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0039 - Turm der Verlorenen

0039 - Turm der Verlorenen

Titel: 0039 - Turm der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
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Stühlerücken. Zamorra wollte sich aufrichten, doch etwas hielt ihn davon ab und zwang ihn, liegen zu bleiben.
    Durch die geschlossenen Augenlider konnte Zamorra mehr spüren als sehen, dass irgendwo in seiner Nähe Licht brennen musste.
    Endlich befreite er sich von dem fremden Zwang und schlug die Augen auf. Was er sah, jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken.
    An dem Tisch, auf dem er sich sein Lager gebaut hatte, saßen Männer mit Trinkgläsern und unterhielten sich angeregt.
    Zamorra wartete auf ein Zeichen, dass sie ihn bemerkten oder zumindest wussten, dass er vor ihnen lag, doch die Männer ließen sich nicht ablenken.
    Sie waren nach der Art des Landes gekleidet. Einer von ihnen trug die für Rumänien typische Pelzmütze. Die vier Männer schienen uralt zu sein.
    Ihre Gesichter waren denen von Mumien ähnlicher als denen lebender Menschen.
    Vorsichtig, als hätte er Angst, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, wandte Zamorra den Kopf. Auch die übrigen Tische waren besetzt. Hauptsächlich Männer saßen an den Tischen und redeten seltsam müde und gleichgültig aufeinander ein. Es sah aus, als sollten sie in einem Film Kulisse spielen.
    Zamorra sah, dass der Tisch, auf dem er lag, nur an der einen Seite besetzt war. An der anderen Seite saß niemand, und dort konnte er heruntersteigen. Doch zuvor wollte er wissen, was das eigentlich zu bedeuten hatte.
    Er zog den Reißverschluss des Schlafsackes auf und kroch daraus hervor. »Entschuldigen Sie, was geht hier eigentlich vor?«
    Er hatte den ihm am nächsten Sitzenden gefragt. Der hob den Kopf, schaute dem Professor direkt in die Augen, lächelte freundlich, nickte wissend und widmete sich wieder dem Gespräch mit seinen Bekannten oder Freunden.
    Zamorra versuchte sein Glück bei einem anderen aus der Gesprächsrunde. Mit dem gleichen Erfolg. Es schien hier völlig selbstverständlich zu sein, dass Fremde auf Tischen im Gasthaus schliefen.
    Zamorra ließ sich langsam von dem Tisch heruntergleiten. Er stand ein wenig unsicher auf den Füßen. Das gab sich jedoch sehr schnell. Verwirrt betrachtete er seine Umgebung. Wohin er auch schaute, er sah nur alte Gesichter, die ihm freundlich zulächelten oder ihn gar nicht beachteten.
    Er kam sich vor wie auf einem Totenfest. So musste es vielleicht am Jüngsten Gericht aussehen, wenn alle Toten wieder aus ihren Gräbern auferstehen würden.
    Zamorra rollte seinen Schlafsack zusammen und nahm seinen Rucksack vom Boden auf. Dann ging er hinüber zum Tresen, hinter dem ein Mann stand, dessen ganzes Auftreten Zamorra vermuten ließ, dass es sich um den Wirt handelte.
    Zamorra, der kein Rumänisch konnte, versuchte mit Händen und Füßen dem Mann klarzumachen, was er wollte. Der Alte hinter der Theke lächelte ihn nur freundlich an und machte dann den Mund auf.
    Wie vom Donner gerührt verstummte Zamorra und lauschte der Stimme, deren Worte er genau verstehen konnte.
    »Wir haben dich schon erwartet. Wir wussten, dass du heute kommen wolltest. Entschuldige bitte, dass dich keiner empfangen hat. Doch nun bist du bei uns. Deine Wohnung wird auch bald fertiggestellt sein. Ich schätze morgen früh kannst du einziehen.«
    Zamorra glaubte seinen Ohren nicht trauen zu können. Das war doch unmöglich! Wer sollte ihn denn hier schon erwartet haben.
    Diese Menschen sah er zum ersten Mal, und er war sich ziemlich sicher, dass er sie auch nie wiedersehen würde.
    Sollte Mordius vielleicht eine neue Teufelei ausgeheckt haben?
    Zamorra wollte noch eine weitere Frage stellen. Doch der Alte hinter der Theke unterbrach ihn mit einer Handbewegung.
    »Ich weiß schon. Im eigenen Haus schläft man am besten. Aber es ist noch nicht fertig. Morgen früh werde ich es dir zeigen, und dann musst du mir sagen, ob es dir gefällt. Für heute Nacht biete ich dir ein Lager in meiner bescheidenen Herberge an. Ich hoffe, dass es dir recht ist und du in Ruhe dort schlafen kannst. Bald finden auch die Feierlichkeiten statt. Bis dahin bist du einer von uns. Lass mich nur machen.«
    Zamorra war wie erschlagen. Ähnliches hatte er noch nie erlebt.
    Fremd kam er in ein fernes Land, und schon fand er jemanden, der auf ihn gewartet zu haben schien. Zamorra war sich mittlerweile völlig sicher, dass der Untote seine Finger hier mit im Spiel hatte.
    Der alte Mann hinter der Theke wandte sich um und rief etwas. Es dauerte einen Moment, dann erschien ein Mädchen, wie Zamorra es noch nie gesehen hatte. Hier unter den Alten wirkte sie wie die Sonne,

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