003 - Die schwarze Rose
."
Die Comtesse legte das Bouquet lächelnd beiseite. „Hast du Angst vor der Hochzeitsnacht, mein Engel?"
Eigentlich wollte Chloe den Kopf schüttelte. Doch sie besann sich anders, als die Großmutter einen Arm um ihre Schultern legte.
„Davor brauchst du dich nicht zu fürchten. Sicher weiß John, wie er sich verhalten muss." Simone zwinkerte ihrer Enkeltochter zu. „Selbst wenn er kein Franzose ist."
„Aber . . ."
„Glaubst du, sonst würde ich dich diesem Mann anvertrauen? John hat stets gut für seine kleine Chloe gesorgt, und das wird er auch heute Nacht tun."
„Wenn ich nur wüsste, was ..."
„Befolge einfach seine Anweisungen."
Gewiss, das hatte Chloe vor, und es würde ihr leicht fallen. Doch das half ihr nicht, jenes Problem zu lösen. „Wie
soll ich ihn . . . behandeln, Grandmere? Zweifellos ist er sehr anspruchsvoll. Du kennst seinen Ruf."
„Ah, das ist eine uralte Frage." Die Comtesse nickte weise. „Natürlich muss die Frau alles unter Kontrolle haben."
Jetzt kommen wir der Sache schon näher. Von Männern versteht Grandmere sehr viel. „Und wie gelingt mir das?" fragte Chloe freimütig.
„Indem du ihm alles gibst", erwiderte Simone mit dem Selbstvertrauen einer geborenen femme fatale.
„Alles?" Das klang gefährlich.
„Alles. Aber ..." „Ja?"
„Versuch den Eindruck zu erwecken, du würdest irgendetwas zurückhalten."
Nachdenklich starrte Chloe vor sich hin. „Und was nützt mir das?"
„Es treibt ihn zum Wahnsinn. Unentwegt wird er sich fragen, was du ihm vorenthältst. Und wenn er ein ganzer Mann ist, wird er immer wieder fordern, was ihm nach seiner Meinung gehört."
„Auch wenn's gar nicht existiert?"
„Mais oui. Der Mann will die Frau erobern und unterwerfen. Indem du John glauben machst, das wäre ihm nicht vollends gelungen, verwickelst du ihn in einen Machtkampf. Die Männer lieben solche Herausforderungen, die ihnen helfen, jung und vital zu bleiben."
Davon war Chloe nicht überzeugt. John erschien ihr schon vital genug. „Bist du sicher?"
„Oui, völlig sicher."
„Behandelst du Maurice auch so?"
„O ja, schon seit Jahren. Jedes Mal, wenn er mir einen Heiratsantrag macht, weise ich ihn ab. C'est qa, deshalb ist er Wachs in meiner Hand."
Skeptisch musterte Chloe ihre Großmutter. „Aber das könnte riskant sein."
„Alles, was sich lohnt, ist riskant."
„Nun, ich glaube ..."
„Sorg dich nicht, Liebes. Die Männer wissen meistens gar nicht, wie ihnen geschieht.
Manchmal muss man sie mit der Nase auf die Dinge stoßen, die sich direkt vor ihren Augen befinden. Das liegt in ihrer Natur."
Plötzlich erkannte Chloe die Lösung ihres Problems Natürlich! Warum war sie nicht schon früher darauf gekommen? Einfach brillant. John würde gewiss nichts merken.
„Vielen Dank Grandmere!" Sie umarmte die Comtesse, dann rannte sie aus dem Wintergarten.
Lächelnd schaute Simone ihr nach, bevor sie sich wieder mit ihrem Kräutersträußchen befasste.
Hinter dichten Pflanzen verborgen, hob Maurice Chavaneau die Brauen. Er hatte sich vor den Gästen im Wintergarten versteckt. Vom leisen Plätschern des Springbrunnens und der friedlichen Umgebung eingelullt, war er eingeschlafen, noch bevor Simone den Raum betreten hatte. Das Gespräch zwischen der Großmutter und der Enkelin hatte ihn geweckt. Nun grinste er breit. Ho, ho!
Mühsam bahnte sich John einen Weg durch das Gedränge in der kleinen Kapelle. Ein Mann rempelte ihn unsanft mit seinem Ellbogen an. „Ihr Pech, alter Junge! Wir waren zuerst da. Suchen Sie sich woanders einen Platz!"
John warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Tut mir Leid, ich bin der Bräutigam -
alter Junge."
Da wurde der Bursche feuerrot. „Oh - Verzeihung ..."
Seufzend kämpfte John sich weiter nach vorn. In diesen Menschenmassen lag immerhin ein gewisser Vorteil. Vielleicht würde Percy nicht . . . Verdammt, da stand er. Direkt vor dem Altar. Neben Maurice und der Comtesse und . . .
Beinahe wäre John gestolpert. Deiter trug seine goldene Weste mit einer violetten Schärpe. Auf Schnapps hässlichem
Kopf saß ein kleiner Silberhut. Der Mops starrte die Hochzeitsgäste an und fletschte seinen Zahn. Ausnahmsweise stimmte John mit dem mürrischen Hund überein.
Beim Anblick der Braut krampfte sich sein Herz zusammen. Wie wunderschön sie aussah in ihrem schlichten Kleid aus weißem Batist, einen Kranz aus winzigen gelben Rosenknospen im roten Haar ... Er trat an ihre Seite, ergriff ihre kleinen Hände und flüsterte:
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