0039 - Das Todesmoor
schienen auch sie abgeholt worden zu sein. Damit den anderen Eltern ein solches Schicksal erspart blieb, wollte ich sie rechtzeitig warnen.
Ich ließ mich von der Vermittlung zuerst mit dem Anschluß von Ellen und Ted Turman verbinden. Es läutete am anderen Ende des Drahtes gut zwanzigmal. Niemand ging ran.
Sofort breitete sich in mir eine gewisse Unruhe aus. Möglicherweise war meine Sorge um das Ehepaar Turman unbegründet, aber ich wollte die Sache auf keinen Fall auf sich beruhen lassen.
Ich kehrte zu Suko zurück. »Bei den Turmans hebt niemand ab.«
»Dann sind sie nicht zu Hause«, sagte Suko.
»Du bist heute mal wieder besonders schlau.«
»Du denkst an die Agutters und an die Telyeas?«
»Genau, und ich hoffe, daß die Turmans aus einem anderen Grund nicht zu Hause sind.«
»Wollen wir hinfahren?«
Ich nickte. »Diesen Vorschlag wollte ich gerade machen.«
Wir verließen das Hotel und setzten uns in unseren braunen Caddy. Es war ein Prachtwetter. Wir hatten sechsundzwanzig Grad Celsius, und es war mit einer Tageserwärmung bis auf dreißig Grad zu rechnen. Wir schrieben Anfang November und hatten somit die beste Reisezeit für Ceylon erwischt. Reiner Zufall. Wir hatten es uns nicht aussuchen können.
Wir durchquerten die Stadt, in deren Mitte ein See liegt, der von Sri Vikrama Rajasinha, dem letzten König von Kandy, Anfang des 19. Jahrhunderts angelegt wurde.
Kandy ist ein großes Pilgerzentrum und Sitz der höchsten buddhistischen Priesterschaft. Zu jeder Jahreszeit sieht man buddhistische Mönche, welche die heiligen Kröten, Fische und Wasserschlangen im See füttern.
Ein Ort des Friedens und des Gebets.
Vielleicht hatten sich die Mächte der Finsternis gerade deshalb diese Stadt für ihr verderbtes Treiben ausgesucht – um Frieden und Gebet zu stören, das Gute zu unterminieren und für das Böse breiten Raum zu schaffen.
Ich wußte noch nicht, wie wir diesen Aktivitäten einen Riegel vorschieben sollten. Mir war nur klar, daß wir alles daransetzen mußten, um so schnell wie möglich zu einem Erfolg zu kommen.
Denn sehr viel Spielraum würde uns der Dämon, mit dem wir es hier zu tun haften, bestimmt nicht lassen. In der vergangenen Nacht – der ersten, die wir in Kandy verbracht hatten – hatte uns unser Gegner bereits gezeigt, wie gefährlich er war.
Es war ihm spielend gelungen, Suko und mich zu trennen und uns von seinen Geisterhunden hetzen zu lassen.
Er bot uns eine letzte Chance, das Feld zu räumen, die Stadt kampflos ihm zu überlassen, doch wir waren geblieben. Wir waren immer noch in Kandy und setzten unsere Arbeit fort.
Damit forderten wir einen nächsten Schlag gegen uns heraus. Wir wußten das, und wir wußten auch, daß dieser nächste Schlag schon tödlich sein konnte…
Ich hatte die Anschrift der Turmans aus dem Telefonbuch. Wir fanden das Gebäude auf Anhieb. Es stand inmitten eines prachtvollen, gepflegten Gartens. Unweit von hier erhoben sich die ersten Wipfel der Urwaldbäume. Eine wohltuende Stille herrschte in dieser Gegend. Hier konnte man stundenlang im Liegestuhl auf der Terrasse vor sich hinträumen, ohne dabei von irgendeinem Geräusch gestört zu werden.
Ich zog den Zündschlüssel ab, schob ihn in die Außentasche meines leichten Sommerjacketts und stieg aus dem Wagen.
Suko kletterte auf der anderen Seite raus.
Wir begaben uns zur Eingangstür und stellten beunruhigt fest, daß sie halb offenstand.
Ich warf meinem chinesischen Partner einen besorgten Blick zu. »Was sagst du dazu?«
Der schwere Brocken rümpfte seine kleine Nase. »Gefällt mir nicht, John. Gefällt mir ganz und gar nicht.«
»Mir auch nicht«, brummte ich. Ich schenkte es mir, zu läuten oder zu klopfen, sondern drückte die Tür auf und trat ein. »Hallo!« rief ich in der Diele. »Ist jemand zu Hause?«
Niemand antwortete. Wir teilten uns die Räume und stellten fest, daß es überall so aussah, als wäre das Ehepaar Turman nur mal kurz weggegangen, würde aber in den nächsten fünfzehn Minuten wiederkommen.
Im Schlafzimmer waren die Betten noch nicht gemacht. Wenn man ins Kalkül zog, daß in allen anderen Räumen peinliche Ordnung herrschte, war das ein alarmierendes Zeichen.
Ich wollte es nicht aussprechen, aber für mich stand fest, daß das Ehepaar Turman ebensowenig wiederkommen würde wie die Ehepaare Agutter und Telyea.
Suko dachte das gleiche wie ich. Und er sprach es auch aus: »Ich fürchte, die beiden werden hier nicht mehr auftauchen, John.«
Wir suchten
Weitere Kostenlose Bücher