003 - Die schwarze Rose
Gruselgeschichten.
„Und das zweite Mal..." Fasziniert beugte sich die Tischgesellschaft vor. „Die Wölfe ..." Unheilvoll verhallte Deiters Stimme.
„Die Wölfe?" fragte Jean-Louis.
Deiters Kinn sank auf die Brust, und er begann laut zu schnarchen.
„Ohhhh!" Enttäuscht lehnten sich alle zurück, und John verbarg sein Amüsement.
Wie leicht sie sich hereinlegen ließen . . .
„Neulich hörte ich eine amüsante Geschichte." Percy betupfte seinen Mund mit einer Serviette. „Kennst du den Earl of Lauder, John?"
John öffnete den Mund, um zu antworten. Aber da fuhr Percy bereits fort. Offenbar fürchtete er, die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu verlieren, wenn er seinen Bericht nicht so schnell wie möglich beendete. „Dieser Mann ist ein schrecklicher Hypochonder, und er regt sich ganz wahnsinnig über alles auf, was sein geordnetes Leben durcheinander bringen könnte."
„Kommt mir irgendwie bekannt vor", murmelte John in sein Weinglas.
„Angeblich hat er fünf Jahre lang kein Wort gesprochen!"
„Warum?" Davon hatte Simone de Fonbeaulard noch nichts hört.
„Keine Ahnung. Vermutlich glaubte er seine Gesundheit zu gefährden, wenn er etwas sagen würde."
„Wie exzentrisch!" Niemals wäre Zu-Zu auf den Gedanken verfallen, ein Mitglied der Aristokratie für verschroben zu halten.
„Oh, da muss ich noch etwas erwähnen!" fügte Percy hinzu. „Man teilte ihm mit, eine gewisse Schriftstellerin würde ihn
besuchen - ich glaube, es war Mariane Turnery, die dieses romantische Buch verfasste ..."
„Oh, sie ist wundervoll!" meinte Simone lächelnd.
Percy verzog die Lippen. „Leider durfte sie die Gesellschaft des Earl nicht lange genießen, denn er begann plötzlich zu kreischen: .Bringt mich weg, bringt mich weg!'"
Sogar John stimmte in das allgemeine Gelächter ein.
„Anscheinend genügte die Angst vor der literarischen Pest, um das jahrelange Schweigen des Earl zu beenden", ergänzte Percy, und alle schrien vor Lachen.
Am nächsten Nachmittag saß John im Arbeitszimmer und starrte missgelaunt die Hauptbücher an, die vor ihm lagen. Er hasste Hauptbücher. Warum musste er sich damit befassen? Noch dazu an einem solchen Tag? Er warf einen Blick durch die Glastür hinter dem Schreibtisch, die in den Garten führte. Was für ein herrliches Wetter . . . Am liebsten würde er mit Chloe durch den Garten wandern. Aber darauf durfte er wohl kaum hoffen.
Aus irgendwelchen Gründen zürnte sie ihm. Als sie gestern Abend zu Bett gegangen waren, hatte sie sich nicht einmal küssen lassen und ihm abrupt den Rücken gekehrt.
Darüber war er wütend gewesen. Von heißem Verlangen gequält, hätte er ihr beinahe erklärt, sie müsse ihre ehelichen Pflichten erfüllen, wann immer er das wünsche.
Zweifellos trug Zu-Zu die Schuld an diesem Zerwürfnis.
Nachdem die Herren am vergangenen Abend ihren Portwein getrunken und sich zu den Damen in den Salon gesellt hatten, war ihm die Comtesse Zambeau schamlos zu Leibe gerückt. Welches Argument er auch immer anführte, um die Frau zu entmutigen, es nützte nichts. Entschlossen ignorierte sie seinen Widerstand und wich nicht von seiner Seite. Chloe glaubte, er hätte Zu-Zus Aufmerksamkeit absichtlich erregt. Um sich zu rächen, behauptete sie, Adrien sei der hübscheste Cyndreac - wenn ihr auch alle sehr gut gefallen würden. Erbost entgegnete John, die Frage, wer der hübscheste Cyndreac sei, brauche sie nicht zu interessieren, weil das für sie keinerlei Bedeutung habe.
Da wandte sie sich beleidigt ab, obwohl er glaubte, ein triumphierendes Lächeln würde ihre Lippen umspielen. Sicher liegt es nur an der schwachen Beleuchtung im Salon, redete er sich ein. Warum sollte sie sich freuen, wenn er ihr praktisch befahl, den französischen Comtes aus dem Weg zu gehen?
Jedenfalls war sie eingeschlafen, ohne seine brennende Begierde zu berücksichtigen.
Eine weitere neue Erfahrung, die er einzig und allein Chloe verdankte - ungestilltes Verlangen . . .
Hatte irgendjemand behauptet, die Enthaltsamkeit würde der Seele gut tun? Johns Finger trommelten auf die Schreibtischplatte. Davon hielt er nichts, und er fühlte sich nicht gut, sondern elend.
An diesem Morgen war er erwacht, immer noch erregt, und hatte nach seiner Frau getastet. Doch sie war bereits verschwunden. Auf dem Nachttisch hatte er eine Nachricht gefunden. „Ich pflücke Veilchen."
Seufzend schüttelte er den Kopf. In was für eine seltsame Situation war Lord Sex geraten? Wie lange würde seine Frau
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