0033 - Eiswelt in Flammen
stehengeblieben und staunten mit offenen Mündern. Sie glaubten zu träumen, aber die Wellen panikartiger Furcht, die über sie hinwegspülten, ließen diese Träume nur allzu realistisch erscheinen.
Sie standen in einer Halle, deren Durchmesser mehrere hundert Meter betragen mochte. Genau in der Mitte schimmerte die ruhige Fläche eines kleinen Sees, in dessen Mitte eine Fontäne sprudelte. Sie war nicht sehr hoch, aber der dünne Strahl wurde so zerstäubt, daß ein kaum spürbarer Sprühregen nach allen Seiten niederging. Die felsigen Wände der Halle waren unregelmäßig und zeigten keinerlei Spuren einer künstlichen Bearbeitung. Die einzelnen Nischen mußten von der Natur geschaffen worden sein, ebenso wie der Brunnen und die Fontäne. Und wie das Licht! Die vier Menschen standen da und starrten nach oben, wo mitten in der Decke eine strahlende Sonne stand. Sie war rund, aber keineswegs so gleichmäßig rund, daß sie an eine wirkliche Sonne erinnert hätte. Sie sah vielmehr aus wie ein riesiger Diamant, der von innen heraus glühte - und Licht und Wärme spendete.
Erst jetzt spürte Tiff, wie warm es hier war. Nicht übermäßig warm oder gar heiß, aber immerhin in der Region um null Grad.
„Wie kommt das Licht hierher, Gucky?" fragte Tiff.
„Lassen wir das Licht - dafür haben wir noch später Zeit. Sonst hast du nichts bemerkt, Tiff?"
Felicita hatte sich weniger für das Phänomen des merkwürdigen Lichtes interessiert, für das sie keine Erklärung fand. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit den Felsennischen zu und stieß einen Schrei aus. Aber es war kein erschrockener Schrei oder gar einer des Entsetzens, sondern ein Ausruf der maßlosen Überraschung.
Die anderen vergaßen die Felsensonne und folgten der Richtung ihres ausgestreckten Armes. Gucky stand mit gekreuzten Vorderpfoten dabei, stützte sich auf seinen Schwanz und grinste.
„Blumen!" stammelte Felicita und machte ein oder zwei Schritte auf die nächste Nische zu, die keine zwanzig Meter entfernt war. „Richtige Blumen - hier, tief unter der Oberfläche."
Und in der Tat, so war es. Tiff konnte nicht leugnen, daß die junge Botanikerin recht hatte. In den einzelnen Nischen wucherten bunte, tulpenähnliche Gewächse mit einer Üppigkeit, wie man sie nur im tropischen Urwald fand. Sie standen so eng beisammen, daß keine weitere mehr Platz gefunden hätte.
Ein starker Duft ging von ihnen aus und erfüllte die Halle. Tiff wunderte sich flüchtig, daß er ihn nicht schon früher bemerkt hatte.
„Kommt!" forderte Gucky sie auf. „Seht euch den botanischen Garten nur näher an. Es lohnt sich."
Hump unzufrieden wie gewöhnlich, meckerte: „Ich meinte, wir wollten die halbschlafenden Intelligenzen dieser Welt besuchen, und nun sind wir in einem Tulpengarten gelandet."
„Blumen auf dieser Welt des Eises bedeuten schon an sich ein Wunder", wies Tiff ihn zurecht. „Warum sollten wir es versäumen, ein Wunder zu schauen? Besonders Felic wird sich dafür interessieren."
Gucky schien nicht die Absicht zu haben, jemals mit seiner Grinserei aufzuhören. Tiff folgte Felicita, die bis zur nächsten Nische vorgegangen war und sich nun hinabbeugte, um die blühenden Tulpen näher zu betrachten. Auch die anderen wußten nichts Besseres zu tun, als sich näher mit den Gewächsen zu befassen.
Sie erinnerten in der Tat an Tulpen, an riesenhaft vergrößerte Tulpen, auf die jeder irdische Züchter stolz gewesen wäre. Die langen Stengel trugen prächtige Blütenkelche, die allerdings geschlossen waren.
Unverkennbar war die typische Tulpenform. Die Farben rot und orange dominierten, aber es gab auch blaue, gelbe und violette Blüten. Nach unten verschwanden die Wurzeln in der aufgelockerten Erde. In der Tat, es gab aufgelockerte Erde. Fast sah es so aus, als habe ein vorsorglicher Gärtner mit geübten Händen den Boden so zubereitet, daß er den Pflanzen taugte. Felicita richtete sich wieder auf. „Es sind Blumen - vielleicht sogar eine Abart von Tulpen. Wie mögen sie hierher gekommen sein? Jemand muß sie gepflanzt haben."
„Die Halbschläfer?" vermutete Tiff unsicher. Gucky hörte auf zu grinsen. „Ich habe das auch zuerst gedacht, Tiff. Ich hielt die Halbschläfer für Blumenfreunde - aber in gewisser Beziehung irrte ich mich. Sieh dir die Blüten doch genauer an, Felic. Fällt dir daran nichts auf?"
Die Botanikerin beugte sich erneut hinab und nahm die großen Blütenblätter näher in Augenschein. Sehr anzustrengen brauchte sie sich nicht,
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