0037 - Panik in Tokio
Beschwörung beginnen? Die Vorbereitungen sind noch nicht abgeschlossen. Der günstigste Zeitpunkt ist auch erst, wie aus den Sternen errechnet, in sieben Tagen.«
»Einerlei. In sieben Tagen ist es längst zu spät.«
Der Mönch und Zen-Meister sah es ein und fügte sich. Seufzend schritt er zum Haus, um alles Nötige zu veranlassen. Wir standen in dem großzügig angelegten Landschaftsgarten, durch den ein Bach in mehreren Rinnsalen den Abhang hinunterfloß.
Die Kirschbäume blühten um Yokohama, vom Meer wehte eine frische Brise.
Der Tag war schön, das Leben hätte herrlich sein können, wäre nicht das Wirken der Dämonen gewesen.
Tomoe schluchzte mit gesenktem Kopf, und ich tröstete sie. Ihr Haar war im Pfirsichhälften-Stil frisiert, lag also in drei runden, sich übereinander türmenden Wellen um den Kopf. Ein kleiner Knoten krönte diese Frisur.
Tomoes Kimono war weiß und mit hellblauen, roten und goldenen Symbolen versehen. Sie konnte an Liebreiz mit den Kirschblüten wetteifern. Ihr Schmerz schnitt auch mir ins Herz.
»Weine nicht, Tomoe«, sagte ich und legte den Arm um sie. »Professor Hakatos Ende ist schon eingeläutet.«
Ich vergaß ganz, daß sie mich nicht verstehen konnte. Doch sie wußte, daß ich ihr zusprach. Meine Nähe tröstete sie. Suko zog sich diskret zurück. Der Hüne hatte ein empfindsames Herz, was er allerdings nie zugeben wollte.
Er spielte lieber den harten Brocken, doch er konnte keinen täuschen, der ihn näher kannte.
Ich blieb mit Tomoe im Garten, bis Eisai Kaoru uns eine halbe Stunde später rief.
»Wir sind bereit, Sinclari-san. In wenigen Minuten wird der Hubschrauber uns abholen und nach Kobe bringen, wo die Beschwörung auf den Klippen über der Osaka-Bai stattfinden soll. Da opfern wir Kamikaze jedes Jahr. Wenn wir uns dort an ihn wenden, wird es ihn gnädig stimmen. Trotzdem fürchte ich, daß er überhaupt nicht erscheinen oder sehr zornig sein wird.«
»Das wird sich herausstellen, Meister Kaoru. Wenn Professor Hakato weitere rote Wolken durch die Lüfte schickt, könnte Kamikaze sie mal kräftig zausen. Schließlich sind die höheren Sphären sein Bereich.«
Ich beschloß, meinen Kimono abzulegen und die westliche Kleidung anzuziehen. Die japanische Tracht war ungewohnt, sie konnte mich behindern. Und falls der Taifun-Dämon mich von der Klippe in die Lüfte riß, wollte ich nicht den Flattermann spielen.
***
Der Subashi-Hubschrauber war gelb und schwarz gestrichen, er sah von weitem wie eine riesige Wespe aus. Der Flug nach Kobe dauerte eindreiviertel Stunden. Dann stiegen wir oberhalb des Kobe-Nationalparks in den an der Küste gelegenen Rokkosan-Bergen aus dem Helikopter. Eisai Kaoru und drei männliche Mitglieder der Kamikaze-Bruderschaft, die allerlei Zubehör trugen, Tomoe, Suko und ich.
Der Pilot blieb beim Helikopter zurück.
Durch einen Berghain wanderten wir bei strahlendem Sonnenschein zur großen Klippe. Beim Aufstieg schon konnten wir auf die Stadt Kobe und den größten Seehafen Japans niedersehen.
Der Aufstieg war steil und mühsam. Es gab nur einen schmalen Pfad, was den Vorteil hatte, daß sich nur in Ausnahmefällen Touristen hierher verirrten. Wir begegneten lediglich einem jungen Paar, das uns höflich Platz machte.
Auf der Klippe oben angelangt, mußten wir zunächst verschnaufen. Wir wischten uns den Schweiß ab. Ich überlegte wieder mal, ob ich das Rauchen nicht ganz aufgeben sollte. Das fiel mir überhaupt nicht schwer. Ich hatte mir das Rauchen schon mindestens ein dutzendmal abgewöhnt.
Aber ich sah, daß auch Suko keuchte, und das tröstete mich.
Die drei Kamikaze-Adepten stellten ein eisernes, dreibeiniges Kohlebecken hin, füllten es mit Holzkohle, gossen Spiritus darüber und zündeten die Kohlen an. Als sie zu glimmen begannen, verbrannten die Kamikazes Kräuter, die einen wohlriechenden Dampf verbreiteten.
Über diesem Kohlebecken begann Tomoe, den Tee auf traditionelle Art zuzubereiten. Sie hockte am Boden und hantierte konzentriert und in ihre Tätigkeit versunken. Der Seewind, der hier oben ziemlich frisch wehte, bauschte ihren Kimono.
Eisai Kaoru saß im Lotossitz da, hatte die Augen geschlossen und meditierte, um Kraft für seine bevorstehende Aufgabe zu sammeln. Suko und ich standen abseits, denn um am ersten Teil der Beschwörung teilzunehmen, hatten wir weder die Kenntnisse noch die Übung. Ich preßte meinen Einsatzkoffer an mich. Eine bolzenverschießende Pistole, ein silberner geweihter Dolch mit
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