0031 - Die Tiefsee-Monster
etwas verrückt, daß seine sonderbare Art, in einen Ferienort zu kommen, nicht auffallen konnte.
Zu Fuß setzte er seinen Weg fort und stand sehr schnell auf der Kaimauer, deren Anblick er noch vom Abend vorher kannte. Nur lag sie jetzt wie ausgestorben. Niemand war zu sehen. Im Wasser trieben noch Teile des Bootes, das in der Nacht gegen die Kaimauer geprallt und dann in Flammen aufgegangen war. Es hatte wohl noch niemand gewagt, die Trümmer wegzuräumen. Eigentlich kein Wunder, bei dem tiefverwurzelten Aberglauben der Menschen in diesem Städtchen.
Zamorra brauchte nicht lange zu suchen. Er fand das Haus des Hafenmeisters sofort. Es war das einzige Gebäude in der Reihe der Andenkenläden und Hotels, das einen halbwegs gemütlichen Eindruck machte. Auch hier hatte die Betonpest der Großstädte Einzug gehalten. Zamorra schüttelte unwillkürlich den Kopf. Der Mensch machte sich seine Umwelt selbst kaputt. Sogar dort, wo er sich von seinem Alltagsleben erholen will, von einer Hölle in die andere…
Das Haus war weiß gestrichen und wirkte sauber und gepflegt.
Der Türklopfer an der massiven Eichentür hatte die Form eines Ankers und war aus Messing. Die aufgehende Sonne zauberte Lichtreflexe auf die polierten Flächen.
Zamorra schaute sich sicherheitshalber noch einmal um, dann betätigte er den Klopfer.
Dumpf hallten die Schläge durch das Haus. Zamorra mußte noch drei weitere Versuche unternehmen, ehe sich endlich hinter der Tür etwas rührte. Schlurfende Schritte näherten sich. Ein Riegel wurde zurückgeschoben und die Tür einen Spalt breit geöffnet.
Zwei verschlafene Augen unter einem zerzausten Haarschopf blinzelten ihn an. Dann glitt ein Schimmer des Erkennens über das faltige Gesicht, und die braunen Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Mit einem verschlagenen Gesichtsausdruck starrte der Mann Zamorra an.
»Na, da haben Sie gestern abend aber Glück gehabt, nicht wahr? Ja, wenn die Polizei nicht gekommen wäre, dann trieben jetzt noch mehr Trümmer im Hafen. Einige Ihrer Kollegen haben schon die Flucht ergriffen. Die sind noch heute nacht abgereist. Aber vergeblich, denn es rächt sich mit tödlicher Sicherheit, wenn man einen Gott in seiner Ruhe stört.«
Zamorra hatte sich das angehört, ohne den Mann zu unterbrechen.
Mit diesem Empfang hatte er nicht gerechnet. Zumindest den Hafenmeister dieser Stadt, die von vielen Touristen besucht wurde, hätte er für nüchterner und sachlicher gehalten. Doch andererseits konnte er ihm seine Reaktion auch nicht verdenken.
»Wir wollten den Gott nicht stören und auch nicht den Tempel schänden. Was gestern passiert ist, kann nicht unsere Schuld sein. Wahrscheinlich ist dieser Schwammtaucher auf der Rückfahrt von seinen Tauchgründen ins Wasser gestürzt. Wenn ihr klug gewesen wäret, dann hättet ihr sofort einen Suchtrupp losgeschickt. Ihr hättet bestimmt gewußt, wo ihr zuerst nachschauen mußtet. Daß dieser Dimitri nicht mehr zurückkommt, ist also eigentlich eure Schuld.«
Zamorra forderte diesen Alten bewußt heraus, denn er wollte mehr über diese rätselhafte Insel und über das Geheimnis, das sie umgab, wissen. Im Moment tappte er ja noch so ziemlich im Dunklen und jagte, wie er sich eingestehen mußte, eigentlich nur einem Hirngespinst nach.
Das Gesicht des Alten wurde zu einer wütenden Grimasse, Er ballte die Fäuste und machte Anstalten, den Professor tätlich anzugreifen. Doch er schien sich zu besinnen. Dafür schleuderte er seinem frühen Besucher einen haßerfüllten Fluch entgegen.
»Verflucht seid ihr, ihr widerliches Pack. Ihr wißt nichts von der Macht unserer Götter. Ja, grabt nur weiter. Die Schergen des Poseidon werden euch finden. Und dann hat euer letztes Stündlein geschlagen.«
Zamorra horchte auf.
»Was ist das mit den Schergen des Poseidon?« wollte er wissen.
Der Hafenmeister spuckte aus. Er zog den wollenen Morgenmantel um seine schmalen Schultern und schüttelte den Kopf.
»Findet es doch selbst heraus, dann nehmt ihr ihnen wenigstens die Arbeit ab, euch zu suchen. Und wir haben um so eher unsere Ruhe.«
Dem Professor wurde es zu bunt.
»Was Sie von uns denken, soll mir egal sein. Ich will nur versuchen, dem armen Teufel von heute nacht zu helfen. Darum brauche ich Ihre Hilfe und eine Auskunft. Wo hat dieser Schwammtaucher sich aufgehalten, oder besser gesagt, wie weit kann er von Sunion entfernt gewesen sein. Sie kennen doch sein Boot und wissen sicher, ob er vor seinem Auslaufen getankt hat. Und
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