0036 - Die Seuche des Vergessens
vielleicht sogar in der Stadt.“
„Hier in der Stadt?“ stieß Ralv hervor und hatte Mühe, seine Überraschung zu verbergen. „Wo?“
„Wir werden es bald wissen, denn sie haben mich gebeten, heute früh erneut Verbindung mit ihnen aufzunehmen. Ich weiß nicht, wie viele es sind, aber mindestens zwei von ihnen sind Telepathen wie ich.“
Geragk saß in einer Ecke und starrte Löcher in die Luft. Er sah ganz so aus, als denke er angestrengt nach. Enzally warf ihm einen schnellen Blick zu und winkte Ralv plötzlich ab, der etwas sagen wollte. Der Telepath hielt den Kopf ein wenig schief und betrachtete Geragk forschend.
Plötzlich sagte er: „Ich werde dir helfen, Geragk, deine Erinnerung aufzufrischen; vielleicht erfahren wir dann mehr. Was also war gestern auf dem Schiff?“
Ralv begriff sofort und verhielt sich abwartend. Er wußte, daß Enzally in Geragks Gedanken forschte, und vielleicht gelang es dem Telepathen sogar, in die verschleierte Erinnerung vorzudringen.
„Seltsam“, murmelte Enzally plötzlich. „Es ist, als läge vor deinen Gedanken eine Art Schleier - ich kann ihn fast körperlich spüren. Er ist nicht natürlichen Ursprungs. Nur ein anderer Telepath - oder eine Variation, vielleicht ein Suggestor - könnte ihn vor dein Erinnerungsvermögen gelegt haben. Auf dem Segler warst du gestern, der im Hafen liegt? Und dort geschah etwas? Was geschah? Nein, du brauchst nichts zu reden, das strengt zu sehr an. Denken, nichts als denken - das genügt. Ja, so ist es besser. Fremde waren an Bord? Der, Kapitän sagte es dir? Vier fremde Männer, die wie Götter aussahen? Und du gingst zu ihnen - und dann war alles vorbei? Du weißt nichts mehr?“ Enzally atmete auf und lehnte sich zurück, Geragk dabei nicht aus den Augen lassend.
„Sieh mich an, Geragk! Diese vier Männer - hast du sie deutlich gesehen? Was sagten sie zu dir? Doch, du kannst dich erinnern, wenn du das willst! Ja - ja - du erinnerst dich jetzt! Sie waren es, die dir den Befehl gaben, alles zu vergessen. Dir und allen Leuten des Kommandos! Ihr alle vergaßt das, was ihr sehen konntet. Diese vier Männer sind die Fremden, die wir suchen! Sie sind unsere Verbündeten!“
Geragk sah aus, als erwache er aus einem Traum. Seine Augen waren weit aufgerissen und starrten ins Leere. Dann aber nickte er.
„Du hast recht, Enzally. Die vier Fremden sind auf dem Schiff; ich entsinne mich jetzt wieder. Sie gaben mir und meinen Leuten den Befehl, alles zu vergessen. Warum eigentlich, wenn sie unsere Freunde sind?“
Enzally lächelte.
„Du vergißt, daß auch Roboter auf dem Schiff waren. Was wäre geschehen, wenn sie Verdacht geschöpft hätten? Sie sind nur vier Männer, die gegen eine ganze Welt stehen. Sie müssen vorsichtig sein. Aber ich glaube, sie suchen Freunde. Wir werden es bald wissen.“
„Wann?“ fragte Ralv, der sich bisher schweigsam verhalten hatte. Enzally hob die rechte Hand.
„Gleich“, flüsterte er und bedeutete den beiden Männern, jetzt zu schweigen. Ganz ruhig und unbeweglich saß er auf dem Bett und lauschte in sich hinein.
Es dauerte fast zehn Minuten. Weder Ralv noch Geragk konnten ahnen, was in diesen zehn Minuten geschah. Sie wußten, daß ihr Telepath sich mit jemand unterhielt, aber sie konnten natürlich kein einziges Wort dieser Unterhaltung verstehen.
Endlich nickte Enzally mehrmals vor sich hin, sah auf und sagte: „Macht euch bereit, Freunde. Ihr werdet mich begleiten. Ich glaube, der Kampf beginnt.“
Geragk kannte die Antwort, aber er fragte doch: „Wohin gehen wir?“
„In den Hafen - ein Schiff wartet dort auf uns.“
*
Der Kapitän des Seglers war fest davon überzeugt, aus völlig freiem Willen zu handeln, als er weiterhin im Häfen blieb, statt gleich wieder auszulaufen, wie die Anordnungen es besagten. Er hatte zwar keine Ahnung, warum er so handelte, aber er tat es eben. Kitai hatte dafür gesorgt, daß seine Befehle den notwendigen Nachdruck erhielten und die Wirkung seiner Suggestion eine Weile anhielt. Die leicht gebeugte Gestalt des Japaners lehnte gegen die Reling. Kitai hielt Wache, während John Marshall und die beiden anderen Mutanten in aller Ruhe die Ausrüstung sichteten, die Gucky gebracht hatte. In der Kabine war Platz genug vorhanden, die Sachen nach einer Linie zu ordnen.
Gucky selbst unterstützte Kitai bei seiner Aufgabe, die Ankunft der drei Goszuls rechtzeitig zu bemerken. Er hockte zwischen den Aufbauten und schickte seine telepa thischen Fühler aus.
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