0031 - Teufelstrank um Mitternacht
Tausenden…«
Er verstummte, denn es veränderte sich tatsächlich etwas.
Innerhalb des Schädels begann es zu zischen und zu brodeln. Kleine Bläschen sprühten aus dem offenen Mund, zerplatzten und formten sich zu einem Nebelstreif, der von Sekunde zu Sekunde dichter wurde.
Der Graf und Jane Collins waren zurückgetreten. De Besançon lachte kichernd.
»Sehen Sie doch, sehen Sie«, sagte er mit hastiger Stimme. »Es geschieht etwas, ich habe es doch gesagt!« Er war völlig außer sich.
Auch Jane schaute fasziniert in die Wanne, in der jetzt weitere makabre und unbegreifliche Dinge geschahen. Die Flüssigkeit, die zu einem Nebel geworden war, legte sich über die Knochen, drückte regelrecht dagegen und brachte sie zusammen.
Das Skelett lebte!
Ruckartig erhob es sich, stieg aus dem Nebeldunst, und als es mit der Luft in Berührung kam, bildeten sich lange graublonde Haare. Plötzlich entstanden hellblaue Stoffetzen, die den knöchernen Körper umwehten und sich zu einem Kleid zusammenfaßten.
Nur die Haut bildete sich nicht zurück. Es blieben die blanken Knochen.
Das Skelett starrte Jane und den Grafen an.
Dann begann es zu sprechen. »Du bist mein Gebieter, Graf de Besançon. Du hast mich durch das Elixier der Hölle aus den Tiefen der Finsternis gerissen und zu neuem Leben erweckt. Sag mir, was ich machen soll! Womit kann ich dir dienen?«
De Besançon schlich um das Skelett herum. Er mußte sich vorkommen wie Dr. Frankenstein in seinen besten Tagen, als er sein erstes Monster schuf.
»Du lebst tatsächlich«, flüsterte er, »du lebst… Es ist unbegreiflich.«
Das lange blaue Kleid reichte bis zum Boden. Die bleichen Knochen klapperten, als sich das Monster in Bewegung setzte und auf den Tisch mit den Flaschen zuging. Ehe der Graf es verhindern konnte, hob es eine Flasche an und kippte sich die Flüssigkeit in das aufgerissene Maul.
»Es ist seine Nahrung«, flüsterte Jane. »Genau wie meine.« Sie griff ebenfalls nach einer Flasche und nahm einen kräftigen Zug.
Der Graf aber wandte sich an das Skelett. »Wie heißt du?« wollte er wissen. »Wie nannte man dich früher?«
»Ich war Germaine, die Geliebte des Grafen. Die Häscher haben mich geschändet und im Turm verhungern lassen. Meinen Leichnam haben sie in dieses Verlies hier unten geworfen. Aber jetzt bin ich zurückgekommen, um Rache zu nehmen.«
»Die sollst du haben«, sagte der Graf, öffnete eine weitere Flasche und machte sich daran, auch noch die beiden anderen Gestalten zum Leben zu erwecken…
***
»Es wird ein wenig eng werden«, sagte Kommissar Mallmann und deutete auf seinen neuen Manta GL/E. »Für mich reicht der Wagen ja, aber ihr beide seid…«
»Hör auf, Will.« Ich lachte. »Du tust ja gerade so, als wären wir mit einer halben Kompanie angetanzt.« Ich schritt um den Manta herum. »Schickes Wägelchen, Will. Ehrlich.«
»Och.« Mallmann wurde über das Lob ganz rot. Er produzierte ein Lächeln, knetete die Hände, und doch war auf seinem Gesicht der Besitzerstolz zu lesen.
Will Mallmann schwärmte für schnelle Autos und heiße Stereoanlagen. Kommissar Mallmann ist beim BKA beschäftigt. In einem Ressort, daß sich um außergewöhnliche Fälle kümmert. Mallmann hatte aber auch schon seine Erfahrungen auf dem Gebiet der Terroristenbekämpfung gemacht. Er war kein reiner Schreibtischstratege. Wenn es hart auf hart ging, war Mallmann immer am Ball. Davon konnte ich ein Lied singen. Schon öfter hatte ich den Kommissar in Aktion erlebt.
Es war fast ein Jahr her, seitdem wir uns zum letztenmal gesehen hatten. Will Mallmann hatte sich irgendwie verändert. Oder seine Kleidung. Sie war sportlicher geworden. Er trug eine kamelhaarfarbene Hose, einen passenden Blouson, der offenstand, ein hellblaues Hemd, und um den Hals hatte er ein Tuch geschwungen. Ob der gute Will wohl auf Freiersfüßen wandelte?
»Was schaust du mich so an, John?«
»Irgendwie bist du aus der Art geschlagen.«
»Wieso?«
»Na, die Kleidung, die Sonnenbräune. Steckt da eine Frau dahinter?«
Will winkte lächelnd ab. Er strich sich über das etwas gelichtete, dunkle Haar und knetete dann seine klassische Römernase.
Ich schlug ihm auf die Schulter. »Raus mit der Sprache, Will. Welchem Girl zeigst du deine Stereoanlage?«
»Eigentlich keinem.«
»Denk dran, du gehst auf die Fünfzig zu. Da sollte man eigentlich ein liebes Weib haben. Besonders dann, wenn man deutscher Beamter ist. Die Frau kann dir dann jeden Morgen einen Schnaps
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