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0039 - Turm der Verlorenen

0039 - Turm der Verlorenen

Titel: 0039 - Turm der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
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besondere Bewandtnis hatte.
    Ohne einen Laut von sich zu geben, huschte der Professor nach draußen auf den Gang und zur Treppe hin, die nach unten führte.
    Hier wartete er einen Moment. Doch nichts rührte sich unten im Erdgeschoss. Er eilte die Treppe hinunter und trat hinaus auf die Straße. Er konnte gerade noch den letzten der Prozession um eine Hausecke verschwinden sehen.
    Zamorra beeilte sich und rannte hinter den Männern her, damit er sie nicht aus den Augen verlor. Ein Verdacht trieb ihn an, den er unbedingt bestätigt haben wollte.
    Die Leute entfernten sich aus dem Dorf. Und es war tatsächlich der sonderbare Felsenturm, auf den sie zusteuerten. Im Dämmerlicht konnte Zamorra genau beobachten, was dort vor sich ging.
    Die Köpfe gebeugt, so schritten die Alten dahin. Ihr Gang wurde immer schleppender, zögernder. Es war als würden sie mit aller Kraft versuchen, nicht weiterzugehen. Doch die Macht, die sie trieb, war stärker. Unwiderstehlich wurden sie von dem Felsenturm angezogen.
    Zamorra hielt sich im Schatten eines dichten Busches und bemühte sich, nicht gesehen zu werden. Doch er musste begreifen, dass das überhaupt nicht nötig war. Niemand von den Männern drehte sich um oder schenkte der Umgebung Beachtung.
    Vielleicht eine Viertelstunde lang folgte Zamorra den Männern, bis sie plötzlich stehen blieben. Sie waren noch etwa einhundert Meter vom Fuß der Felsnadel entfernt.
    Plötzlich hoben sie gleichzeitig die Köpfe und starrten hinauf zu dem unheimlichen Schloss auf der Spitze des Turmes.
    Dieses fing an, in einem kalten Licht zu erstrahlen. Das Licht machte die Umgebung taghell. Es war wie eine Wolke, die sich auf das Schloss niedersenkte und es ganz einhüllte.
    Dann wuchs die Wolke. Sie streckte sich und sank noch tiefer herab, bis sie fast den Erdboden berührte. Sie wurde schmaler, und auf einmal konnte Zamorra erkennen, was es war.
    Ungläubigen Blickes verfolgte er, wie sich aus der Lichtwolke eine Art Treppe formte. Die Treppe erreichte die ersten der Gruppe, die geduldig dastanden und warteten. Die Lichttreppe festigte ihre Struktur, und der erste der Prozession setzte sich wieder in Bewegung. Er tat einen fast zögernden Schritt auf die Treppe zu.
    Langsam begann er darauf emporzusteigen. Die anderen folgten und plötzlich war die Luft von seltsamen Lauten erfüllt. Sie wurden immer dröhnender, durchdringender. Dann hallte ein herzzerreißender Klagegesang über das Tal. Zamorra wurde tief in seinem Innersten davon angerührt und hatte den unwiderstehlichen Drang, ebenfalls hinzueilen und den Alten über die Treppe zu dem Schloss zu folgen.
    Doch er konnte sich auf einmal nicht mehr rühren. Untätig musste er zusehen, wie einer nach dem anderen die Treppe betrat und darauf zur Bergspitze stieg.
    Die Männer und Frauen, die er in dem Gastraum des Wirtshauses gesehen hatte, verschwanden ausnahmslos hinter den düsteren Mauern des geheimnisvollen Schlosses.
    Jetzt verblasste auch die Lichtleiter, bildete sich wieder zu einer Wolke zurück und verschwand einfach. Kurz darauf lagen das Schloss und der Felsturm wieder so da, wie Zamorra sie am Tag vorher vom Bergkamm aus hatte betrachten können.
    Was verbarg sich hinter den Mauern dieser Felsenburg? Waren die Leute, die dort hinaufgestiegen waren, etwa die Dämonen, die Mordius als seine Verbündete hatte?
    Zamorra konnte es nicht glauben. Zu gütig waren die Gesichter gewesen, die ihm im Gedächtnis haften geblieben waren. Nein, das waren keine Sendboten des Bösen. Diese Menschen musste ein anderes Schicksal in diese Gegend verschlagen haben.
    Zamorra merkte, dass die rätselhafte Fessel wieder von ihm abfiel, und er rannte mutig in die Talsenke hinein, bis er direkt vor dem Felsenturm stand.
    Soweit er es von seinem Standort aus beurteilen konnte, war es nahezu unmöglich, diese grandiose und auch unheimliche Felsnadel zu ersteigen. Wenn die Geschichte stimmte, die man sich darüber erzählte, dann hatten die Menschen der damaligen Zeit wirklich ganze Arbeit geleistet.
    Zamorra umrundete die Nadel und ging noch näher heran. Und dann fand er einen feinen Riss, der sich senkrecht durch die ganze Felswand bis hoch zur Spitze zog. Sollte er hier den Schlüssel zum Schloss entdeckt haben?
    Der Professor nahm sich vor, diesem Gebilde am Tage einen Besuch abzustatten. Doch zuvor wollte er sich noch einmal im Dorf umsehen, ob er hier einen Hinweis auf die Herkunft der Menschen finden konnte.
    Er eilte den Weg zurück, den er gekommen

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