0028 - Invasion der Monster
Schlangenarm verschmorte in Sekundenschnelle. Schauerliches Heulen hallte von den Wänden wider.
Mit dem Mut der Verzweiflung tauchte Zamorra unter dem peitschenden Armstumpf hinweg, schwang das Amulett an der Kette und traf den zweiten Vipernschädel, der sich in das Opfer verbissen hatte.
Auch hier der gleiche Effekt!
Fleisch verschmorte, infernalisch stinkender Rauch breitete sich aus. Der dritte Arm des Höllengeschöpfs ließ den bedauernswerten jungen Mann von selbst los. Heulend und wimmernd wich die Bestie zurück, und das Opfer sackte kraftlos an der Wand nach unten.
Schon begann sich seine Haut um die Bißstellen zu verfärben.
Geschwüre entstanden, ein widerlicher Ausschlag – und für einen Moment vergaß Zamorra das rasende Monster.
Er hatte den Toten im Nebenraum gesehen.
Und er war eiskalt entschlossen, alles zu tun, um dem jungen Mann zu seinen Füßen ein ähnlich schreckliches Schicksal zu ersparen.
Rasch kniete er nieder.
Mit dem Amulett strich er kreisend über die Bißstellen, und dazu murmelte er die Beschwörungsworte, die er schon bei ähnlichen Gelegenheiten mit Erfolg ausprobiert hatte:
»Heile, Wunde!« Seine Stimme klang atemlos, gehetzt. »Verschlie- ße dich! Gib nicht Raum dem Gift des Bösen! Heile, heile…«
Er wartete die Wirkung nicht ab. Denn mehr konnte er so oder so nicht tun. Sein Kopf flog hoch – und sein Blick erfaßte die Gestalt der schrecklichen Mahira, die nur wenige Yard von ihm entfernt über dem Boden schwebte.
Nichts hatte sich geändert.
Der Zersetzungsprozeß, den das Amulett ausgelöst hatte, war zum Stillstand gekommen. Nur noch vier Schlangenarme züngelten. Das Monster stand zu weit entfernt, als daß die Strahlung des Amuletts ihm noch etwas hätte anhaben können – und dennoch gewann Zamorra den Eindruck, daß die Erscheinung blasser wurde.
Er hielt den Atem an.
Die Vipern, eben noch in zuckender Bewegung, hingen schlaff am Körper des Monsters herab. Auch in der Mähne aus winzigen schwarzen Schlangenleibern war kein Leben mehr. Das bleiche, überirdisch schöne Gesicht hatte sich verzerrt, war nur noch eine Fratze. Immer undeutlicher, verschwommener wurden die Umrisse – und Zamorra begriff, daß die schreckliche Schlangengöttin vor seinen Augen verschwand.
Ein Schleier schien in der Luft zu wehen.
Dann verblaßte auch er – und nur noch ein wehes Stöhnen geisterte durch den Raum und verstummte.
Für ein paar Sekunden blieb Professor Zamorra reglos stehen.
Er wartete.
Immer noch war er darauf gefaßt, daß das Monster zurückkehren, daß sich sein Verschwinden nur als höllische Finte erweisen würde – aber nichts geschah.
Mahira, die Schlangengöttin, hatte sich in Luft aufgelöst.
Ohne Grund…
Denn daß das Amulett nicht dafür verantwortlich war, hatte Zamorra schon an dem Grad der Strahlung gemerkt, die im entscheidenden Augenblick von dem silbernen Talisman ausgegangen war.
Irgend etwas anderes mußte geschehen sein.
Etwas, das… Gordon Hallinger!
Zamorra preßte die Lippen zusammen. Hatte Hallinger in dem Buch gelesen? Hatte er das Mittel gegen die Invasion des Schreckens gefunden – und angewendet?
Es mußte so sein. Anders ließen sich die Ereignisse nicht erklären.
Zamorra wandte sich um – und seine Augen begegneten dem verwirrten Blick des jungen Mannes, auf dessen Haut nicht mehr die geringste Spur von den tödlichen Bissen zu sehen war.
Der arme Kerl stand unter einem Schock, daran gab es keinen Zweifel. Er reagierte nicht, er stellte auch keine Fragen. Willenlos ließ er sich von dem Professor am Arm fassen, zur Treppe führen und die Stufen hinaufbugsieren.
Zamorra klopfte an die Tür.
»Alles in Ordnung«, sagte er heiser – und sofort wurde geöffnet.
Mark Rickett tauchte auf. Sein Gesicht war bleich und erregt, und sein Kiefer mahlte.
»Irgend etwas muß passiert sein«, berichtete er hastig. »Oder besser – es passiert nichts mehr! Gerade eben kam eine Meldung von Kollegen, die ein Rudel Wölfe gesichtet hatten – aber es verschwand vor ihren Augen. Ein paar Großbrände haben unerklärlicherweise von selbst aufgehört. In einer Bar in der Bronx war eine Art Massenhysterie ausgebrochen, die ganz plötzlich wieder in sich zusammenfiel. Ich verstehe nicht…«
Zamorra hörte nicht mehr zu. Hallinger, dachte er.
Hallinger mußte das Mittel gefunden haben. Er hatte gehandelt, gekämpft – und gewonnen.
Und der Professor begriff selbst nicht, warum bei diesem Gedanken eine dumpfe Furcht
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