003 - Im Kabinett des Grauens
wusste. Er weiß auch, dass Ihre Enkelin Jane
heute Nacht in London eintrifft. Und ich bin überzeugt davon, dass er hier
seinen Mordanschlag verüben wird, das ist seine einzige Gelegenheit. Ich werde
rechtzeitig mit Ihnen auf der Central Station sein.« Sie besprachen einige
Details. Dabei stellte sich heraus, dass Larry Brent im Augenblick ohne
fahrbaren Untersatz war. Harold Perkins erklärte sich sofort bereit, seinen
Rolls Royce zur Verfügung zu stellen, damit Larry beweglicher war.
Nicht
ungern nahm X-RAY-3 dieses großzügige Angebot an. An der Türschwelle sagte er
noch: »Machen Sie sich keine Sorgen, Sir Harold! Ich werde mein bestes tun. Und
gemeinsam wird uns der Schachzug gelingen. Und noch etwas: Sie wollten
Gewissheit haben, ob Derry Cromfield damals wirklich beerdigt wurde. Lassen Sie
Ihre Verbindungen spielen, und Sie werden das erfahren, was Sie wissen müssen!
Ich bin sicher, dass Sie eine Graböffnung erreichen werden ...«
●
Larry
Brent verließ London. Mit dem Rolls Royce kam er auf der Ausfallstraße trotz
des Nebels rasch voran, die dunklen Alleebäume huschten als zerfließende
Schemen an den Seitenfenstern vorüber. Es war später geworden, als er zunächst
geplant hatte.
Als
er im Krankenhaus ankam, wurden die Warmhaltewagen mit den Tabletts schon zum
Abwasch gefahren. Die Mittagszeit war vorüber. In den Gängen roch es nach
Äther, nach desinfizierenden Mitteln und nach der fetten Suppe, die es gegeben
hatte.
Iwan
Kunaritschew lag im Zimmer Nummer 123. Es war ein Einbettzimmer auf der
Privatstation.
Larry
klopfte an, hörte das dumpfe Herein des Russen und trat ein. Iwan Kunaritschew
saß im Bett. Er grinste von einem Ohr zum anderen, als er den Freund sah. Aber
er unterbrach dabei nicht seine Betätigung. Iwan Kunaritschew drehte sich eine
Zigarette aus einem Tabak, schwarz wie die Nacht, von dem kein Mensch wusste,
woher er den bezog.
Der
Russe machte einen erstaunlich erholten Eindruck. Die eiserne Widerstandskraft
des bärenstarken PSA-Agenten war mit ein Grund dafür, dass Iwan die Verletzung
offensichtlich rascher überwand als manch anderer. »Hallo, Towarischtsch!«
grölte er. »Ich dachte schon, ich befände mich in der Hölle, aber da ich dein
freundliches Gesicht sehe, scheint mir, dass ich noch mal davongekommen bin.«
Er zündete sich seine Zigarette an und blies den Rauch in dichten Wolken von
sich.
Der
Qualm brannte Larry in Augen und Kehle. »Ich glaube, dass ich in die Hölle
geraten bin, Brüderchen«, meinte er, während er sein Gesicht abwandte. Der
Russe rauchte ein Kraut, von dem einem übel wurde.
Larry
nahm neben Iwans Bett Platz.
»Sie
wollen mich noch drei oder vier Tage hierbehalten«, murrte der Russe, dem man
ansah, wie unwohl er sich in dem Bett fühlte. Er trug einen pieksauberen
Verband um den Kopf, so dass er aussah wie ein arabischer Scheich. »Ich sehe
den Grund nicht ein, Towarischtsch! Ich will raus hier! Ich kann mich wieder
frei bewegen, die Wunde schmerzt noch etwas, ich ziehe das Bein nach, aber das
ist doch kein Grund, mich drei oder vier Tage hier einzulochen.« Der Russe war
empört. »Ich habe ein paar Tropfen Blut verloren, richtig, aber die hat man mir
wieder ersetzt, was soll der ganze Unsinn also?«
Sie
kamen auf die Entwicklung im Fall Perkins-Cromfield zu sprechen. Larry weihte
den Russen in seinen Plan ein. »Ich könnte dich gut gebrauchen, Brüderchen.
Gerade jetzt. Die Dinge spitzen sich zu.«
»Der
ganze Fall erscheint in einem recht merkwürdigen Licht, Towarischtsch«, meinte
Iwan. »Es gibt da auf einmal so viel, was auf dem Kopf zu stehen scheint.«
Die
beiden Agenten erörterten die Angelegenheit in allen fassbaren Details. Larry
erwähnte, dass er bereits das Hauptquartier verständigt habe. Nun müsste sich
bald zeigen, ob X-RAY-1 an der Bearbeitung des Falles Interesse hatte oder ob
er die beiden Agenten – nach Iwans Gesundung – sofort zurückbeorderte, weil
neue Aufgaben in den Staaten warteten.
»Ich
vermute stark, dass bei meiner Rückkehr bereits eine Nachricht vorliegt«, sagte
Larry, bevor er sich von Iwan Kunaritschew verabschiedete.
Der
Russe versprach, mit dem behandelnden Arzt ein paar ernste Worte zu reden. »Ich
werde dich doch jetzt nicht im Stich lassen, Towarischtsch«, murmelte er,
während er aus dem Bett stieg und Larry zur Tür begleitete. Er humpelte noch
ein wenig, und unter dem Bund seiner Schlafanzughose zeichnete sich der dicke
Verband ab, den man um seine Hüften
Weitere Kostenlose Bücher