0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung
Ohren nach.
Die Schlange wurde von der Gewalt des Schusses mit zerschmettertem Schädel gegen die Rückwand des Felsens geworfen, ihr buntgezeichneter Leib zuckte noch zweimal, dann war es mit ihr vorbei.
Okay, Jerry, sagte etwas fieberhaft in meinem Gehirn. Diese Höhle ist genau richtig. Sie schützt dich vor den Hubschraubern. Und da eine Klapperschlange drin war, kannst du vor anderen Überraschungen sicher sein.
Ich kletterte hinein, zog mir zwei nahe liegende Felsbrocken heran und türmte mir daraus eine Deckung vor dem Eingang. Jetzt konnte es losgehen.
Ich legte den Revolver aus der Hand und leerte meine Hosentaschen. Sie waren gefüllt mit Ersatzmunition für die Kanone. Für die Maschinenpistolen hatte ich noch einige Reservemagazine. Ich setzte an jede ein volles Magazin und lud den Revolver nach. Er hatte ohnehin nur einen Schuß im Magazin gehabt.
Da Phil früher ausgefallen war, als in unserer Absicht gelegen hatte, war ich im glücklichen Besitz von mehr Munition. Aber ausgerechnet das wollte ich ja nicht. Ich steckte die Nase vorsichtig über meine selbstgebaute Deckung und peilte die Lage.
Rechts unter mir waren laute Stimmen zu hören. Es mußte ungefähr die Gegend sein, wo ich Phil im Schatten der Felsnase zurückgelassen hatte. Okay, das war eine Gelegenheit, meinen Munitionsvorrat etwas zu verringern.
Ich hielt die Maschinenpistole so hoch, daß sie unter Garantie keinen Schaden anrichten konnte, und hackte zwei ratternde Salven gegen die unschuldigen Felswände.
Die Stimmen verstummten mit einem Schlage.
Ich zog die Mündung der Tommy Gun zufrieden zurück. Keine vier Meter vom Eingang der Höhle nach links fiel eine Schlucht oder so etwas steil nach unten ab. Ich nutzte den unbeobachteten Augenblick und warf zwei volle Reservemagazine hinab. Wieder ein paar Kugeln weniger.
Verrückt, was? Ich hätte doch über jeden Schuß froh sein müssen, den ich noch hatte! Warten Sie’s ab.
Ich suchte mir eine Marlboro aus dem etwas zerknitterten Päckchen. Ich war langsam wieder zu Atem gekommen und konnte die Zeit, bis die lieben Kollegen in den benachbarten Felsen Stellung bezogen hatten,. ausnützen, um meine Lage zu überdenken.
Eines war mir klar: Mich holten sie hier nicht raus. Ich lag gedeckt und konnte die ganze Gegend bestreichen, ohne mehr als zwei Zentimeter meines Köpfchens sehen lassen zu müssen. Und die zwei Zentimeter sollten sie erst mal treffen, wenn sie auf ihre eigene Deckung bedacht sein mußten.
Es war aber auch noch eines mehr klar: Sie würden einen Wagen per Funksprechanlage aus der Stadt anfordern, der Handgranaten oder wenigstens Tränengas mitbrachte. Wenn sie human waren, würde es Tränengas sein. Wenn sie weniger human waren, taten sie es mit Eierhandgranaten.
Gegen Eierhandgranaten und gegen Tränengas hatte ich nichts anzubieten. Soweit durfte ich es gar nicht erst kommen lassen. Ich mußte mich vorher so benommen haben, daß ich ehrlichen Gewissens sagen konnte: Teil zwei deiner Aufgabe ist auch erfüllt.
Blieb nur eines: ein bißchen in die Gegend zu schießen, auch wenn ich noch keine Anzeichen dafür hatte, daß sie die benachbarten Felsen besetzten.
Ich griff mir noch einmal die Maschinenpistole und harkte der Reihe nach sämtliche Felsklippen in der Gegend ab. Es surrte wunderschön von Querschlägern.
Irgend jemand brüllte etwas in Spanisch. Sein Vertrauen ehrte mich, aber verstehen konnte ich es beim besten Willen nicht. Ich brüllte in Englisch zurück: »Verstehe nichts! Halt dein Maul!«
Zur Bekräftigung ratterte ich noch ein bißchen auf der zweiten Tommy Gun. Das Magazin der ersten hatte ich wieder leergeschossen. Sie glauben ja gar nicht, wie schnell fünfzig Schuß aus dem Lauf sind, wenn der Abzugsbügel auf Dauerfeuer steht.
Eine Weile herrschte Schweigen. Dann radebrachte jemand unsichtbar in Englisch: »Nicht schießen! Wir bergen Ihren Kameraden! Er ist schwer verwundet!«
Ich spielte zur Antwort wieder ein bißchen auf der Maschinenpistole. Erstens wußte ich ganz genau, daß Phils Stelle so gedeckt lag, daß ich die Leute dort überhaupt nicht mit der Feuerspritze erreichen konnte, zweitens wollten sie meine Feuerpause, bloß ausnützen, um ihre Leute ungefährdet in die besten Deckungen vor meiner Höhle zu kriegen, und drittens wollte ich sie ein bißchen wütend machen.
Jedes ehrbare, biedere Polizistenherz regt sich auf und steigert sich in eine gesunde Wut hinein, wenn ein Gangster die Bergung eines Schwerverwundeten
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