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0035 - Draculas Erbe

0035 - Draculas Erbe

Titel: 0035 - Draculas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Saupe
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retten.
    Die Lenkstange seines Fahrrads war ihm aus der Hand gerissen worden.
    Conescu sah hinauf zur Bergspitze, und er sah sie nicht mehr.
    Die Druga hatte es einmal gegeben. Sie war von Wasserkraft gesprengt worden. Zersplittert wie ein dürrer Ast. Hinausgeschleudert in die Landschaft, die fast im Wasser ertrank.
    Eine Stunde lang dauerte noch das ungeheure Brausen des Wassers. Und mit jeder Minute wurde der Berg kleiner. Immer mehr Felsstücke brachen aus ihm heraus, wurden in die Tiefe gerissen.
    Peter Conescu stammelte ein paar Worte. Es war ein wimmerndes Gemisch aus Flüchen und Gebeten. Er rief alle guten Geister an, deren Namen er kannte.
    Er fürchtete, dass die grimmigen Fluten auch am anderen Hang des Felsens niedergehen könnten. Dann wäre es um seinen Weinberg geschehen. Der gab so schon nur eine mittelgute Ernte her. Gerade genug, um zu leben.
    Da endlich hörten die Sturzbäche auf. Urplötzlich, wie das Unheil gekommen war, verzogen sich die Fluten in die Tiefe.
    Nur die fehlende Bergspitze kündete von der unbegreiflichen Katastrophe.
    Ein Stumpf von einem Berg war übrig geblieben. Ein gähnendes Loch, von Geisterhand gerissen. Ein Krater, groß wie das kleine Dorf, in dem der Weinbauer wohnte.
    Ein paar Meter unter sich sah Conescu sein Fahrrad liegen. Er kletterte hinunter, hob es auf und radelte davon.
    Er hatte nur noch einen Gedanken. Ich muss zu Mihail , dachte er.
    Mihail kannte sich aus. Er war der Kommissar. Unten in Bistritz, der Stadt vor den Wäldern.
    Mihail musste erfahren, was Peter Conescu soeben erlebt hatte. So unglaublich, so unbegreiflich es auch war.
    Der Weinbauer konnte nicht wissen, dass der Kommissar schon einen anderen Mann zu Besuch hatte. Der hatte ihm auch von einem grauenhaften Erlebnis berichtet.
    Aber das war von ganz anderer Art.
    ***
    Es wäre vornehm ausgedrückt, das Dienstgebäude des Kommissariats von Bistritz als solches zu bezeichnen.
    Es war mehr eine Bretterbude als ein Haus. Mehr zusammengewürfelt als gebaut.
    Seit hundert Jahren hatte niemand daran gedacht, an dem baufälligen Schuppen etwas auszubessern. Fürs Renovieren hatte man weder Zeit noch Geld.
    Und das hatte auch seinen guten Grund.
    Die Menschen in Transsylvanien hatten sich einen uralten Aberglauben bewahrt. Geschichten und Erzählungen um Dämonen und Gespenster erregten sie mehr als die Wirklichkeit.
    Aber ansonsten waren sie nüchterne Menschen, stark mit ihrer Erde verwurzelt und der Natur ergeben. Da die Natur nicht verbrecherisch ist, gab es auch keine Verbrecher in dieser Gegend.
    Wo es aber keine Verbrecher gab, brauchte man auch kein stattliches Kommissariat.
    Die alte Bretterbude genügte da völlig.
    Ein schmuckloser, dunkelgrauer Bau. Mit drei einfachen Dienstzimmern. Für den Kommissar und drei Beamte. In den Zimmern standen je ein Tisch, ein Regal mit verstaubten Akten und ein mehr oder weniger wackeliger Stuhl.
    Der Kommissar durfte sich zum Zeichen seiner größeren Amtswürde eine Zimmerpflanze halten. Einen Kaktus. Der stand auf dem Schreibtisch, direkt neben dem Telefon, das in einem Jahr höchstens dreimal läutete.
    Wer sich über den letzten Mordfall von Bistritz und Umgebung informieren wollte, der musste in den Akten fast vierzig Jahre zurückblättern. Und sonst fand er nur Notizen über kleinere Vergehen. Mal wurde einem Bauern ein Stück Vieh gestohlen. Aber das fand sich bald wieder ein, denn es war der Nachbar gewesen, der sich einen Scherz erlaubt hatte.
    Der Kommissar und seine Männer hatten sich also kaum jemals mit einem Kriminalfall zu beschäftigen. Kein Wunder, dass die Stadtverwaltung sie mit Aufgaben betraute, die sonst nicht in den Arbeitsbereich eines Kriminalbeamten gehörten.
    Kommissar Mihail Petescu war in eine spannende Zeitungslektüre vertieft. Kaum zu glauben, was da zu lesen war. Da stand doch, ausführlich geschildert, der Bericht eines der widerlichsten Fälle von Vampirismus, der ihm je zu Gesicht gekommen war.
    Da war die Rede von jungen Krankenschwestern, die plötzlich zu blutdürstigen Hyänen wurden und ihre Opfer in den Krankenbetten überfielen. Aber es steckte eine alte Zigeunerhexe dahinter, der man nur schwer auf die Schliche kommen konnte. [1]
    Der Kommissar wollte sich gerade weiter in den Artikel vertiefen, als die Tür zu seinem Amtszimmer aufgerissen wurde.
    Er kannte den Mann nicht, der mit aufgelöstem Haar und keuchenden Lungen hereinstürmte. Es musste ein Bauer sein, aus den Bergen oben, zwischen den Drugafelsen und

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