0028 - Invasion der Monster
Ruhe.
Sie gaben nicht auf. Sie taten, was in ihren Kräften stand – und wieviel oder wie wenig es war, konnte nur eine höhere Macht ermessen…
***
Professor Zamorra atmete tief durch.
Einen Moment lang verharrte er reglos. Seine Augen streiften die stille Gestalt des toten Magiers, wanderten umher – und jetzt erst kam ihm zu Bewußtsein, daß er diesen Keller mit dem Altar schon einmal gesehen hatte.
Auf Château Montagne…
Während jenes seltsamen Augenblicks, als er Dr. Hallingers Telegramm bekommen hatte und das Amulett ihn in eine, tiefe Trance zog, die ihn weit hinausführte über die Grenzen von Raum und Zeit.
Er rieb sich mit dem Handrücken über die Augen.
Sein Blick flog zu Hallinger hinüber. Der grauhaarige Arzt und Parapsychologe hielt immer noch die alte Steyr-Pistole in der Hand, ohne daß es ihm vermutlich bewußt war. Auch er starrte zu dem Toten hinüber, und seine Lippen bildeten einen dünnen Strich.
»Meine Schuld«, sagte er rauh. »Wir brauchten ihn lebend, wir…«
»Sie konnten nicht anders handeln, Gordon. Sie haben mir das Leben gerettet.«
»Glauben Sie?« Hallinger zog die Schultern hoch, als friere er. »Ich – ich hätte versuchen müssen, ihn nur zu verletzen. Jetzt hat er sein Geheimnis mit ins Grab genommen! Unsere einzige Chance ist vertan! Wir können das Unheil nicht mehr aufhalten, wir…«
»Das ist nicht gesagt, Gordon. Dieser Teufel in Menschengestalt hat behauptet, nur er allein könne die Dämonenheere in ihre Schranken verweisen, aber das muß nicht stimmen. Es könnte genausogut ein höllischer Bluff sein – ein letzter Versuch, uns dazu zu bringen, überhaupt nicht mehr nach einer Chance zu suchen, und dadurch doch noch zu triumphieren.« Zamorra machte eine Pause, und sein Gesicht verhärtete sich zu einer Maske der Entschlossenheit. »Auf jeden Fall werden wir alles versuchen«, setzte er hinzu.
»Und was sollen wir tun?« fragte Hallinger leise.
»Wir müssen uns hier umsehen. Vielleicht enthält die Schatulle etwas, das uns weiterhilft. Aber warten Sie – wir sollten vorsichtig sein.«
Hallinger hatte bereits eine Bewegung gemacht, um auf die geheimnisvolle schwarze Schatulle zuzugehen und sie zu öffnen, jetzt ließ er die Hand sinken. Zamorra durchquerte langsam den Raum.
Er spürte instinktiv, daß die Schatulle gefährlich war, ein schreckliches Geheimnis barg, und er ging sehr vorsichtig neben dem schwarzen Behälter in die Hocke.
Das Amulett in seiner Rechten schien zu glühen.
Behutsam ließ er es aus der Hand gleiten, hielt es an der Kette.
Eine Sekunde lang hing der silberne Talisman zitternd und vibrierend an einem Fleck – und dann schien er von dem eigentümlich glänzenden schwarzen Material der Schatulle förmlich angezogen zu werden wie von einem Magneten.
Heftig schwang das Amulett aus.
Ein leises Zischen entstand, als es die Schatulle berührte.
Tiefrot glühte das Kästchen auf, Funken sprühten – und dann verschwanden die Umrisse der Schatulle, sie wurde durchsichtig wie Glas und war Sekunden später verschwunden.
Zamorra hielt den Atem an.
Ein Buch lag vor ihm.
Ein schwerer, uralter Band, gebunden in ein brüchiges Leder, das magische Zeichen trug. Zeichen, die der Professor kannte – denn er hatte sie schon einmal gesehen, als er auf Château Montagne in die seltsame Trance fiel.
»Das Buch«, sagte er leise. »Das Namenlose Buch. So hat es Philippa genannt.«
»Philippa…«, wiederholte Dr. Hallinger wie ein fernes, schmerzliches Echo.
Zamorra biß sich auf die Lippen.
In den letzten Stunden war so viel geschehen, daß er kaum mehr an den Tod des Mediums gedacht hatte – jetzt erstand das Bild wieder in seinem Gedächtnis. War das tatsächlich nur ein paar Stunden her? Er rieb sich mit dem Handrücken über die Stirn. Natürlich –Philippa Conde war am Anfang dieser langen Nacht gestorben. Und Nicole saß in Bill Flemings Wohnung, ebenso wenig sicher vor dem Grauen wie alle anderen Bürger von Manhattan. Sie und Bill hatten sich geweigert, über die magische Linie hinweg in eins der anderen Stadtviertel zu fliehen. Sie wollten kämpfen, und sie wollten helfen, soweit sie es konnten. Zamorra spürte einen Stich der Angst in seiner Brust. Er streckte die Hand aus, er wollte das Buch aufblättern – und in der gleichen Sekunde schlug der Schrei an sein Ohr.
Ein Schrei, der aus dem Flur kam, vielleicht von der Treppe. Auch Dr. Hallinger hatte ihn gehört. Er warf sich herum, riß die Tür auf, und der
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