0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung
können, ein paar hastige Schießereien mit ein oder zwei Gangs eingerechnet.
Man gab mir ein Zeichen. Ich kletterte gehorsam abwärts. Mit hochgehobenen Armen. Das war auch eine feine Sache. Unterwegs strauchelte ich einmal und wäre beinahe abgestürzt, wenn mich der Offizier nicht mit hartem Griff an meinem Rockkragen vor diesem Sturz bewahrt hätte.
»Gracias«, sagte ich, weil ich wenigstens dieses Wort für Danke richtig aussprechen konnte.
Er erwiderte nichts.
Auf der Straße standen sechs Jeeps. Dazwischen war der Lincoln. Ich mußte zunächst einmal abwartend stehenbleiben. Dabei paßten vier Mann mit entsicherten Kanonen auf mich auf. Aber sie konnten unbesorgt sein. Ich war mit der bisherigen Entwicklung der Dinge absolut zufrieden und dachte nicht daran, zu türmen. Es ist schwierig genug, sich einfangen zu lassen, ohne daß man eins über oder sogar in den Pelz bekommt.
Es wimmelte in der Gegend von Polizisten. Sie hatten garantiert dreißig Mann in der kurzen Zeit aufgeboten.
Der Offizier hatte sich sofort nach unserer Ankunft an das Funksprechgerät eines Jeeps geklemmt und sprach vermutlich mit seiner Vorgesetzten Dienststelle. Offensichtlich erklärte er den Chefs der Polizei von Caracas gerade, daß er die beiden Banditos hätte. Man konnte es seinem zufriedenen Gesicht ansehen, daß er von gar nichts anderem reden konnte.
Na, zugegeben, ich wäre an seiner Stelle auch zufrieden gewesen. Er hatte zwei Bankräuber innerhalb einer guten Stunde gestellt. Die Burschen hatten wie die Wilden geschossen, und er hatte trotzdem keinen Mann verloren. (Daß das nicht sein Verdienst war, wußte ja nur ich. Und ich hütete mich, ihm das zu erzählen.)
Als er sein Gespräch beendet hatte, kam er wieder auf mich zu und winkte einem seiner Leute. Er sagte etwas zu ihm, und der Polizist dometschte.
»Wo sein Geld?«
Ich grinste und zuckte Achseln.
Der Offizier rief ein paar Sätze. Die Leute schwärmten aus und kletterten wieder in die Felsen hinein. Ich mußte eine geschlagene Stunde oder noch länger in der brüllenden Hitze mit auf dem Hut gefalteten Händen herumstehen, bis die ersten Polizisten wieder zurückkamen. Nach einer weiteren Viertelstunde war der letzte Mann eingetroffen. Man sah ihren Gesichtern an, daß sie kein Geld gefunden haben konnten.
(Wie hätten sie dieses Kunststück auch schaffen sollen? Das Geld lag ja im abgestellten Volkswagen.)
»Wo sein Geld?« wurde ich wieder gefragt.
Ich zuckte die Achseln. Der junge Offizier biß sich wütend auf die Unterlippe. Dann sagte er wieder etwas. Es wurde wie üblich übersetzt.
»Du nicht sagen, wo Geld — wir dich schießen!«
Ich tat, als würde ich ein bißchen ängstlicher, sagte aber nichts. Die Bursehen sahen immerhin so zivilisiert aus, daß ich annehmen durfte, sie würden mich nicht ohne jedes Urteil einfach über den Haufen schießen.
»Du sagen, wo Geld!« wurde ich angebellt.
Ich schüttelte den Kopf.
Der Offizier schnarrte etwas. Bevor ich mich versah, hatten sie mir Handschellen um die Arm- und Fußgelenke gepackt und mich auf den Rücksitz des Jeeps geknallt. Zwei Leute mit Pistolen flankierten mich, der Offizier setzte sich mit seinem Fahrer vorn hin, die anderen blieben zurück, und wir brausten ab. Richtung Caracas.
Okay, Jerry, sagte ich mir. Und jetzt war ich stolz auf mich. Ganz ehrlich.
Teil zwei ist erledigt. Das hätten wir geschafft. Ich war stark der Versuchung ausgesetzt, mir die Hände zu reiben und mich bei dem jungen Offizier zu bedanken. ‘
***
Zuerst wurde alles mit südländischem Temperament geregelt. Die Fahrt durch die Stadt wurde zu einem Triumphzug der Polizei. Dabei hatte ich den Eindruck, als ließen sich die Herren absichtlich Zeit, um ihren Triumph zu genießen. Rechts und links auf den Bürgersteigen standen Hunderte, die mit ihren Hüten warfen, laut schrien und in die Hände klatschten. Ich bemühte mich um ein möglichst gleichgültiges Gesicht. Am liebsten hätte ich — Sie werden es nicht glauben — allen die Zunge herausgestreckt.
Aber ich muß der Bevölkerung von Caracas nachsagen, daß sie sich im ganzen recht fair benahm: Sie jubelte mehr ihrer schmucken Polizei zu, als daß sie über mich schimpfte.
Endlich war ein Gebäude erreicht, das vermutlich das. Polizeipräsidium war. Der Jeep stoppte. Ich wurde herausgehoben. Sie nahmen mir die Handschellen von den Fußgelenken, so daß ich wenigstens wieder gehen konnte.
Man führte mich in ein Büro, hinter dessen Schreibtisch
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