003 - Die schwarze Rose
ihn noch leiden lassen?
Niedergeschlagen öffnete er ein Hauptbuch und starrte die Seite an. Die meisten Eintragungen stammten von Simone de Fonbeaulard, in verschnörkelter Handschrift. Während er die Zahlenreihen studierte, entdeckte er mehrere Fragezeichen am Rand. Danach folgte ein Abschnitt in der kühnen, schwungvollen Handschrift seines Onkels.
Als John herausfand, was geschehen war, lächelte er. Simone hatte einige Unstimmigkeiten entdeckt und das Problem mit Maurices Hilfe gelöst.
Wie gewissenhaft die beiden für Chloe gesorgt und ihr Erbe verwaltet hatten . . Auf den letzten Seiten erkannte er Chloes saubere, präzise Handschrift zwischen den Eintragungen ihres Onkels. Offenbar hatte Maurice sie in der Buchführung unterrichtet. Er liebte sie, als wäre sie sein eigenes Fleisch und Blut. Umso erstaunlicher, dass er sie seinem berüchtigten Neffen anvertraut hatte . .
.
Warum verließen sich alle auf ihn? Das verstand er beim besten Willen nicht.
Desinteressiert blätterte er die Seiten um und dachte an Chloes Stupsnase, die sich so zauberhaft kräuselte, wenn sie lachte. Manchmal küsste er ihre Nasenspitze . . .
Wohin wanderten seine Gedanken? Er musste die Bücher durchsehen. Und so versuchte er sich, auf die winzigen, mit dunkelblauer Tinte geschriebenen Zahlen zu konzentrieren. Fast violett. Wie ihre Augen ...
In diesen Augen könnte er ertrinken.
Entschlossen klappte er das Buch zu. Damit würde er sich später beschäftigen. Er stützte sein Kinn in die Hand. Vielleicht sollte er seinem Anwalt schreiben und ihn um Informationen über den Verbleib des Sexton-Nachlasses bitten. Ja, eine gute Idee. Er öffnete die Schreibtischschublade, nahm Papier, eine Feder und das Tintenfass heraus. In einer Ecke des Schubfachs lag eine rote Haarsträhne, mit einem rosa Band umwunden. Lächelnd griff er danach. Chloes Babyhaar. Sein Finger strich über das seidige Löckchen. Wie gut er sich an ihre Kindheit erinnerte, an ein kleines Mädchen, das er heiß geliebt hatte . . .
Und jetzt war Chloe seine geliebte Frau.
Wieso kam er auf solche Gedanken? Kalter Schweiß brach aus seiner Stirn. Solche Probleme konnte er nicht gebrauchen. Chloe war . . .
Durch die Glastür drangen die Stimmen der Cyndreacs herein. „ ... un .. . deux . . .
trois!" Gefolgt von einem Freudenschrei. Ungeduldig schüttelte er den Kopf und kehrte zu seinem Gedankengang zurück. Chloe war . . .
„ ... un .. . deux . . . trois!" Diesmal erkannte er, wem die Jubelstimme gehörte.
Seiner Frau.
Sofort sprang er auf und öffnete die Glastür. Mitten auf dem Rasen hielten die Cyndreacs die Zipfel eines Lakens fest, auf dem seine Frau lag, und warfen sie in die Luft. Als wäre sie ein Spielzeug, nur geschaffen, um sie alle zu amüsieren!
Wütend stürmte er zu ihnen. „Hört sofort auf!" brüllte er.
Halb verblüfft, halb ängstlich wandten sie sich zu ihm. Dabei hielten sie glücklicherweise das Laken fest, in dem Chloe gerade wieder landete.
„Habt ihr nicht verstanden?" fragte er mit gefährlich leiser Stimme.
Die sieben Brüder ließen das Leintuch los, entfernten sich, und Chloe saß inmitten unzähliger Veilchen. Die Hände in ihi-e Hüften gestemmt, musterte sie John missbilligend. „Was ist denn los mit dir?"
„Bist du verrückt geworden? Die haben dich in die Luft geworfen!"
„Na und?"
„Na und? Du hättest . . . diese Burschen durften nicht . . ." Was er sagen wollte, wusste er nicht. Jedenfalls musste es ausgesprochen werden. Die Stirn gerunzelt, verschränkte er seine Arme vor der Brust.
„Komm her, John." Ein strahlendes Lächeln erhellte Chloes Gesicht. Einladend klopfte sie neben sich auf das Laken.
„Wozu?" murmelte er und gehorchte widerstrebend.
„Bist du eifersüchtig?"
„Mach dich nicht lächerlich!"
„Irgendwie erweckst du diesen Eindruck", meinte sie und strich das Leintuch glatt.
John legte die Hände auf ihre Schultern. „Nicht eifersüchtiger als du gestern Abend auf Zu-Zu."
„Oh!" Chloe schaute ihm direkt in die Augen. „Dann musst du sehr eifersüchtig sein."
Wieder einmal verblüffte sie ihn. „Chloe . . ." Zögernd hielt er inne. Dann verdüsterte sich seine Miene. „Spiel nicht mit mir. Das missfällt mir."
„Aber ich spiele doch gar nicht mit dir." Sie rückte näher zu ihm, so dass er ihre Körperwärme spürte.
Schweigend starrte er sie an.
„Niemals würde ich mit dir spielen, John." Sie strich eine goldblonde Locke aus seiner Stirn. „Es sei denn, du willst
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