0035 - Wir brachen den Terror
Lieutenant. Nicht sehr schlimm. Jemand rannte mich über den Haufen. Ich kann mit Worten kämpfen, aber körperlich habe ich nicht viel einzusetzen.«
Er sah, wie viele Leute sich daran machten, den Saal zu verlassen. Sofort wandte er sich ihnen zu.
»Hört her, Leute!«, rief er laut. »Ich möchte vorschlagen, dass wir unsere Versammlung jetzt erst recht fortsetzen.«
»Danke, Charles!«, schrie jemand. »Ich habe an zwei ausgeschlagenen Zähnen genug.«
Ich war gespannt, ob Lang Erfolg haben würde, aber ich konnte es nicht mehr feststellen. O’Negh befahl seinen Männern: »Schafft die Burschen fort! Und sollte versucht werden, sie unterwegs zu befreien, dann macht von der Waffe Gebrauch.«
Wir wurden auf einen Lastwagen verladen und zum Polizeigefängnis gefahren, das sich an das Rathaus anschloss. Zehn Minuten später knallte ein Gitter hinter mir und meinen zwei Kumpanen ins Schloss.
Nach einer knappen halben Stunde wurden wir zur Vernehmung geholt. O’Negh hatte sich gewaschen, aber noch keine Zeit gefunden, seine Uniform zu wechseln.
»Ich stelle gegen Sie Strafantrag wegen Landfriedensbruchs durch gewaltsame Störung einer Versammlung und wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Wenn Sie Schwierigkeiten machen, dehne ich die Anklage auf Bandenverbrechen aus. Ihre Namen.«
Der Platzarbeiter und der Redaktionsgehilfe nannten ihre Namen.
»Meinen kennen Sie ja«, sagte ich. Der Stenograf notierte unsere Angaben.
O’Negh wandte sich zunächst an den Arbeiter.
»Sie haben nach gemeinsamer Verabredung die Versammlung in Farmers House gesprengt?«
»Nee«, sagte der Mann. »Ich weiß gar nicht, wovon Sie reden. Als das Licht ausging, wurde ich niedergeschlagen und kam erst wieder zu mir, als Ihre Männer mich hochrissen, Lieutenant. Über die Behandlung werde ich mich beschweren.«
»Und das hier?«, fragte O’Negh und hob eines der Leuchtabzeichen von seinem Schreibtisch und hielt es hoch.
»Das«, grinste der Arbeiter, »das trage ich aus Tradition. Es stammt noch aus der Zeit, als die Staaten wegen der Japaner verdunkelt wurden.«
»Lügen Sie nicht so unverschämt!«, brauste O’Negh auf.
»Weisen Sie mir das erst mal nach«, sagte der Mann böse.
Der Lieutenant wandte sich an den Redaktionsgehilfen.
»Äußern Sie sich zur Anklage!«
»Ich verweigere jede Aussage, bevor nicht mein Anwalt anwesend ist«, lautete die phlegmatische Antwort.
»Und Sie?«, fragte der Lieutenant mich.
»Ich habe mitgemacht, Lieutenant«, lächelte ich, »aber ich habe nicht angefangen. Ich wehre mich immer meiner Haut, wenn ich angegriffen werde, konnte ja nicht wissen, ob es Cops oder Gangster waren, die sich mit mir beschäftigten. Zum Schluss jedenfalls scheinen es Cops gewesen zu sein.« Und ich griff nachdenklich an meinen noch immer brummenden Schädel.
»Ich werde beim Untersuchungsrichter Verlängerung Ihrer Haft auf unbestimmte Zeit beantragen«, erklärte O’Negh. »Und ich werde die Haftverlängerung auch ohne Ihr Geständnis durchbekommen - abführen!«
Wir wurden ins Gefängnis zurückgebracht. Ich legte mich auf eine der Pritschen, zog mir die Decke zum Kinn und dachte mit Spannung daran, was nun geschehen würde. Dann schlief ich ein.
***
Es war nicht so sehr spannend, was am anderen Tag geschah. Wir wurden gegen Mittag in O’Neghs Büro geholt, und außer ihm sahen wir dort einen kleinen, sehr dicken Mann, der eine mächtige Aktentasche auf seinen Knien liegen hatte.
»Ich bin John W. Snydding, euer Rechtsanwalt, Jungs«, sagte er und lächelte mit sämtlichen Goldplomben. »Ihr dürft Jonny zu mir sagen. Und nun wollen wir mal sehen, welche lächerlichen Anklagen der Lieutenant gegen euch vorzubringen hat.«
Armer O’Negh. Praktisch nach jedem Satz, den der Lieutenant sagte, bombardierte ihn der Anwalt mit allen Gesetzesvorschriften, die in unserem Lande zur Sicherung der persönlichen Freiheit erlassen worden sind, und die leider allzu oft von skrupellosen Anwälten ausgenutzt werden, um Burschen aus dem Kittchen zu holen, die wahrhaftig richtiger darin zu bleiben hätten.
Ich konnte dem Lieutenant nachfühlen, was er empfand. Ich hatte mich selbst oft genug in der Situation befunden, dass ich einen Mann laufen lassen musste, den ich für einen Verbrecher hielt, nur weil ein Anwalt mir mit Kautionsangeboten und ähnlichen Dingen zu Leibe rückte.
Am Schluss der Geschichte fragte der Anwalt den Lieutenant: »Sie haben die Verlängerung des Haftbefehles bei Richter Stillie
Weitere Kostenlose Bücher