003 - Im Kabinett des Grauens
befürchten,
denn bis zur Stunde war etwas Derartiges in diesem Kabinett noch nicht vorgefallen.
Es schien, als fürchteten sich die Leute davor, Dinge zu berühren, die diese
unheimlichen Mörder einmal in ihren Händen gehalten hatten. Oder es gab eine
sehr gute Alarmvorrichtung, die Mr. Flemming sofort auf den Plan rief, wenn
etwas geschah. Tom musste vorsichtig sein, er war noch nicht mit allem
vertraut. Er musste es auf einen Versuch ankommen lassen.
Er
ging um einen siebzig Zentimeter hohen Mauerrest herum und bewegte sich auf
eine Figur zu, die er mit dem Strahl seiner Taschenlampe abtastete. Er sah den
schweren, goldenen Ring am Ringfinger der wächsernen Hand. Ein kostbarer
Smaragd reflektierte das Licht der Lampe.
Tom
schluckte. Unwillkürlich warf er einen Blick in die Runde und begegnete den
starren Augen der leblosen Wachsfiguren. Er musste es riskieren, dazu war er
schließlich hier. Wenn er seinem Hehler mit leeren Händen gegenübertrat, dann
war das Geschäft für ihn passe.
Tom
legte die Lampe neben sich auf den kalten, steinernen Fußboden. Das indirekte
Licht ließ die Figur im Halbschatten erscheinen. Vorsichtig, wie ein geübter
Taschendieb, legte Tom seine Hand um den wächsernen Finger und umspannte den
kühlen, massiven Ring. Was würde geschehen, wenn er daran zog?
Er
fühlte das harte Wachs und ertastete keinen Kontakt, der auf eine Alarmvorrichtung
schließen ließ.
Sein
Fuß stieß gegen die Taschenlampe, sie rollte auf die Seite, und Tom warf
unwillkürlich einen Blick auf den Boden. Der Strahl leuchtete den Sockel vorn
an, auf dem in großen Buchstaben der Name Derry Cromfield stand.
Sein
Herz verkrampfte sich, das Blut pochte in seinen Schläfen, dröhnte in seinen
Ohren und schien das ganze Gewölbe mit einem Mal zu erfüllen.
Derry
Cromfield? Aber das war doch die Wachsfigur des Mörders, die ihm bei seinem
Eintreffen aufgefallen war, deren Sockel er wenig später leer aufgefunden hatte
– und deren Sockel jetzt wieder besetzt war! Besetzt durch die zuvor
verschwundene Gestalt!
Angst
ergriff sein Herz, Entsetzen erfüllte ihn. Sein Mund öffnete sich zu einem
Schrei, doch er schien jede Kraft verloren zu haben, auch nur einen Ton über
die Lippen zu bringen.
In
seinen Augen irrlichterte es. Er starrte in das dunkle, verschwommene Gesicht
und ahnte mehr die Pockennarben, die brutalen, harten Lippen, den Messerstich
unter dem linken Auge. Alles drehte sich vor ihm rasend im Kreis. Er verkrallte
seine Finger in die harte, kalte Wachsschicht der linken Hand Cromfields und
umspannte wie im Krampf den massiven Ring mit dem Smaragd.
Er
sah das Schild, das neben Cromfield aufgebaut war, das die makabre Geschichte
seines Mörderlebens schilderte, er sah den flachen Tisch, auf dem die Pistolen,
Revolver und Dolche lagen, mit denen Derry Cromfield getötet hatte.
Und
dann hielt die Rechte Cromfields wie durch eine Zauberei plötzlich einen
spitzen, breiten Dolch in der Hand. Tom sah es in der Dunkelheit vor sich
aufblitzen. Die Hand der Wachsfigur sauste auf ihn herab!
Er
fühlte den Stich und einen zweiten. Ein Blutstrahl schoss über sein Gesicht.
Ohne einen Laut von sich zu geben, brach er in die Knie.
Tom
Riggins, der Dieb, war tot.
●
Larry
Brent war sofort neben der Gestalt, die im Dunkeln vor ihm zusammengebrochen
war und leise vor sich hinwimmerte. Silvia de Sorente!
Das
Filmsternchen rutschte auf dem glitschigen Boden immer wieder ab. Sie war in
einen breiten Spalt geraten, der mit Schlamm und Regenwasser gefüllt war. Ihre
wohlgeformten Beine sahen etwas bekleckert aus; ihr Minipelzmantel schien in
hellbraune Schokolade getaucht worden zu sein.
Larry
zog Silvia de Sorente vorsichtig in die Höhe. Für einen Augenblick fühlte er
den zitternden, warmen Mädchenkörper in seinen Armen, sah die feuchten,
verführerisch schimmernden Lippen der jungen Frau, die großen, dunklen Augen,
die ihn seltsam musterten. Sie war merkwürdig verändert, wirkte kleinlaut,
schutzbedürftig und ein wenig verloren in seinen starken, muskulösen Armen.
»Was
suchen Sie hier?« fragte Larry rau.
Sie
senkte den Blick, und der Duft ihres feuchten Haars drang in seine Nase und
betörte seine Sinne. »Ich bin Ihnen gefolgt, als ich merkte, dass Sie dem allgemeinen
Aufbruch nicht folgten. Von Anfang an habe ich erkannt, dass Sie ein
ungewöhnlicher Mann sind, Mr. Brent.« Sie geriet sofort wieder ins Schwärmen,
und ihre ruhige angenehme Stimme klang noch charmanter, als dies an
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