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003 - Im Kabinett des Grauens

003 - Im Kabinett des Grauens

Titel: 003 - Im Kabinett des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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sprach noch leiser als sonst. Sie
wusste, wie sehr die Vorfälle den alten Herrn mitgenommen hatten.
    »Ich
will niemanden sehen, Grandma«, stieß Perkins zwischen zitternden Lippen
hervor. Er griff nach der erloschenen Pfeife, stopfte sie sich zwischen die
Zähne und kaute auf dem Mundstück herum. »Ich will niemand sehen! Heute nicht,
morgen nicht! Ich muss allein sein, Grandma, verstehst du das, ich muss allein
sein!«
    »Der
Gentleman heißt Brent. Er sagt, dass er zuletzt mit Colin gesprochen habe«,
entgegnete Helen leise und ungerührt, als hätte sie die Erwiderung von Harold
Perkins gar nicht gehört. »Mr. Brent will Ihnen eine Nachricht überbringen,
Sir. Sicher hat Colin ihm Ihre Adresse gegeben.«
    Der
Körper des alten Perkins schien sich plötzlich zu straffen, die kleinen Augen
unter den welken Lidern zuckten. »Er soll hereinkommen, Grandma, er soll sofort
hereinkommen. Ich erwarte ihn!«
     
    ●
     
    Wenig
später stand Larry Brent dem greisen Henker gegenüber. Der alte Perkins hatte
sich aus seinem Sessel erhoben. Stumm musterte er den eintretenden Gast. Der
Amerikaner las Trauer, Niedergeschlagenheit und Ratlosigkeit in den Augen
seines Gegenübers.
    Es
hatte Perkins arg mitgenommen, dass sein Enkel zwischen Leben und Tod schwebte.
Harold Perkins machte den Eindruck eines Mannes, der die Todesnachricht bereits
erhalten hatte. Aber es lag noch etwas in seinem Blick, etwas Fremdes, nicht
Fassbares, das Larry erschauern ließ.
    Während
der Alte seinem jungen Besucher einen Platz anbot und Helen aufforderte, etwas
zu trinken zu bringen, schien er mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein, an
einem anderen Ort, in einer anderen Zeit ...
    Draußen
vor den geschlossenen Fenstern heulte der Wind und peitschte den Regen gegen
die Scheiben. Im Kamin knisterten die trockenen Scheite. Helen legte nach.
    Larry
fand schnell Kontakt zu Sir Harold Perkins. Der Greis hatte sich trotz seines
Alters ein erstaunlich jugendliches Verhalten bewahrt. Larry erzählte von
seiner Begegnung mit dem Piloten Colin Perkins und von seinen letzten Worten.
    »...
und ganz zum Schluss erwähnte er den Namen Jane«, schloss der PSA-Agent. Er
hatte seine Botschaft sehr schonend vorgebracht, um den alten Mann nicht
abermals aufzuwühlen, aber die Erwähnung dieses Namens hatte genau die Wirkung,
die Larry hatte vermeiden wollen.
    Sir
Harold Perkins drückte sich blitzschnell aus dem Ledersessel in die Höhe, eine
erstaunlich schnelle Bewegung für sein Alter. Er knallte die Pfeife auf den
Tisch. Seine dünne Haut über den Backenknochen zitterte wie unter ständigen,
elektrischen Schlägen.
    Er
ging mit zornesrotem Gesicht zum Fenster und stieß hörbar die Luft durch die
Nase. Mit einer heftigen Bewegung riss er den Vorhang auf und starrte hinaus in
die regen- und windgepeitschte parkähnliche Anlage, die sich bis weit hinter
das Haus ausdehnte. Es war draußen noch immer so finster wie am Morgen, als
Larry weggefahren war. Die Sonne drang mit keinem Lichtstrahl durch die dichte,
quellende Wolkendecke und durch den Nebel, der wie ein zäher Brei über allem
lag.
    »Jane
... er sagte Jane«, murmelte Sir Harold Perkins vor sich hin. »Was sagte er
genau, Mr. Brent, sagte er noch etwas zu diesem Namen? Hatte er noch die Zeit
dazu? Bitte, versuchen Sie sich genau daran zu erinnern!«
    Das
bereitete Larry keine Schwierigkeiten.
    Die
wenigen Worte, die Colin Perkins ihm zugeflüstert hatte, waren wie mit einem
Brandeisen in sein Gedächtnis eingeprägt.
    »Natürlich,
Sir, ich kann mich daran erinnern. Er sagte genau: Jane, Vorsicht wegen Jane,
sie ist die ... das war alles, Sir, weiter konnte er nichts mehr sagen.« Larry
Brent erhob sich.
    »Ich
nehme an, Sie kennen die Vorgeschichte dieses merkwürdigen Falles«, sagte
Perkins mit völlig veränderter Stimme. »Ganz London spricht davon, alle
Zeitungen schreiben darüber. Es gibt einen Fluch auf meinem Namen, es ist der
Fluch eines Gehenkten, Mr. Brent! Man hat mich vor zwanzig Jahren verflucht,
man hat mir gesagt, dass eines Tages die Abrechnung kommen würde – und jetzt
ist es soweit.«
    Er
stand unbeweglich am Fenster, den Blick in die neblige Tiefe gerichtet. Schien
gar nicht zu bemerken, dass es noch einen Zuhörer gab. Wie im Selbstgespräch
sprudelten seine zu Worten geformten Gedanken über seine Lippen. »Jane, meine
über alles geliebte Jane! Was meinen Sie, Mr. Brent ...« Und mit diesen Worten
wandte er sich plötzlich um, und Larry hatte Gelegenheit, diesem

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