Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

Titel: 0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Morgen meiner Hinrichtung
Vom Netzwerk:
heißen Sohlen an ihm vorbei.
    Hinter mir knallte es drei-, viermal. Aber es war nicht das Rattern der Maschinenpistole. Dann hörte ich einen dumpfen Knall und ein grelles Kreischen.
    »Ich habe den linken Vorderreifen zerschossen«, sagte Phil. »Jetzt steht er quer auf der Straße. Ich denke, daß er unseren Vorsprung auf ein bis zwei Meilen erhöhen wird. So lange brauchen die sicher, um die Karre beiseite zu räumen.«
    Er hatte recht. Umfahren konnte ihn die Polizei nicht, weil die Straße bereits so weit erhöht war, daß es nicht ratsam war, auf die abfallende Böschung auszuweichen.
    »Sind wir noch nicht bei dem Volkswagen?« fragte Phil.
    »Noch drei Kilometer, schätze ich!« Jetzt ging es immer steiler hinan. Ich mußte in dem mittleren Gang bleiben, damit der Wagen die Steigungen überhaupt nahm. Nach ungefähr sechshundert Meter öffnete sich vor uns die felsige Gebirgswand, und die Straße schnitt schnurgerade und stetig steigend hinein.
    »Kannst du sie noch sehen?«
    »Der vorderste Jeep ist jetzt bei dem Lieferwagen angekommen. Die Polizisten stehen auf der Straße neben dem Wagen. Einer gestikuliert wie ein Wilder. Es scheint der Fahrer des Lieferwagens zu sein.« - »Sie kommen aber mit dem Jeep nicht an ihm vorbei?«
    »Nicht daran zu denken! Der Lieferwagen steht quer und nimmt die ganze Fahrbahn ein.«
    »Wunderbar. Das hast du sauber hingedreht.«
    Er lachte nur. Aber es war nur ein kurzes Lachen, durch das auch der Schmerz durchklang.
    »Verlierst du nicht zuviel Blut?«
    »Keine Ahnung. Es läuft ganz schön, aber wir können deswegen doch jetzt nicht anhalten! Dann wäre ja die ganze Sache verpfuscht.«
    Ich wagte es, mich einmal kurz umzusehen. Verdammt, mir blieb jedes Wort im Hals stecken. Sein Jackett war vorn über und über mit Blut beschmiert.
    »Kannst du den anderen Arm bewegen?«
    »Sicher.«
    Ich griff in das Handschuhfach. Der Vermieter des Wagens war ein aufmerksamer Mann gewesen und hatte einen kleinen Unfallkasten dort aufbewahrt. Ich reichte ihn Phil.
    »Es werden sicher ein paar Verbandpäckchen drin sein. Sieh mal nach!«
    Er schwieg eine Weile, dann sagte er: »Okay, Jerry. Ich habe Verbandpäckchen gefunden.«
    Ich nahm den Fuß vom Gaspedal.
    Phil hörte es sofort.
    »Fahr weiter, Jerry! Verdammt, du Idiot! Fahr doch weiter! Willst du denn alles aufs Spiel setzen wegen des bißchen Blutverlustes? Ich kann das auch allein! So fahr doch, du…«
    Ich will das Wort lieber nicht wiederholen.
    Ich drehte mich um. Er hatte es tatsächlich geschafft, sich die angeschossene Schulter etwas freizumachen, und preßte jetzt die dicken Mullpäckchen auf die Wunden.
    Okay, lange konnten wir es ohnehin nicht mehr machen. Also los. Ich trat das Gaspedal wieder durch. Wie ein Panther sprang der Lincoln nach vorn.
    »Geht es?«
    »Sicher geht es! Was gehen muß, geht immer.«
    Das war Phil. Typisch Phil. Ich weiß nicht, wie oft der Kerl schon im Krankenhaus gelegen hat. Ich weiß nicht, wieviel Narben von Schußwunden oder anderen Sachen er an seinem Körper hat, aber ich weiß, daß er es bisher immer geschafft hat, zwei Minuten länger durchzuhalten als seine Gegner. Und ich weiß, daß er mein Freund ist.
    Halten Sie mich meinetwegen für einen heillosen Idioten, aber in diesen Sekunden durchpulste mich ein Gefühl unbändigen Stolzes auf meinen alten guten Freund Phil Decker.
    ***
    Vor uns tauchte der Volkswagen auf, den wir abgestellt hatten. Ich trat im letzten Augenblick auf die Bremse. Mit einem Kreischen, das durch meinen ganzen Körper lief, radierte der Lincoln ein ordentliches Stück Gummi von seinen Reifen und stand.
    Ich riß meine Tür auf, die beiden Ledertaschen vom freien Sitz und sprang hinaus. Ich hob das linke Bein und drückte die Schlösser der beiden Taschen auf dem Oberschenkel zu. Jetzt waren die Taschen nur noch mit den dazugehörigen Schlüsseln zu öffnen. Und die Schlüssel hatte mein Brief mitsamt den Wagenschlüsseln in die richtigen Hände befördert.
    Ich lief um den Lincoln herum zu dem Volkswagen. Ich schob die erste Tasche durch das geöffnete Seitenfenster und achtete darauf, daß sie vor dem Sitz auf den Wagenboden fiel. Die zweite Tasche hinterher. Zurück in den Lincoln. Gas und weiter.
    Wieviel Geld mochte eigentlich in den beiden Taschen gewesen sein?
    Ich hatte keine Ahnung. Und Phil hatte ebenfalls keine Ahnung.
    Aber zu dieser Sekunde wurden wir bereits von der ganzen Polizei Venezuelas wegen bewaffneten Überfalls, räuberischen

Weitere Kostenlose Bücher