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0028 - Wir - in den Katakomben von Paris

0028 - Wir - in den Katakomben von Paris

Titel: 0028 - Wir - in den Katakomben von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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hatte der Mann am anderen Ende des Apparates nicht die geringste Verwunderung gezeigt. Er verband mich weiter. Die nächste Stimme sagte nur: »Bitte?«
    »Hier ist Cotton. Kann ich George Fraser sprechen?« Fraser war der amerikanische Delegierte im Zentralausschuß.
    Ein paar Sekunden vergingen, dann meldete sich George Fraser. Ich berichtete in wenigen Worten. Er lauschte ohne Kommentar.
    »Schade um Allen«, sagte er kurz, als ich geendet hatte. »Gut, daß Sie anrufen, Cotton. Es ist besser, wenn nicht Sie den Mord entdecken. Sind Sie und Phil Decker noch sauber?«
    »Ich hoffe es. Unsere Begegnung mit Allan war durchaus die eines Einheimischen mit Touristen.«
    »Wir werden uns bemühen, das nachzuprüfen. Sie haben bereits eine wichtige Position in dem Spiel. Es wäre unangenehm, wenn wir Sie auswechseln müßten.«
    »Neue Anordnungen, Mr. Fraser?«
    »Vorläufig nicht. Arbeiten Sie im vorgesehenen Sinne weiter.«
    »Ich hätte Lust, den italienischen Studenten aufzusuchen, von dem Allan sprach«, sagte ich nach dem Telefongespräch zu Phil.
    »Nicht gut möglich«, antwortete er. »Es verrät sofort unsere Position.«
    Ich mußte das zugeben. — Ich hätte mich gern selbst auf die Spur von Allans Mörder gemacht, aber das war nicht unsere Aufgabe. Wir mußten es anderen Leuten überlassen.
    »Aber in den fünften Bezirk gehen wir heute nacht!« knurrte ich.
    »Allan glaubte an Zusammenhänge zwischen den Algierbanden und der Rauschgiftzentrale.«
    »Du kannst nicht innerhalb eines Tages Dinge aufdecken, zu denen Thompson Monate benötigte.«
    »Nein, aber ich will sehen, von welcher Sorte die Gegner waren, mit denen Allan zu tun zu haben glaubte.«
    Um zehn Uhr abends fuhren wir mit der Untergrundbahn zum Place Odeon. Wir hatten vorher eine Karte studiert und wußten, welchen Weg wir einzuschlagen hatten, um die richtigen Straßen des fünften Bezirkes zu finden.
    Der Place Odeon strahlte noch in hellem Licht. Die Literatencafés am Boulevard St. Germain des Prés waren voll besetzt. Wagen glitten über den Asphalt, und neugierige Fremde begafften die bärtigen Existentialistentypen, die wahrscheinlich vom Fremdenverkehrsverein von Paris ihr Gehalt bezogen.
    Wir schlugen ein paar Seitenstraßen ein, in denen das Treiben der großen Promenaden nur noch am Rande zu spüren war, dann ganz erlosch. Die hohen, alten und windschiefen Häuser rückten noch näher aneinander. Die Beleuchtung wurde spärlicher. Das Pflaster war schlecht und holprig. Die Luft in den schmalen Straßen war gefüllt mit undefinierbaren Gerüchen. Und dann begann eine neue Art von Leben, weit entfernt von dem Brausen der Boulevards und der lichtüberfluteten Plätze.
    In kleinen Cafés saßen dunkelhäutige, braune, magere Männer mit harten Gesichtem und stechenden schwarzen Augen unter dichten Brauen. An den Ecken lungerten Gruppen von jungen Burschen, die in einer gurgelnden Sprache miteinander redeten, ihre Gespräche aber abbrachen, wenn wir an ihnen vorbeigingen.
    Was uns besonders auffiel, war der Mangel an Frauen im Straßenbild. Hin und wieder huschte zwar eine Frau an uns vorbei, aber es sah aus, als drücke sie sich scheu an den Mauern entlang. Frauen, angeblich der strahlende Mittelpunkt von Paris, hier schienen sie keine Rechte zu haben.
    Auf der anderen Seite der Straße, die wir passierten, war die Fassade eines Hauses bis zur ersten Etage wie ein arabisches Café hergerichtet. In ein paar Schaukästen wurden Attraktionen versprochen, und die ganze Sache war hübsch rot angeleuchtet.
    Wir besannen uns auf unsere Touristenrolle, gingen hinüber und studierten die Schaukästen. Ein Mann mit einer Portiersmütze auf dem Kopf, aber sonst in einem schäbigen Straßenanzug musterte uns finster.
    »Was ist los in deinem Laden?« fragte ich englisch.
    Er antwortete nicht, sondern spuckte nur aus.
    Phil sprach Französisch mit ihm. Der Mann antwortete mit ein paar kurzen und heftigen Sätzen. Phil faßte meinen Arm und zog mich weiter.
    »Was hat er gesagt?« erkundigte ich mich.
    »Er sagte, daß es nur ein Lokal für Einwohner des Bezirkes sei.«
    »Merkwürdige Auskunft.«
    Phil lachte. »Schade, daß du nicht die merkwürdige Art verstanden hast, in der er sie gab. Er wünschte uns zur Hölle.«
    An der nächsten Ecke stolperten wir fast über einen Burschen, der auf der Erde saß, den Rücken gegen eine Mauer gepreßt. Als er uns sah, hob er beide Arme und jammerte uns an. Er sah ziemlich scheußlich aus, völlig

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