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0039 - Turm der Verlorenen

0039 - Turm der Verlorenen

Titel: 0039 - Turm der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
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Wenn auch der Zahn der Zeit schon ziemlich stark an den Resten des Gebäudes genagt hatte, so war doch klar zu erkennen, dass es sich um eine Kirche handelte.
    Das versetzte den Professor in Erstaunen. Was hatte die Bürger von Valice davon abgehalten, die Kirche ebenso instand zu halten wie ihre eigenen Häuser? War in den ländlichen Gemeinden nicht immer das Gotteshaus, ganz gleich welcher Religion dieser Gott auch angehörte, Mittelpunkt der Siedlung? Zamorra zermarterte sich den Kopf umsonst. Er konnte keine plausible Erklärung finden.
    Es war schon richtig finster geworden. Zum Glück hatte es sich aufgeklart, sodass der Mond hinreichend Licht spendete und Zamorra ohne Hilfe einer Taschenlampe, die er vorsichtshalber ebenfalls eingepackt hatte, seine Umgebung erkennen konnte.
    Es wurde Zeit, dass er sich nach einem Nachtlager umsah. Auch wenn er sich in der Nähe und auf der Spur eines Geheimnisses wusste, so musste er doch dem Drängen seines ermüdeten Körpers nachgeben. Zamorra hoffte, irgendwo so etwas wie eine Herberge für Reisende zu finden, ein Gasthaus vielleicht oder ein Hotel.
    Hotel wäre in diesem verlassenen Dorf sicher zu viel verlangt.
    Aber mindestens ein Gasthaus musste doch aufzutreiben sein.
    Zamorra beschleunigte seine Schritte und ließ den Blick über die Gebäude schweifen, die den Marktplatz säumten. Besonders ein Gebäude sah so aus wie die gesuchte Herberge. Zamorra zögerte nicht mehr lange und lief über den sandigen Platz.
    Die Tür war ebenso wie die anderen nicht verschlossen. Zamorra streifte durch den Gastraum und suchte nach Spuren von irgendwelchen Gästen. Doch nicht einmal das fand er hier. Gespenstisch hallten seine Schritte auf dem Holzboden durch das Haus.
    Der Gastraum war großzügig angelegt. Zamorra war überzeugt, hier einen Schlafplatz zu finden. In eines der Zimmer, die sich bestimmt im ersten Stock befanden, wollte er sich nicht hineinwagen.
    Er wäre zu sehr in der Falle gewesen. Wenn er hier unten in der Gaststube schlief, dann bekam er viel eher etwas mit, falls wirklich was geschehen sollte.
    Zamorra prüfte die Sitzbank, die sich an den Wänden des Lokals entlangzog. Sie war für seine Zwecke zu schmal. Er hätte nur auf einer Seite schlafen können, und er brauchte jetzt Ruhe und ein wenig Komfort, denn ihm stand noch Einiges bevor, und da musste er unbedingt fit sein.
    Zamorra war plötzlich von einer sonderbaren Gleichgültigkeit beseelt. Er dachte an Mordius, der ihm Rache geschworen hatte, und er hatte keine Angst, dass der Untote ihn in dieser Nacht heimsuchen würde. In sein Schicksal ergeben zuckte Zamorra die Schultern. Selbst wenn er erscheinen sollte, dann konnte ihm nur das Glück helfen. Er war jedenfalls so hundemüde, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
    Zamorra schaute sich noch einmal aufmerksam in dem dämmrigen Schankraum um. Seine Wahl fiel auf den größten Tisch, der in einer Ecke des Saales stand. Zamorra zwängte sich aus den Gurten seines Rucksackes und ließ ihn zu Boden gleiten. Dann wühlte er seinen Schlafsack und seine Luftmatratze hervor.
    Er rollte die Matratze aus, blies sie auf und legte sie auf den stabilen Tisch. Anschließend entfaltete er den Schlafsack und öffnete den langen Reißverschluss.
    Am Schankbecken spritzte Zamorra sich kaltes Wasser ins Gesicht, spülte den Mund mit einem Schluck Schnaps aus und stieg dann unter abenteuerlichen Verrenkungen in den Schlafsack.
    Er zog den Reißverschluss zu und schloss die Augen. Bevor er endgültig einschlief, hallte noch einmal das bösartige Gelächter seines Todfeindes durch seinen Schädel.
    Gleichzeitig erschien auch das verunstaltete Gesicht des wahnsinnigen Genies vor seinem geistigen Auge. Doch er schenkte ihm weiter keine Beachtung.
    Zamorra wollte vergessen und schlafen. Zuviel sollte noch auf ihn einstürmen, und er dachte, dass dann immer noch genug Zeit wäre, sich auf das Unvermeidliche einzustellen.
    Er entspannte sich so gut es eben ging und versank in eine traumlose Schwärze…
    ***
    Wie ein dahinplätschernder Bach, an dessen Geräusche man sich längst gewöhnt hat, weil man direkt daneben lebt, so glitt das halblaute Murmeln an Zamorras Bewusstsein vorbei. Er war in einem Zustand zwischen Wachen und Schlafen und wusste nicht, ob das Gemurmel nur in seiner Vorstellung existierte oder ob es tatsächlich akustisch und real wahrnehmbar war.
    In das Murmeln, es waren vorwiegend Männerstimmen, mischte sich auch Gläserklirren und

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