0036 - Das Rätsel von Schloß Montagne
Spinner.
»Warum wollen Sie mir gehorchen und Untertan sein?« fragte sie ironisch. Sie übersah das Leuchten der blauen Augen und hörte mit Erstaunen, wie sich Franz Hämmerli vorstellte. »Sicher sind Sie eine Schloßbewohnerin«, vermutete er, »loh komme aus der Schweiz.«
»Es ist Ihnen vermutlich entgangen, daß ich Französisch mit Akzent spreche«, sagte Jill Meredith achselzuckend. »Ich bin auch bloß Gast wie Sie. Das heißt: Kennen Sie Zamorra gar nicht?«
»Zamorra? Nie gehört?« beteuerte Hämmerli.
Diese Erklärung machte ihn Jill sympathischer. Es gab also wirklich Leute, die noch nie etwas von Zamorra gehört hatten. Wenn man ihrer Mutter glauben wollte, dann lag die gesamte Weltbevölkerung stumm vor Bewunderung dem Professor zu Füßen.
Allerdings war ihre Mummy, als sie gestern abend das Château verlassen hatte, merklich erregt gewesen. Offenbar hatte ihre Schwärmerei für Zamorra einen gehörigen Knacks wegbekommen.
Und ihr gesunder Wille zu überleben hatte die Überhand gewonnen.
»Zamorra ist sowas wie ein Zauberer«, spottete Jill. »Er ist der Schloßherr von Montagne.«
»Wundervoll. Ich möchte ihn kennenlernen. Er entstammt sicher einer uralten, edlen Grafenfamilie, Mademoiselle.«
»Mag sein. Aber er ist mit Hexen und Dämonen im Bunde.« Sie lachte.
Franz Hämmerli blinzelte aufgeregt. »Wirklich, meine Gnädigste? Daß mir so ein Glück widerfährt… werden Sie mich mit diesem Comte Zamorra bekanntmachen?«
Jill riß die Augen auf. »Ich denke nicht daran. Warum sollte ich? Meine Mummy schwärmt für ihn. Ich finde es widerwärtig, diesem Mann übersinnliche Kräfte zuzuschreiben und ihn ›Meister‹ zu nennen.«
»Tut man das? Das ist ja wahnsinnig spannend. Spukt es oben im Schloß?«
Jills Lächeln verlor sich. »Nicht zu knapp, Mr. Hämmerli!« Sie mußte an das entsetzliche Abendessen denken und bekam eine Gänsehaut. »Es hat zwei Todesfälle gestern gegeben.«
Auf einmal schien es ihr, als blinzelte er höchst belustigt. Machte er sich vielleicht einen Spaß daraus, sie an der Nase herumzuführen?
»Ich bin bloß als Gast von Zamorra hiergeblieben, um ihm zu beweisen, daß sein ganzes Getue hirnverbrannter Quatsch ist«, erklärte sie. »Mich kann er nicht täuschen. Er ist ein guter Initiator und kennt sich offenbar mit Technik gut aus, sonst wäre dieses ganze Spektakel gar nicht möglich. Wie es bei dem Bauarbeiter gewesen ist, weiß ich nicht. In jedem Fall aber hat er meinen Verlobten Ken Baker richtiggehend ermordet.«
Franz Hämmerli lauschte mit halb offenem Mund.
»Sie glauben mir nicht?« fragte Jill herausfordernd. »Bitte, überzeugen Sie sich selbst. Folgen Sie mir aufs Schloß ich kann ja ganz langsam neben Ihnen herreiten.«
»Sie meinen… ich darf hinein ins Schloßgebiet? Und die Besitzer? Werden sie erlauben, daß ich …«
»Zamorra hat jetzt ganz andere Sorgen.« Jill sah Franz Hämmerli angestrengt in die blauen Augen. »Mir wäre es direkt recht, einen unbeeinflußten, normalen Menschen dort oben einzuschleusen. Ich…«
»Ja?«
»Ich fühle mich, seit Mummy gestern abgereist ist, ziemlich verlassen dort oben. Aber ich habe keine Angst. Ich werde bloß wütend, wenn man sich einbildet, daß ich so blöd bin und alles schlucke, was man mir vorsetzt.«
Franz Hämmerli verstand kein Wort. Ihn irritierte der Kopf des weißen Hengstes, auf dem das schöne Mädchen saß. Die Augen des Pferdes bewegten sich gespenstisch in den Höhlen. Und jetzt bleckte der Hengst die Zähne und fauchte.
»Sei ruhig, Hermes!« Jill tätschelte den Kopf des Tieres. Blitzschnell wandte der Hengst den Kopf und biß nach Jill.
Jill erschrak. »Der ist wohl total übergeschnappt? Wahrscheinlich will er weiter. Er mag nicht, daß wir hier herumstehen. Kommen Sie also, Mr. Hämmerli?«
»Aber gern. Sind Sie sicher, daß mit diesem Pferd alles in Ordnung ist?«
»Was soll denn nicht in Ordnung sein? Hermes ist ein reinrassiger Araber. Haben Sie eine Ahnung, was er kostet?«
»Das wage ich mir in Zahlen gar nicht auszumalen«, murmelte Hämmerli mit einem achtungsvollen Blick auf das edle Tier.
»Also los, Hermes… Schritt gehen … nicht galoppieren«, befahl Jill und wickelte sich die lederne Zügelschnur um die Hand.
Der Hengst bäumte sich unvermittelt auf.
Franz Hämmerli tat einen gewaltigen Satz zurück. Er bemerkte, daß die Augen des Tieres fast rot funkelten. Die Wildheit des Pferdes machte ihm Angst.
Krampfhaft bemühte sich Jill, im Sattel
Weitere Kostenlose Bücher