0036 - Die Seuche des Vergessens
zwar mit Gewalt. Seine hünenhafte Gestalt überragte die Geragks um gut zwanzig Zentimeter. Seine tiefrote Haut zeigte dunkle Behaarung und starke Sehnen. Ralv mußte über ungemeine körperliche Kräfte verfügen.
„Fühlst du dich nicht wohl?“ fragte er, als er sich gesetzt hatte. Geragk zuckte die Achseln.
„Ich weiß nicht recht, wie ich mich fühle. Vielleicht war es auch nur die Arbeit und die Hitze heute. Mir ist, als läge ein Gewicht auf meinem Kopf.“
Ralv betrachtete ihn aufmerksam. Dann nickte er.
„Rendex geht es ähnlich heute. Ich war eben bei ihm. Übrigens gehörte er zu deinem Entladekommando. Zufall?“
„Was?“
„Daß ihm so ähnlich wie dir zumute ist.“ Geragk sah Ralv an.
„Irgend etwas war auf dem Schiff, aber ich weiß nicht mehr was. Wie kann man das nur vergessen? Es wird mir auch bestimmt wieder einfallen, aber im Augenblick... ich weiß nicht. Alles ist so merkwürdig.“
Ralv schnitt ein neues Thema an.
„Unseren Verbindungsleuten ist es gelungen, einen der Wachroboter zu fangen und auseinander zu nehmen...“
„Ihr habt einen Metallgott getötet?“
„Rede keinen Unsinn! Du weißt genauso gut wie ich, daß das ganze Geschwätz von Göttern und Metallgöttern Unsinn ist. Diese sogenannten Götter sind Humanoiden wie wir. Sie haben Schiffe, mit denen sie von Stern zu Stern fliegen können - das ist alles. Sie sind Ausbeuter, die unsere Unkenntnis ausnutzen. Mit Hilfe ihrer technischen Überlegenheit haben sie unsere Welt versklavt. Wir werden sie von Goszuls Planeten vertreiben, wie sie unsere Welt nennen.“
„Aber einen Metallgott - einen Roboter zu fangen...! Wird der Verlust die Götter nicht rebellisch machen? Sie schicken uns ihre Kampfmaschinen auf den Hals.“
Ralv machte ein geheimnisvolles Gesicht.
„Vielleicht weißt du es noch nicht, aber wir haben unerwartete Bundesgenossen erhalten. Seit unbestimmter Zeit weilen auf unserer Welt Fremde, die ebenfalls die Götter bekämpfen und ihnen Schaden zufügen.“
„Fremde?“ machte Geragk und sah plötzlich sehr nachdenklich aus. „Wie kommt es, daß ich bei diesem Wort etwas spüre...? Hatte ich nicht heute mit Fremden zu tun...?“ Er schüttelte den Kopf und ballte die Fäuste.
„Nun?“ erkundigte sich Ralv neugierig. „Immer noch nichts?“
„Ich muß schlafen, Ralv. Vielleicht fällt es mir morgen wieder ein. Ich habe das Gefühl, es ist wichtig, sehr wichtig sogar. Was ist übrigens aus dem Roboter geworden, den ihr auseinandergenommen habt?“
„Was soll aus ihm geworden sein? Wir haben sein Inneres untersucht und festgestellt, daß er rein mechanischer Natur ist. Notfalls könnten wir solche Gebilde sogar nachbauen, wenn wir die notwendigen Maschinen besitzen - und das wird ja nicht mehr lange dauern. Wenn wir die Götter vertrieben haben, werden wir auch ihre Fabriken übernehmen und selbst solche Schiffe bauen, mit denen man die Sterne erreichen kann.“
„Besitzen wir genaue Unterlagen über sämtliche Anlagen?“
„Alles ist vorbereitet. Wir könnten schon diese Nacht losschlagen, wenn Enzally uns nicht gewarnt hätte.“
„Enzally? Was will der Seher?“
„Eigentlich sollten wir ihn ‚den Lauscher' nennen, denn er vermag die Gedanken anderer Menschen zu lesen - aber nicht nur die Gedanken der Menschen, sondern auch die der sogenannten Götter. Und die der Fremden.“
„Die der Fremden? Er hat Verbindung mit den Fremden?“
„Nur ganz kurz und für wenige Augenblicke. Er lauschte einer telepathischen Unterhaltung. Die Fremden müssen also ebenfalls Gedankenleser sein. Aber als er sich einmischte, brachen die Gedankenströme ab und er hörte nichts mehr. Soviel jedenfalls konnte er erfahren: Die Götter sind die Feinde dieser Fremden. Sie griffen auch ihren Heimatplaneten an, wurden aber zurückgeschlagen. Nun kamen sie nach hier, um eine Versammlung der Götter - die sie übrigens Springer nennen - zu zerschlagen. Wir haben selbst erlebt, daß ihnen das zum Teil gelungen ist.“
„Bundesgenossen“, sann Geragk vor sich hin. „Niemals hätten wir mit Freunden rechnen dürfen, und nun haben wir plötzlich welche. Aber: warum melden sie sich nicht? Warum bleiben sie verborgen und zeigen sich uns nicht?“
„Sie werden ihre Gründe haben. Enzally versucht, Verbindung mit ihnen aufzunehmen, bisher ohne Erfolg. Er gibt mir sofort Nachricht, wenn er etwas erfährt. Du siehst, unsere Lage ist nicht hoffnungslos, aber es ist im Augenblick klüger, wenn wir
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