0032 - Der Turm der 1000 Schrecken
vorstellen kann.
Er machte sie fix und fertig.
Ihr Widerstand zerbröckelte an seinem grauenvollen Willen. Er ließ sie das Feuer der Hölle schmecken, flößte ihr einen widerlichen Trank ein, der ihren Leib systematisch zu zerstören drohte.
Sie hatte wahnsinnige Schmerzen und schrie ohne Unterlaß. Er sagte, die Schmerzen würden in dem Moment aufhören, wo sie sich bereit erklärte, ihm zu helfen.
»Niemals!« schrie sie lange Zeit. Bis sie nicht mehr konnte.
Und dann kam der Moment, wo sie aufgeben mußte. Ihre Augen waren rotgeweint und geschwollen. Sie schluchzte verzweifelt, weil sie gegen diesen Teufel verloren hatte.
Ein letztesmal versuchte sie sich gegen ihn aufzubäumen, doch ihre Kraft reichte nicht mehr aus. Wie ein Strohfeuer fiel sie in sich zusammen und wimmerte: »Ja… Ja, ich tu’, was du von mir verlangst, wenn nur endlich diese schrecklichen Schmerzen aufhören.«
Der magische Schatten lachte gemein. »Hab’ ich’s nicht gesagt? Du wolltest lieber sterben als mir helfen, nicht wahr?«
Carla hing erschöpft an den Ketten. Die Schmerzen ebbten ab. Endlich. Schweiß rann in kleinen Bächen über ihr verzerrtes Gesicht. Sie war am Ende.
»Aber«, sagte der magische Schatten spöttisch, »es gibt Schlimmeres als den Tod, wie du gemerkt hast. Manchmal ist es für einen Menschen schrecklicher, zu leben als zu sterben.«
»Ich hasse dich«, kam es leise über Carlas bebenden Lippen. »Gott, wie ich dich hasse.«
»Das macht mir nichts aus«, lachte der Unhold.
»Wenn ich dir geholfen habe… werde ich dann frei sein?« fragte das Mädchen.
»Ja. Dann gebe ich dir deine Freiheit zurück.«
»Was muß ich tun?«
»Du erinnerst dich nicht mehr? Die gläserne Zauberkugel sollst du mir bringen.«
»Wo befindet sie sich?«
»In einem Antiquitätenladen in Gloucester. Die Adresse ist Eastgate Street 59.«
Das Mädchen seufzte schwer. »Ich bringe dir die Kugel.«
Das glühende Augenpaar starrte sie triumphierend an. »Das höre ich gern.«
»Wann soll ich nach Gloucester gehen?«
»Noch heute«, sagte der magische Schatten. »Aber gib dich keiner falschen Hoffnung hin, meine Liebe. Ich lasse dich nur an der langen Leine laufen. Die Verbindung zwischen dir und mir wird nicht abreißen. Ich werde dich hypnotisieren, damit du auch sicher zu mir zurückkommst.«
»Warum hast du mich nicht schon längst hypnotisiert? Dann hätte ich dir die Kugel bringen müssen.«
»Ich muß mich leider an uralte Regeln halten. Dein Entschluß, mir zu helfen, muß aus freien Stücken erfolgen. Ich kann nicht jeden nach der gläsernen Kugel schicken. Es muß ein Mädchen wie du sein. Ich bin froh, dich endlich gefunden zu haben. Du wirst mir die Zauberkugel wiederbringen, die mir vor Jahren entwendet wurde.«
Carla nickte zaghaft. Sie wollte alles tun, was dieser Satan von ihr verlangte, um wieder freizukommen.
»Sieh mich an!« befahl er ihr.
Sie hob müde den Kopf.
Seine glühenden Augen durchbohrten sie förmlich. Sie merkte nicht, wie der magische Schatten ihr seine Weisungen eingab. Sie hatte plötzlich nicht mehr den Wunsch, zu fliehen.
Die Ketten fielen von ihr ab. Die Kraft des Bösen glitt in Carla Bergs Körper und stärkte ihn.
Die Spuren der ausgestandenen Qualen wurden dadurch verwischt. Carla sah wieder schön und frisch wie eh und je aus. Der Spuk geleitete sie ein Stück auf ihrem Weg, blieb dann aber zurück, ließ sie allein weitergehen.
»Bis bald, Carla Berg!« Der magische Schatten kehrte in die Gewölbe des Wehrturms zurück. Er kicherte, lachte, schrie und tobte vor Übermut.
»Geschafft! Geschafft! Geschafft!« kreischte er, während er wie ein Blitzstrahl durch die unterirdischen Räumlichkeiten fegte. »Sie wird mir bringen, was ich so lange entbehren mußte. Die gläserne Zauberkugel wird es mir ermöglichen, ins Schattenreich zurückzukehren. Doch ich werde nicht in meine Heimat gehen, ohne bei meinen Angehörigen schreckliche Taten vorweisen zu können. Mit der Kraft der Kugel werde ich die Menschheit erzittern lassen. Was für ein Höllenspaß wird das werden…!«
Und er jubelte und kreischte vor dämonischem Vergnügen.
***
Cedric Knight öffnete seinen Krawattenknopf. Er war zu Hause, trug verwaschene Jeans und Pantoffel an den Füßen. Mit einer nervösen Geste drückte er die Zigarette im gläsernen Aschenbecher aus.
Das Wohnzimmer war groß, hatte weiße Rauhputzwände, die mit einer Vielzahl von verschiedenen großen Bildern geschmückt waren. Auf der
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