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003 - Der Totentanz

003 - Der Totentanz

Titel: 003 - Der Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alphonse Brutsche
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zitterte, wurde rötlich und erlosch. Als wieder völlige Dunkelheit herrschte, zerriss ein gewaltiger Donnerschlag die Stille und ließ Teller, Glas und Vase klirren.
    Als der Schlag verhallt war, hörte man nur noch das einförmige Rauschen des Regens auf dem Dach. Der Platz vor dem Haus war stockfinster.
    Sogar die Straßenbeleuchtung war ausgefallen.
    Eine Störung im Elektrizitätswerk, dachte Pierre. Er blieb einen Moment unbeweglich in der Finsternis stehen. Dann ging er zum Schrank und tastete nach einer Kerze, die für solche Zwecke bereitlag. Er zündete sie an. Das zuckende gelbliche Licht malte bizarre Schatten an die Küchenwände. Ein heißer Tropfen Wachs lief auf Pierres Hand. Er befestigte die Kerze auf einer Untertasse.
    Plötzlich hörte er im Hausflur ein Geräusch. Es war nur leise, hob sich aber klar vom Rauschen des Regens ab. Gleich darauf klingelte es an der Wohnungstür.
    Pierre blieb einen Moment regungslos stehen. Dann nahm er den Teller mit der Kerze in die Hand und ging langsam zur Wohnungstür. Sein riesiger Schatten wanderte hinter ihm her.
    »Sicher ist es Martin, der eine Kerze von mir haben will«, sagte ihm die Stimme der Vernunft.
    Draußen vor der Tür war kein Geräusch zu hören. Und es wurde auch nicht zum zweiten Mal geklingelt.
    »Ist da jemand?« rief Pierre erregt.
    Keine Antwort.
    Er streckte die Hand aus und schob den Riegel zurück. Dann öffnete er die Tür. Im Hausflur sah er eine schemenhafte Gestalt. Er streckte langsam den Arm mit der Kerze aus, deren Schein die Gestalt nun erhellte.
    »Christine …« Die Stimme, mit der Pierre diesen Namen aussprach, klang wie der letzte Atemzug eines Sterbenden.
    Der Unterteller, auf dem die Kerze stand, zerschellte am Boden, und die Kerze erlosch. Es herrschte völlige Finsternis.
     

     

»Ich bleibe dabei«, erklärte Brigitte Dubois, »mit Pierre ist etwas nicht in Ordnung. Ihr seht ja, heute ist er auch nicht ins Büro gekommen. Und er hat sich nicht einmal entschuldigt. So etwas passt gar nicht zu ihm. Und wie er gestern früh einfach losgelaufen ist, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Nein, irgendetwas stimmt hier nicht.«
    »Sie wissen doch, dass er seit dem Tod seiner Frau ganz anders ist als vorher«, erklärte Dutour.
    »Gewiss«, erklärte Brigitte lebhaft, »aber in letzter Zeit ist es wesentlich schlimmer geworden. Ich habe ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber. Er ist wirklich ein feiner Kerl, und ich finde, wir hätten uns ein bisschen mehr um ihn kümmern müssen. Manche Menschen vertragen eben die Einsamkeit nicht.«
    Paul Canauff kaute an seinem Bleistift. »Er hat es uns aber sehr schwer gemacht, mit ihm Kontakt zu halten«, erwiderte er. »Trotzdem haben Sie natürlich recht. Wahrscheinlich müssten wir wirklich etwas tun. Aber was?«
    »Jedenfalls sollten wir mal bei ihm Vorbeigehen«, sagte Brigitte. »Vielleicht ist er krank.«
    »Gut, ich bin gern bereit, in der Mittagspause zu ihm zu fahren. Ich habe den Wagen da. Kommen Sie mit?«
    »Ja, gern.«
    Brigitte wandte sich wieder ihrer Arbeit zu, und auch Dutour beendete die Berechnung, die er begonnen hatte. Seiner Ansicht nach machten sich seine Kollegen unnötige Sorgen.
    Paul Canauff und Brigitte Dubois stiegen gegen eins aus dem Wagen, den sie auf dem Platz der Republik geparkt hatten. Das Unwetter der vergangenen Nacht hatte. überall große Pfützen hinterlassen, aber es regnete nicht mehr und war auch wärmer geworden.
    »Schön ist die Gegend nicht gerade«, sagte Brigitte.
    »Aber dafür ruhig.« Canauff hatte Pierre schon einmal während der Krankheit von Christine besucht. »Da drüben ist es.«
    Sie betraten den Hausflur von Nummer 22 und stiegen die Treppe hinauf. Vor der Wohnung angekommen, drückte Paul auf die Klingel.
    »Hören Sie?« fragte Canauff. »Ich glaube, er ist da.«
    Sie lauschten und hatten den Eindruck, Schritte in der Wohnung zu hören und leise Stimmen. Dann war alles still. Sie waren sich ihrer Sache nicht sicher und sagten sich, dass die Geräusche auch von der Straße hereingedrungen sein konnten, da ihnen niemand öffnete.
    »Er ist doch nicht da«, meinte Canauff.
    Er klingelte ein zweites und noch ein drittes Mal. Niemand kam.
    »Vielleicht will er nicht aufmachen«, sagte Brigitte.
    »Aber warum nicht?« Canauff sah sie erstaunt an.
    Brigitte zuckte schweigend die Achseln. Dann wandten sich beide um und gingen die Treppe hinunter. Auf dem Platz angekommen, blickten sie zum Haus hinauf. Hinter den Fenstern war niemand

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