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0036 - Das Rätsel von Schloß Montagne

0036 - Das Rätsel von Schloß Montagne

Titel: 0036 - Das Rätsel von Schloß Montagne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Traute Maahn
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geschah zur Zeit in der Nähe… er mußte versuchen, es zu verhindern. Wo war Nicole? Wo war Jill Meredith?
    Er verließ fluchtartig die Bibliothek. Auf dem Schloßhof erfuhr er, daß die beiden Damen ausgeritten und noch nicht zurückgekehrt wären.
    »Sattle mir ein Pferd«, fuhr er den Knecht an. Aber eine Sekunde später winkte er ungeduldig ab. »Egal. Ich reite ohne Sattel, Jean!«
    Er schwang sich auf den Rücken des Pferdes, das man ihm zuführte. Er krallte sich in der Mähne fest. »Lauf schnell«, flüsterte er dem Tier ins gespitzte Ohr.
    ***
    Die Angst schien der Stute Riesenkräfte zu geben. Sie warf Nicole blitzschnell ab und jagte davon. Wiehernd machte sie sich aus dem Staub.
    Nicole lag rücklings auf dem Boden und sah dem Hengst entgegen. Jetzt hatte er es nicht mehr eilig. Er kam schleichend näher, blieb vor ihr stehen, und das Pferdegebiß verzog sich zu einer höhnischen Grimasse.
    »Tu mir nichts…« flüsterte Nicole.
    »Sieh mich an«, sagte eine hohle Stimme, die nicht zu dem teuflischen Grinsen passen wollte. »Ich kann mich aller Lebewesen bedienen, denn ich bin Maurice. Und alles geschieht so, wie ich es haben will.«
    »Laß mich in Ruhe. Ich habe nichts gegen dich!« stammelte Nicole.
    Sie war wie gelähmt vor Entsetzen, als sie bemerkte, wie das Pferd seinen rechten Vorderhuf hob und ihn ihr auf die Brust setzte. Zentnerschwer lastete er auf ihrem Brustkorb und schnürte ihr den Atem ab. Die scharfen Kanten des Hufes waren wie geschliffene Messer.
    »Hat man dich vor vielen Jahrhunderten im Kellergewölbe eingeschlossen?« ächzte sie. »Dich, Maurice, und andere Männer und Frauen?«
    Sie hörte ein Heulen, ein Wimmern, ein höhnisches Gelächter…
    »Du kennst mein Geheimnis. Du wirst sterben…« hörte sie die hohle Stimme sagen.
    »Nein, nein…« flehte Nicole. Sie versuchte auch jetzt noch trotz ihrer verzweifelten Lage, nach einem Ausweg zu sinnen.
    In ihrer Todesangst hörte sie erst das heran jagende Pferdegetrappel, als es schon ganz nahe war. Das mußte Danielle, die Stute, sein!
    War sie wahnsinnig geworden, weil sie sich freiwillig in diese Gefahr begab?
    »Zurück…«
    Das war Zamorras Stimme.
    Nicole glaubte zu träumen, als der vom Teufel besessene Hengst sich herumwarf und Zamorra entgegenstürmen wollte, doch zurückwich, als Zamorra – das Amulett in der ausgestreckten Hand – auf ihn zuging.
    Der Hengst wieherte. Er krümmte sich wie unter unsichtbaren Schlägen. Ein gewaltiges Zittern durchlief ihn. In schmerzhaften Krämpfen begann sich das große Tier zu winden und torkelnd im Kreis zu drehen.
    »Bleib stehen. Sieh mich an«, befahl Zamorra scharf.
    Am ganzen Körper bebend stand der Hengst vor ihm.
    »Verschwinde auf immer. Geh… Kehre zurück in das ewige Reich der Finsternis …«
    Zamorras dumpfe Stimme besaß eine eigenartige Faszination. Nicole, die noch immer wie gelähmt auf der Wiese lag, entging kein Wort ihres Chefs.
    Der Hengst ließ sich unvermittelt zur Erde fallen. Er drehte sich einige Male um sich selbst und stieß gräßliche Schreie aus. Schließlich blieb er in Schweiß gebadet liegen. Seine Nüstern bebten. Durch das halb geöffnete Maul drang gelber Schaum.
    Dann entstand eine beklemmende Stille. Es war der Französin, als wäre der eisige Hauch des Todes über sie alle hinweggeweht, obwohl die grelle Sonne ihr direkt ins Gesicht schien.
    Als der Hengst schließlich ermattet liegenblieb, trat Zamorra zu ihm und strich ihm über das schweißnasse Fell.
    »Alles in Ordnung, Hermes«, tröstete er das völlig erledigte Tier.
    »Steh auf. Lauf zurück zum Stall und laß dich abreiben. Hörst du, Hermes…«
    Der Hengst schielte nach oben. Jetzt waren seine Augen wieder vertraut, hatten alle feurige Glut verloren. Mit zuckenden Flanken sprang er auf, wieherte zaghaft, dann jagte er los in Richtung des Châteaus.
    Zamorra sah ihm nach. Er hatte einen abwesenden, entrückten Gesichtsausdruck.
    »Chef…« Nicole stand langsam auf und strich an den Falten ihres Rockes entlang. »Ich dachte wirklich, daß mein letztes Stündchen geschlagen hätte!«
    Zamorra sah wie erwachend hoch. Nicole stand vor ihm. Ihr hellbraunes Haar war zerzaust. Und die niedlichen Sommersprossen auf ihrer kecken Stupsnase tanzten im Sonnenschein.
    Ein sanftes Lächeln spielte um Zamorras Lippen.
    Er strich mit dem Zeigefinger über ihre Wange. Und in dieser kleinen Geste lag soviel Freude, noch zurechtgekommen zu sein, daß Nicole die Tränen zurückdrängen

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