003 - Die schwarze Rose
nach der Trauung tun würde. In ihrer Hochzeitsnacht.
Wie konnte sie ihre Unerfahrenheit erklären? Diese Tatsache würde John wohl kaum entgehen, da er dazu neigte, auf jede winzige Einzelheit zu achten. Vor allem im Zusammenhang mit Frauen. In der Mitte ihrer glatten Stirn entstand eine zarte Falte. Irgendetwas musste sie sich einfallen lassen.
Während sie zu John aufschaute, schlug ihr Herz schneller. Er war wie eine griechische Statue gebaut. Was würde sie empfinden, wenn sie ihn berührte, so wie sie es immer erträumt hatte? Hastig verdrängte sie die Fantasiebilder. Dafür durfte sie sich jetzt keine Zeit nehmen. Andererseits würde sich die Fantasie bald in Wirklichkeit verwandeln. Welchen Plan sollte sie schmieden?
„Was willst du?"
Als hätte er ihre erotischen Gedanken gelesen, empfahl er mit seidenweicher Stimme: „Such deine Großmutter, meine Süße."
„Wozu?"
„Sag ihr, wir brauchen kein Kräutersträußchen." In seinen grünen Augen lag eine eindeutige Herausforderung.
Diesen Ausdruck hatte sie nie zuvor gesehen, aber er passte zu der wachsenden Liste faszinierender Blicke, die er ihr seit kurzem zuwarf. Nun, das hatte sie mehr oder weniger herausgefordert - sogar darum gekämpft. Ihre Handflächen wurden feucht, und sie wischte sie am Rock ab. Ein Plan . . . Um sich zu beruhigen, holte sie tief Atem. Nur ihre erste Liebesnacht. Nichts, worüber sie sich aufregen müsste.
Immerhin bot die reichliche Erfahrung ihres Bräutigams gewisse Vorteile - er würde ihr unvergleichliche Freuden schenken. Daran zweifelte sie nicht. Johns Fähigkeiten waren legendär. Aber was die Lösung jenes kleinen Problems betraf . . .
Kann ich's ihm irgendwie verheimlichen? Der Versuch, ihn betrunken zu machen, wäre sinnlos. Bedauerlicherweise vertrug er eine ganze Menge Alkohol. Und an diesem Tag würde er wohl kaum zu tief ins Glas schauen.
Eigentlich war es gar keine so schlechte Idee, mit Grand-mère zu reden. Wenn ich ihr ein paar Boudoirgeheimnisse entlocke, finde ich vielleicht Mittel und Wege . . .
Natürlich musste sie sehr vorsichtig zu Werke gehen. Die Großmutter durfte nicht erraten, was Chloe im Schilde führte. Zweifellos würde die Comtesse den Wunsch ihrer Enkelin, ihre jungfräuliche Unerfahrenheit vor dem Bräutigam zu verbergen, sehr seltsam finden. Und Chloe wollte keine Erklärungen abgeben.
Nachdem ihr Entschluss feststand, stemmte sie ihre Hände in die Hüften, womit sie ihre Nervosität überspielte. „Würdest du dich um die Gäste kümmern, statt hier herumzustehen wie ein Deckhengst, den man bestellt und nicht abgeholt hat?"
Konnte er seinen Ohren trauen? „Chloe!"
Ungeduldig kroch sie zwischen den Kleidern hervor und schob sich an dem entgeisterten Viscount vorbei. „Tut mir Leid, John, ich bin sehr beschäftigt und habe keine Zeit für solche Dinge." Welche „Dinge" sie meinte, erläuterte sie nicht. „In zwei Stunden findet die Zeremonie statt." Mahnend hob sie einen Zeigefinger und eilte zur Tür. „Ich hoffe, du bist pünktlich - und bereit."
Mit diesen rätselhaften Worten verschwand sie. John schaute ihr belustigt nach.
Wusste sie, dass ein Deckhengst fast immer bereit war?
Sie fand ihre Großmutter im Wintergarten. Diesen schönen Raum liebte Chloe ganz besonders. Unabhängig von der Jahreszeit gediehen hinter den großen Fenstern üppige Grünpflanzen und Blumen.
Simone de Fonbeaulard stellte mit besonderer Vorliebe Parfums her. Seit ihrer Jugend interessierte sie sich für die
verschiedenen Düfte, die den Blüten entströmten. In den Gärten ihrer Ahnen wuchsen spezielle Pflanzen, und die Familie stellte seit Jahren eigene Parfums her.
Hier in England wuchsen viele aromatische Sorten - Rosen, echte Myrte, Jasmin und natürlich französischer Lavendel. Die Comtesse gewann aus den Essenzen duftende Haut- und Badeöle, was ihr große Freude bereitete. Auf dem Steinboden reihten sich mehrere seltsam geformte Flaschen aneinander.
Am liebsten mochte Chloe das Aroma, das Grandmere eigens für sie komponiert hatte, aus Jasmin-, Nachthyazinthen- und Fliederöl, mit dem Hauch eines exotischen Gewürzes. Dieser Duft schien auch John zu gefallen. Jedenfalls hatte er das Parfüm mehrmals erwähnt.
„Grandmere, ich muss mit dir reden."
Simone blickte von dem Kräutersträußchen auf, das sie für ihre Enkelin zusammenstellte. „Was gibt's, ma petite?"
Unsicher biss Chloe sich in die Lippe. Wie sollte sie anfangen? „Nun ja ... es geht um .
. . heute Abend . .
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