wurde, dann fiel meine ganze Theorie von diesem Fall ins Wasser.
»Ja, es stimmt. Ich werde erpreßt. Ich soll heute nacht 10 000 Dollar an diesen gemeinen Schuft zahlen!« sagte sie mit tränenerstickter Stimme.
»Wie soll das vor sich gehen?« fragte ich.
»Was?«
»Das Bezahlen.«
»Mein Mann will heute nacht wieder fischen gehen. Irgendwie muß es der Erpresser erfahren haben. Er hat mir mitgeteilt, daß ich das Geld in kleinen Scheinen zu der Doppelpalme am Strand bringen soll. Sie wissen doch, die Palme, deren Stamm sich knapp über der Erde gespalten hat und dann in zwei Stämmen weitergewachsen ist.«
»Ja, ich kenne die Stelle. Ein ziemlich günstig gewählter Ort. Da er nicht windgeschützt ist, steht nicht einmal zu befürchten, daß sich ein Liebespärchen dort verirren könnte. Um wieviel Uhr sollen Sie an der Palme sein?«
»Um zwei Uhr heute nacht.«
»Gut. Gehen Sie hin! Natürlich ohne Geld. Aber nehmen Sie eine Tasche mit, die ein bißchen mit Zeitungspapier ausgestopft ist, damit es zunächst so aussieht, als hätten Sie das Geld tatsächlich bei sich.«
»Ich weiß nicht. Ich habe Angst. Ich möchte nicht gern das dritte Opfer werden.«
»Sie brauchen nichts zu befürchten. Ich werde auch da sein. Allerdings werde ich mich bemühen, mich so zu
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