003 - Im Kabinett des Grauens
PSA-Agenten
gedrungen.
Vorsichtig
nahm Larry Brent den schweren Körper von X-RAY-7 auf die Arme, nachdem er Iwans
Hüftwunde notdürftig verbunden hatte. Larry stapfte durch den Schlamm. Pfützen
gurgelten unter seinen Schritten, und die Fußabdrücke, die er hinterließ,
füllten sich im Handumdrehen mit braunem, matschigem Wasser. Er ging zur Straße
zurück, wo die Passagiermaschine notgelandet war. Blaulichter blitzten durch
die Nacht. Polizei- und Krankenwagen umstanden den riesigen, silbernen Vogel in
einer dichten Kette. Polizeibeamte stürmten über die Straße in das Dunkel und
suchten mit grellen Scheinwerfern die Umgebung nach dem Geflüchteten ab.
Zwei
Beamte waren Larry behilflich, Iwan Kunaritschew zu transportieren.
»Er
muss sofort ins Krankenhaus«, sagte der PSA-Agent leise.
Ein
Polizist verständigte die Sanitäter. Zwei Männer mit einer Bahre kamen über die
feuchte, halbfertige Asphaltstraße. Iwan Kunaritschew atmete schwach und
unregelmäßig. Der Krankenwagen fuhr sofort los. Er brachte den Russen nach
Newcastle, der nächsten größeren Ortschaft in der Nähe von Longtown. Longtown
selbst hatte kein Unfallkrankenhaus.
Larry
hatte das Gefühl, in einen Bienenkorb zurückzukehren. Beamte der
Kriminalpolizei verhörten die Passagiere, Blitzlichter flammten auf, Silvia de
Sorente war von drei, vier Fotoreportern umringt, ein bleicher, hagerer
Rundfunkreporter machte mit einem umgehängten Tonbandgerät seine Runde und
sprach erregt seinen Kommentar.
Diese
stille, abgelegene Straße hatte sich nach den Ereignissen im Nu in einen
Hexenkessel verwandelt. Larry Brent sah den Flugkapitän Frank Dovern, der
erregt mit einem hochaufgeschossenen, mit einem Trenchcoat bekleideten Mann
sprach. Aus der Bemerkung eines in der Nähe befindlichen Polizisten erfuhr
Larry, dass es sich um Chiefinspektor McCortney handelte, den höchsten Beamten
der County Police.
Larry
ging auf ihn zu. Die Männer, die durch den Funkspruch Frank Doverns herbeordert
wurden, hatten die grundsätzlichen Routinearbeiten und Aussagen schon
abgeschlossen. Chiefinspektor McCortney schien jedoch noch ein besonders
starkes Interesse an den Wahrnehmungen und Aussagen des Flugkapitäns zu haben.
Schließlich war Dovern der einzige, der den Mörder des Kopiloten aus
allernächster Nähe gesehen und sprechen gehört hatte. Doch McCortney schien mit
Doverns bisherigen Aussagen keineswegs zufrieden zu sein.
Er
zog seinen grauen Filzhut tiefer in die Stirn. »Sie haben sich getäuscht,
Kapitän, Sie haben sich wirklich getäuscht – der Name, war das wirklich der
Name, den er genannt hat?«
Frank
Dovern nickte. Er sah müde und abgespannt aus. Die letzte Stunde hatte diesen
Mann verändert. »Derry Cromfield, er nannte sich Derry Cromfield – aber das
alles habe ich Ihnen schon erzählt, Chiefinspektor.« McCortney griff sich an
die Stirn, er schüttelte den Kopf. »Vielleicht eine Namensgleichheit, nichts
anderes. Aber die Beschreibung passt so genau.« Er hatte schon andere Zeugen
vernommen, und die erschreckende, beinahe unheimliche Übereinstimmung in der
Beschreibung der Person des Täters entsetzte ihn.
Larry
Brent trat hinzu. McCortney wandte sich gleich an ihn, als er von einem
Polizisten erfuhr, dass dies der Mann sei, der den Täter verfolgt habe.
Die
Worte, die X-RAY-3 mit dem Chiefinspektor sprach, konnte man an einer Hand
abzählen. Larry nannte ebenfalls den Namen Cromfield, doch er unterließ es
wohlweislich, weitere Anmerkungen über die letzten Worte von Colin Perkins
verlauten zu lassen. Dass ein Toter nach zwanzig Jahren zurückgekommen sein
sollte, das würde ihm niemand abnehmen. Dass Perkins das Opfer eines Toten war,
wer würde das schon glauben? Larry hatte aus McCortneys Bemerkungen immerhin so
viel entnehmen können, dass der Chiefinspektor ähnliche Gedankengänge
verfolgte, dass er seine Vernunft jedoch soweit unter Kontrolle hatte, um
bewusst alles auszuschalten, was diesem merkwürdigen Vorkommnis in dieser Nacht
einen Stich ins Unwirkliche, Irreale geben könnte.
Aber
Larry fragte sich, ob es diesen Stich ins Unwirkliche wirklich gab. Er war
überzeugt davon, dass auch dahinter eine Lösung stand, doch diese Lösung zu
finden, musste ungleich schwerer sein, als einen gewöhnlichen Kriminalfall zu
bearbeiten, den McCortney so gern daraus machen wollte.
Eine
letzte Frage richtete Larry noch an den Chiefinspektor, ehe die
Polizeieinheiten aus der nebelgeschwängerten Finsternis zurückkehrten, um
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