0033 - Die Dämonengöttin
lenkte.
Sie ritt genau auf Zamorra zu. Wenige Meter von ihm entfernt hielt sie ihr Pferd an. Es schlug mit dem Schweif und schüttelte das edle Haupt.
Und dann trat eine grauenhafte Verwandlung mit ihm ein.
Die Haut löste sich auf. Das Fleisch wurde sichtbar, die Muskelstränge, die Organe. Sie alle verschwanden, wurden durchsichtig und schienen zu verwehen.
Schließlich war nur noch das Gerippe übrig.
Die Frau lachte triumphierend auf und schaute Zamorra direkt in die Augen.
Er konnte dem Blick nicht standhalten und senkte den Kopf.
»Sieh mich nur an, du armer Wurm! Denn durch meine Hand wirst du sterben, nachdem du meine Befehle ausgeführt hast!«
Ein singendes Geräusch erklang, und etwas zuckte auf den Professor nieder.
Es war die Sense.
Die Spitze hakte in die Kette von Zamorras Amulett und fegte es ihm vom Hals.
»Siehst du nun, was dieses alberne Ding für eine Macht hat? Dein Schicksal ist besiegelt. Du kannst dir lediglich die angenehmste Art zu sterben aussuchen.«
Und wieder lachte die Frau auf dem Pferdegerippe grell auf.
***
Von urwüchsiger Kraft getroffen, fühlte Zamorra, wie er einige Meter zurückgeschleudert wurde. Sein Schädel krachte auf den Untergrund, und die Eiseskälte der Fläche lähmte seine Gedanken.
Er spürte, wie sein Hemd riss und seine linke Schulter anfing zu bluten. Es war der reine Wahnwitz. Nichts hatte mehr eine reale Bedeutung für den Professor. Er hatte Angst um das nackte Leben, hoffte verzweifelt, dass alles nur ein Traum war, aus dem er bald erwachen würde.
Nebel wallten vor seinen Augen auf und nieder, bildeten Schatten wie von lebenden Wesen, zerfaserten wieder und verwehten.
Zamorra rieb sich die Augen. Die Frau auf dem Knochenpferd vor ihm blieb. Sie war Wirklichkeit, eine Wirklichkeit, die Zamorra den Tod, das Verderben verhieß.
Kein Schatten von Mitleid und Gnade lag in ihrem Blick, mit dem sie den Professor spöttisch fixierte. Ein widerliches Grinsen erhellte ihre Züge. Sie lachte wieder auf.
»Nun, Mensch, was hast du mir zu bieten? Begreifst du nun, dass du mir nicht widerstehen kannst? Du befindest dich in einer Welt, wo du nur ein Dreck bist, der uns zur Belustigung, zum Spiel dient. Ein Wunder, dass du von selbst den Weg zu uns gefunden hast. Vielleicht bist du mächtiger als andere Menschen, doch wird auch das dir nicht das Geringste nützen. Dein Leben ist verwirkt und ich habe die Macht, es nach eigenem Willen zu beenden, oder dir noch eine Gnadenfrist zu gewähren. Erfreue dich noch genug deiner wachen Augenblicke und genieße, dass du noch atmen kannst. Für deine Welt bist du bereits gestorben. Aber ich habe Mitleid mit dir, weil ich deine Hilfe brauche.«
Zamorra glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Ihm war klar, dass er in der Dämonenwelt gelandet war, besser – in einer Dämonenwelt. Es gab viele Welten, in denen die Geister der Finsternis uneingeschränkte Macht ausübten. Zamorra wusste das aus anderen Abenteuern.
Doch alle waren für den Sterblichen gleich gefährlich. Und er war trotz des Amuletts und seiner besonderen Fähigkeiten auch nur ein Sterblicher, für den Dämonen und Geister eine tödliche Gefahr darstellen konnten.
»Wer bist du?«, fragte er und bemühte sich, seiner Stimme einen festen Klang zu geben. »Was willst du von mir? Wenn du mich töten willst, dann tue es. Aber laß meine Begleiter in Frieden ziehen. Sie haben dir nicht das Geringste angetan. Ich will mich dir gerne stellen.«
Die Frau auf dem Knochenpferd grinste spöttisch.
»Ich habe hier die Gewalt und die Macht, über die Lebenden deiner Welt zu richten. Und ich habe auch die Macht, das Urteil zu vollstrecken. Also versuche nicht, mit mir zu handeln. Doch ich will dir sagen, wer ich bin und was ich von dir will. Höre, ich bin die Göttin der Finsternis. Vor undenklichen Zeiten hat mich Astarte, die Göttin des Lichtes, verstoßen und in die Finsternis gejagt. Einen Namen trage ich nicht. Ich bin die Namenlose, und niemand kennt mich. Durch einen Zufall wurde der schwarze Stein, das Zeichen meiner Macht, das ich damals hergeben musste, gefunden. Astarte hatte ihn in der Wurzel der Palme versteckt, und die Hand eines Menschen hat mich aus meinem traurigen Dasein erlöst. Der Stein hat mir erst ermöglicht, wieder auf eure Welt zurückzukehren und mich nach Sklaven und Dienern umzuschauen. Doch die Menschen, die ich fand, waren schwach. Sie hatten nicht die Kraft, meinen Befehlen zu folgen. Sie konnten mich nur verehren und brachten
Weitere Kostenlose Bücher