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0028 - Wir - in den Katakomben von Paris

0028 - Wir - in den Katakomben von Paris

Titel: 0028 - Wir - in den Katakomben von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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abgerissen.
    »Ein Clochard«, sagte Phil. »Er will Geld.« Er warf dem Mann ein paar Franc zu, die dieser auffing. Im selben Augenblick tauchte aus der Dunkelheit ein junger Algerier auf, trat dem Bettler mit einer schnellen Bewegung unter die Hand, so daß die Münzen auf das Pflaster klirrten. Gleichzeitig sprudelte er einen Wortschwall hervor und schoß ganze Bündel giftiger Blicke auf uns.
    Mir gefiel das nicht. Drei Schritte brachten mich vor den Burschen.
    »Hau ab!« knurrte ich.
    Er spie einen Wasserschwall in Worten.
    »Hau ab!« sagte ich noch einmal.
    Statt dem Rat zu folgen, rückte er einen Schritt näher, und seine rechte Hand fuhr zu seiner Gesäßtasche. Ich wartete nicht ab, ob er ein Messer, einen Totschläger oder einen Colt zum Vorschein bringen würde. Mein rechter Haken warf ihn auf das Pflaster. Phil und ich gingen weiter, ohne uns um ihn zu kümmern. Die nächste Straße, in die wir einbogen, war fast unbeleuchtet, und hier gab es nicht mal eines dieser Cafés. Und trotzdem schien sie von einem geheimnisvollen Leben erfüllt zu sein. Es war wie ein Dschungel, in dem man nichts sieht, nichts hört und doch weiß, daß er von Raubtieren wimmelt. Jeden Augenblick muß man damit rechnen, daß der Tiger dem Jäger entgegentritt.
    Unser Tiger tra uns im Schein einer einsamen Laterne entgegen, und er hatte die Gestalt eines großen, relativ breitschultrigen Algeriers, dessen schwarze Haare tief in die Stirn gewachsen waren.
    »Ich hörte, Sie seien großzügig mit Geld«, sagte er in nicht schlechtem Englisch. Er zeigte eine Reihe weißer Zähne.
    Ich warf ihm eine Münze zu, die er geschickt auffing. Er führte sie nahe an seine Augen, grinste mich dann wieder an und sagte: »Sehr wenig für einen großzügigen Amerikaner. Ich hoffte, Sie würden den Inhalt Ihrer Brieftasche mit mir teilen.«
    Um uns in der Dunkelheit war Bewegung, leises Atmen. Hier und dort blitzte das Weiße in einem Auge auf, und plötzlich schoben sich noch zwei oder drei Gestalten in den Lichtkreis der Laterne.
    Phil und ich wichen wie auf Verabredung ein paar Schritte zurück, um die Hauswand im Rücken zu haben.
    Die Algerier folgten uns. »Geben Sie mir die Brieftaschen!« sagte der Große jetzt hart. »Sie haben einen Mann von uns geschlagen. Sie werden Buße zahlen. Er ist verletzt, muß vielleicht in ein Krankenhaus.«
    »Hau ab!« sagte ich kurz.
    Er kam näher. Ich stieß Phil an. »Achte auf Messer«, flüsterte ich, und dann stürzten wir nach vorne, um den Ring zu durchbrechen, bevor er dichter wurde.
    Es ging ziemlich rund. Wir wurden zuerst ganz schön mit ihnen fertig, aber es waren zu viele, und die Dunkelheit behinderte uns mehr als sie. Wir mußten zuviel Kräfte mit halb treffenden oder ins Leere gehenden Schlägen vergeuden, denn wir konnten es nicht wagen, sie zu nahe an uns heranzulassen. Vielleicht wären wir davongekommen, wenn jeder für sich gewaltsam durchgebrochen wäre, aber weder wollte Phil mich noch ich Phil im Stich lassen, und wenn der eine von uns sich gerade mehr oder weniger befreit hatte, so steckte der andere dick drin, und anstatt im Sprintertempo abzuhauen, warf sich derjenige, der gerade genügend Luft hatte, wieder ins Gewühl.
    Das Ende vom Lied war von schlichter Einfachheit. Ich kassierte einen Hieb mit einem mittelschweren Gegenstand über den Kopf und verlor das Bewußtsein. Als ich erwachte, stellte ich fest, daß ich von vier Kerlen getragen wurde. Zwei schleiften mich an den Beinen, zwei andere hatten mich an den Schultern gepackt. Vorweg gingen zwei Männer, die mit Taschenlampen den Weg beleuchteten, und in dem Lichtschein konnte ich genug vom Weg sehen, um zu erkennen, wo entlang man mich trug. Es war eine Art Gewölbegang, an die zwei Mannslängen hoch und vier oder fünf Yard breit. Er schien in einen Felsen gehauen und beachtlich lang zu sein. Die Wände troffen vor Nässe. Der Boden war holprig.
    Ich beschloß, mich ruhig zu verhalten. Da auch hinter mir Lampen flackerten, nahm ich an, daß Phil auf ähnliche Weise transportiert wurde.
    Im Schein des unruhigen Lichtes vor mir war es schwer, Einzelheiten zu erkennen, aber einmal riß der Lichtschein doch etwas aus dem Dunkel, das mir das Blut in den Adern erstarren ließ. Es waren hochgestapelte Knochen und grinsende Totenschädel.
    Wahrhaftig, ich begann mir ernsthafte Sorgen zu machen.
    In diesem Augenblick stoppte unser Zug. Der Schein von zwei Taschenlampen kam uns entgegen. Meine Träger ließen meine Arme und

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