0030 - Hexentanz
wurde warm.
Er zog den Krawattenknopf nach unten und öffnete den Hemdkragen, aber damit konnte er sich keine Erleichterung verschaffen. Was war los mit ihm? Hatte der Streit ein Nerven-Fieber ausgelöst? Unmöglich. Er fühlte sich seit langem nicht mehr so gut.
Die Hitze kam nicht aus seinem Inneren.
Sie wirkte von außen auf ihn ein. Die Fahrstuhlwände strahlten Wärme ab wie Herdplatten. Unvorstellbar, und doch war dies eine unleugbare Tatsache. Jerry Morell berührte eine Wand und verbrannte sich daran die Finger. Erschrocken riß er die Hand zurück. Wie war so etwas möglich? Wie konnte aus dem Lift ein solcher Grillkäfig werden? Jetzt erst kam es Jerry Morell zu Bewusstsein, daß die Fahrt schon viel zu lange dauerte.
Vom sechsten Stock bis zum Erdgeschoss konnte die Kabine unmöglich so lange unterwegs sein. Morell blickte gehetzt zur Anzeigetafel. Keine der Etagenziffern leuchtete mehr auf.
Und der Lift fuhr immer noch.
Bei normaler Geschwindigkeit hätte sich der Fahrstuhl bereits zehn Stockwerke unter der Erde befinden müssen, aber das war unmöglich.
Die Hitze nahm zu. Durst quälte den Mann. Schweiß brach aus allen seinen Poren. Wohin brachte ihn dieser verdammte Aufzug? Wieso hielt er nicht endlich an? Was hatte das zu bedeuten?
Jerry Morell drückte auf sämtliche Knöpfe. Auch auf den weißen Knopf, mit dem man normalerweise die Fahrt zu jeder beliebigen Zeit stoppen konnte. Nichts passierte. Der Fahrstuhl sank weiter in die Tiefe.
Panik stieg in Jerry Morell hoch.
Er zweifelte an seinem Verstand. Irgend etwas stimmte nicht mehr mit ihm. Die Hitze machte ihm schwer zu schaffen. Er schwankte. Er hatte kaum noch Speichel im Mund.
Die Fahrstuhlwände fingen zu strahlen an. Je mehr sie sich erhitzten, desto heller leuchteten sie. Morell drehte sich zwischen diesen Wänden entsetzt im Kreis.
Er schrie um Hilfe.
»Haltet den verdammten Lift an!« kreischte er verzweifelt. »Stoppt endlich diesen gottverfluchten Fahrstuhl! Er bringt mich ja geradewegs in die Hölle!«
Die Talfahrt des Schreckens ging unaufhaltsam weiter. Jerry Morell war bereits in Schweiß gebadet. Die weißglühenden Wände blendeten ihn so sehr, daß er nichts mehr sehen konnte.
»Hilfe!« schrie er unermüdlich. »So helft mir doch!«
Sein Instinkt sagte ihm, daß er nicht mehr lange zu leben hatte.
»Ich will nicht sterben!« wimmerte er. »Ich will nicht…« Tränen quollen aus seinen Augen. Er schluchzte und schüttelte immerzu den Kopf. »Ich will nicht, ich will nicht, will nicht…«
Plötzlich ein Ruck.
Der verstörte Mann wurde sanft nach unten gedrückt. Dann stand der Fahrstuhl. Keine Geräusche mehr. Keine Bewegung mehr. Stille. Die Hitze nahm ab. Jerry Morell öffnete verwirrt die Augen.
Das grelle Leuchten war nicht mehr so intensiv. Bald färbten sich die Wände rot. Wenig später erkalteten sie.
Jerry Morell wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß vom Gesicht. Er fragte sich, wo er gelandet war. Nervös blickte er zu den Etagenknöpfen. Ob er auf einen davon drücken sollte?
Oder ob er den Daumen lieber auf den roten Notrufknopf legen sollte?
Dazu entschloss er sich und handelte. Fast im selben Moment glitten die Fahrstuhltüren auseinander. Draußen herrschte unnatürliche Dunkelheit.
Und aus dieser Schwärze schälten sich drei Gestalten. Mädchen waren es. Hübsch. Gut gewachsen. Nur ihre Augen verrieten Jerry Morell, daß er von ihnen nichts Gutes zu erwarten hatte.
»Er hat auf den Notruf gedrückt«, sagte Cora Finley spöttisch.
»Er ist in Not«, sagte Ann Rogan.
»Ja, zum Teufel, das ist er wirklich«, sagte Gwendy Pengger kichernd.
Morell starrte die Mädchen entgeistert an. »Wo… wo bin ich?« stammelte er.
»Ist es für dich denn so wichtig, das zu wissen?« fragte Cora mit einem gemeinen Lächeln.
»Wer seid ihr?« fragte Jerry Morell heiser.
»Wir?« lachten die drei gefährlichen Hexen. »Wir sind deine Henkerinnen!«
Die Bräute des Teufels veränderten plötzlich ihr Aussehen. Ihre Köpfe quollen auf, nahmen eine gänzlich andere Form an, wurden zu Krötenschädeln, und als sie ihre Mäuler öffneten, blitzten dem Unglücklichen lange, scharfe Rattenzähne entgegen.
Jerry Morell prallte vor den scheußlichen Monstern zurück.
»Neiiin!« schrie er in höchster Not.
Die Hexen zerstörten seine Hoffnung und führten ihren Mordbefehl aus.
***
Ich drückte zum x-tenmal auf die Ruftaste meines CB-Geräts und sagte: »Suko! Hallo, Suko! Hier ist John! Verdammt noch
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