0031 - Teufelstrank um Mitternacht
zerfiel nicht oder zerbröckelte, sondern blieb erhalten. Ich stand auf, ließ meine Waffe wieder in die Halfter rutschen und dachte an Jane Collins. Auch sie trug den Keim des Bösen in sich. Ich fragte mich, ob es noch eine Möglichkeit gab, diesen Keim aus ihr zu entfernen, oder ob ich zum letzten Mittel greifen mußte wie bei Sir Randolph Norfolk.
Ich schüttelte den Gedanken fort. Erst mußte ich Jane finden. Hinweise hatte ich bekommen. Schloß Besançon in Frankreich. Dort würde ich mich umsehen. Außerdem sollte das Schloß irgendwo im Elsaß liegen. Und diese Gegend war mir nicht unbekannt. Es ist noch gar nicht so lange her, da hatte ich dort den Kreuzritter gestellt. Damals war mir mein deutscher Kollege und Freund Kommissar Mallmann behilflich gewesen. Er sollte mir auch diesmal zur Seite stehen.
Ich beschloß, ihn noch in dieser Nacht anzurufen…
***
Jane Collins beherrschte das Flugzeug wie ihren Wagen. Sie wußte selbst nicht, wie das kam, aber sie konnte es. Die Fähigkeiten waren da, und damit hatte es sich. Jane ahnte nicht, daß sie von Schwarzer Magie gelenkt wurde.
Das Flugzeug war auf keinem Radarschirm zu entdecken!
Wie ein Geist flog es durch die Lüfte, überquerte den Kanal und erreichte das französische Festland.
Von West nach Ost nahm die Maschine ihren Kurs, geleitet von dämonischen Mächten, die darauf lauerten, Jane Collins als eine der Ihren in Empfang nehmen zu können.
Und Jane konnte es kaum erwarten. Die Sucht nach dem Teufelstrank war beinahe unersättlich…
***
Wo die Gewölbe der Burg am tiefsten waren, wo nie ein Sonnenstrahl die Finsternis durchdrang, da hatte er sein neues Reich gefunden.
Graf Gérard de Besançon!
Er hatte ein schlimmes Erbe angetreten. Seit der Entdeckung des so wichtigen Trankes hatte er sich verändert. Früher war er der strahlende junge Mann gewesen, der in den Pariser Nightclubs die Puppen tanzen und nichts anbrennen ließ. Doch seit dem Tod seiner Eltern und dem Verkauf der familieneigenen Schnapsbrennereien hatte er den Drang verspürt, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Noch jetzt klang die Stimme in seinem Hirn nach, die ihn eines Nachts aus den tiefsten Träumen gerissen hatte.
»Geh in das Schloß, und forsche dort nach. Wenn du Glück hast, wirst du den Trank der Macht finden.«
Er hatte nicht auf die Stimme gehört und kostbare Zeit verstreichen lassen. Erst als sich die Stimme zum zweitenmal meldete, war ihm die Botschaft wieder zu Bewußtsein gekommen.
Er ging hin, doch es war zu spät. Die Schloßruine war von sogenannten Antiquitätenhändlern durchstöbert worden. Diese Leute waren in die geheimsten und tiefsten Winkel gedrungen und hatten dabei alles gestohlen, was ihnen nur einigermaßen wertvoll erschien.
Auch den Wein.
Und mit ihm hatten sie einen wahrhaft guten Fang gemacht. Die Flasche fand sogar den Weg bis nach London in ein Versteigerungshaus.
Aber jetzt hatte der Graf sie wieder.
Er wußte um die Kraft des höllischen Elixiers. In seinen Träumen hatte ihm der Unbekannte immer wieder davon berichtet. Er hatte den jungen Grafen regelrecht programmiert.
Eingestellt auf das Böse!
Gérard de Besançon brach alle bürgerlichen Brücken hinter sich ab und lebte getreu nach seinen bösen Vorstellungen und Träumen. Er hatte das Elixier verdünnt, in andere Flaschen gefüllt, um die zum Leben zu erwecken, die einst seinem Vater gedient hatten.
Dabei hatte der junge Graf noch eine Erfahrung gemacht. Der Wein wurde nicht weniger. Die Kraft des Teufels erreichte es, daß immer wieder die gleiche Menge in der Flasche blieb. Die Folge davon: Gérard de Besançon konnte den Wein unendlich oft vermehren.
Sein Ziel war klar. Was seinem Vorfahr nicht gelungen war, wollte er vollenden. Sein Urahn wurde der Schwarze Graf genannt. Gérard de Besançon wollte sich dieses Namens ebenfalls würdig erweisen.
Daß die unheimlichen Gewölbe tief unter der Erde jetzt seine eigentliche Heimat waren, daran hatte er sich längst gewöhnt. Er fühlte sich wohl inmitten der Erinnerungen einer blutigen Vergangenheit. Vor allen Dingen die Verliese und der Folterkeller mit der Destille hatten es ihm angetan.
Wenn er sich hier aufhielt, warfen die Fackeln an den Wänden ihr zuckendes Licht über die schlimmen Martergeräte, über Flaschen und Trichter, Tiegel und Gefäße und über die bleichen Gebeine derjenigen, die der Graf in mühevoller Arbeit ausgegraben hatte.
Drei Diener standen ihm zur Verfügung.
Zwei Männer und
Weitere Kostenlose Bücher