0030 - Hexentanz
Job waren zwei jüngere, dynamische Kollegen scharf…
Und wie es aussah, hätte der Chef des Unternehmens nichts dagegen gehabt, wenn einer von den beiden Konkurrenten Morells das Rennen gemacht hätte. Vermutlich nörgelte er aus diesem Grund ständig an Jerry Morells Arbeiten herum.
Nichts paßte ihm mehr. Jerry wußte, daß diese Situation langsam untragbar wurde. Da er aber noch keinen anderen Job in Aussicht hatte, hielt er stets verbissen den Mund, wenn sein Chef ihn tadelte.
Aber eines Tages würde ihm der Kragen platzen, dann würde er dem Alten all das an den Kopf werfen, was sich im Laufe der Zeit in ihm aufgestaut hatte.
An diesem Tag ließ der Chef ihn wegen der Werbekampagne für Molkereiprodukte rufen.
Jerry Morell betrat das Vorzimmer seines Chefs. Die rothaarige Sekretärin hob kurz den Kopf. Ihr Blick verriet ihm, daß auch sie ihn bereits abgeschrieben hatte.
»Hallo, Nelly«, sagte er, um Freundlichkeit bemüht.
Sie wies auf die Mahagonitür. »Sie können gleich hineingehen, Mister Fallota erwartet Sie bereits, Jerry.«
Morell räusperte sich und richtete seinen Krawattenknopf. Dann fragte er: »Wie ist denn heute so die Stimmung?«
»Das Barometer steht auf Sturm, fürchte ich.«
»Au weia.«
»Ich würde Mister Fallota an Ihrer Stelle nicht warten lassen.«
Jerry Morell nickte. Er fuhr sich mit den Fingern durch das dichte schwarze Haar und steuerte die Höhle des Löwen an.
Er klopfte. Ein bissiges »Herein!« war die Antwort.
Jerry Morell trat ein. »Sie wollten mich sprechen, Sir?«
Rob Fallota nickte grimmig. »Allerdings, Morell. Allerdings! Schließen Sie die Tür.«
Jerry Morell kam der Aufforderung nach und durchquerte anschließend das elegante, holzgetäfelte Büro des Chefs. Er blieb vor Fallotas Schreibtisch abwartend stehen.
Der Alte hatte Morells Vorschläge und Entwürfe für die geplante Werbekampagne vor sich liegen. Er betrachtete sie, als wären sie übelriechender Mist.
»Setzen Sie sich, Morell!« kam es knapp über die feucht glänzenden Lippen Fallotas.
Jerry nahm Platz.
»Ich hoffe, Sie können Kritik vertragen«, sagte der Chef.
»Selbstverständlich, Sir.«
»Dann nehmen Sie es mir vermutlich nicht übel, wenn ich Ihnen sage, daß dies der größte Dreck ist, der mir jemals von einem meiner Mitarbeiter vorgelegt worden ist!«
Jerry Morell lief rot an. Wut hämmerte in seinem Kopf. Er war lange genug in der Branche tätig, um zu wissen, daß seine Einfälle gut waren. Fallota hatte schon schwächere Ideen von anderen Kollegen mit Begeisterung aufgenommen.
»Sir, ich…«, setzte Morell zu seiner Verteidigung an, doch Rob Fallota winkte mit einer herrischen Handbewegung ab.
»Sie sind wohl nicht mehr zu retten, Morell!« brüllte er mit voller Lautstärke. »Wie können Sie es wagen, mir dieses infantile Geschmiere vorzulegen? Wenn ich Ihre Vorschläge unserem Auftraggeber unterbreite, sind wir den Mann für immer los. Und nicht nur das. Dann sind wir in der gesamten Branche als eine Bande von gehirnamputierten Neurotikern verschrien. Man würde uns nicht mal mehr eine Werbung für Hundefutter machen lassen, Mensch. Nun sagen Sie mir, was mit Ihnen los ist, Morell. Ich habe Sie immer als einen zuverlässigen und äußerst kreativen Mitarbeiter geschätzt. Aber was Sie in letzter Zeit liefern, ist nur noch übelster Schund.«
Jerry Morell biss sich auf die Lippen.
Kein Widerspruch! sagte er sich ständig. Halt die Klappe, sonst bist du den Job los.
»Wann waren Sie zum letzten mal im Urlaub?« fragte Fallota.
»Vor zwei Monaten.«
»Ich wollte Ihnen den Vorschlag machen, mal auszuspannen. Aber wenn Sie vor zwei Monaten erst Ihre Ferien hatten… Ich versuche, Sie bis zu einem gewissen Grad ja zu verstehen, Morell. Wir alle stecken irgendwann mal in einer Krise. Deshalb lasse ich einen Mitarbeiter, mit dem ich jahrelang erfolgreich zusammengearbeitet habe, nicht so einfach fallen. Aber irgendwo muß auch die Humanität ihre Grenzen haben, das sehen Sie doch ein. Ich kann niemanden, selbst wenn er noch so gut war, über längere Distanz mitschleppen. Das trägt die Firma einfach nicht. Sie müssen das verstehen. Es wäre auch Ihren Kollegen gegenüber nicht fair…«
Jerry Morell kochte vor Zorn.
Gib’s ihm! schrie eine Stimme in ihm. Laß es dir nicht mehr länger gefallen. Beiß endlich zurück. Du hast ein Recht dazu. Er darf dich nicht ständig wie einen Schuhabstreifer behandeln.
Rob Fallota drückte auf die Taste der Gegensprechanlage
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