004 - Anruf aus der Hölle
kriegen.«
»Und wie heißt der?« fragte ich neugierig.
»Marion da Costa«, antwortete Rosalind Conn, und mir war, als würde ich aus den Schuhen kippen.
***
Nina da Costa lag schlaflos im Bett. Vor einem halben Jahr hatte sie getrennte Schlafzimmer verlangt, und Marion hatte grinsend zugestimmt. »Glaubst du, daß dir das etwas nützt?« hatte er gesagt. »Du bist nach wie vor meine Frau, und es gibt eheliche Pflichten, die du erfüllen mußt, mein Engelchen. Wage ja nicht, deine Schlafzimmertür abzuschließen. Ich würde die Tür eintreten. Du kennst mich. Du weißt, daß ich in diesen Dingen keinen Spaß verstehe.«
Gott, was war nur aus ihrer Ehe geworden? Die Hölle!
Warum konnte sie nicht, wie andere Frauen, glücklich sein?
Es lag nicht an ihr, daß sie sich mit Marion so weit auseinandergelebt hatte. Er war schuld daran. Er und sein verrückter Hang zur Verherrlichung und Anbetung des Bösen.
Nina wußte, daß er schon an Schwarzen Messen teilgenommen hatte, und es gab im Haus einen Raum, den sie nicht betreten durfte. In letzter Zeit zog sich Marion immer häufiger dorthin zurück.
Manchmal vernahm sie aus diesem Raum ein unheimliches Seufzen und Stöhnen, daß es ihr kalte Schauer über den Rücken jagte.
Marion verkam moralisch mehr und mehr. Er wußte es, doch es erschreckte ihn nicht. Im Gegenteil, er schien diese Entwicklung zu begrüßen. Es war eine Talfahrt seiner Seele.
Nina hatte erst kürzlich mit dem Pfarrer darüber gesprochen, und dessen Miene war äußerst bedenklich gewesen. Er hatte versprochen, Marion aufzusuchen und mit ihm zu reden. Nina hatte ihn für Sonntag zum Tee eingeladen. Aber Sonntag war erst übermorgen. Sie spürte, daß ihr Mann etwas Schlimmes vorhatte.
Heute morgen, als er das Haus verließ, hatte er beinahe dämonisch gegrinst. Und jetzt war er immer noch nicht zu Hause.
Wumm!
Nina da Costa zuckte zusammen.
Die Haustür war ins Schloß gefallen. Schritte. Sie kamen die Stufen herauf. Es war Marion. Nina hatte Angst vor ihm. Er liebte sie nicht mehr. Sie glaubte eher, daß er sie haßte, daß er ihr den Tod wünschte.
Wenn er ihr Schlafzimmer betrat, würde sie sich schlafend stellen. Er sollte sie in Ruhe lassen, nicht auf Rechte pochen, die ihm nicht mehr zustanden. Er benahm sich nicht danach.
Die Schritte erreichten die Tür, verstummten. Nina hob den Kopf und wartete mit angehaltenem Atem. Marion stand draußen.
Vielleicht überlegte er, ob er hereinkommen sollte.
Tu’s nicht! dachte Nina. »Geh weiter«, flüsterte sie, während sie sich den Deckenrand an die Lippen drückte, damit er sie nicht hörte. Laß mir meinen Frieden…
Endlos lange blieb er vor der Tür stehen, aber er trat nicht ein. Sie veranlaßte ihn mit keiner Bewegung dazu. Wie erstarrt lag sie im Bett. Wenn sie sich bewegt hätte, hätte er es gehört und wäre wohl kaum draußen geblieben.
Endlich ging er weiter.
Aber er begab sich nicht in sein Schlafzimmer nebenan, sondern nach oben, in jenen geheimnisvollen Raum, den Nina noch nie betreten hatte. Sie richtete den Blick zur Decke. Marion schlurfte oben hin und her. Was machte er dort oben? Warum schloß er sich so häufig in diesem Raum ein? Und immer nachts! Zelebriert er etwa unter meinem Dach auch schon Schwarze Messen? fragte sich Nina da Costa, und ein Feuer der Entrüstung entflammte in ihr.
Wenn das der Fall war, mußte sie es dem Pfarrer sagen.
Dazu war es aber nötig, daß sie sich Gewißheit verschaffte.
Ihr schlotterten die Knie. Es gehörte viel Mut zu dem, was sie vorhatte. Wenn Marion sie dabei erwischte, wie sie ihn belauschte, würde er sie halb tot schlagen. Oder ganz tot.
Dennoch konnte sie nicht länger im Bett bleiben. Es drängte sie aus dem Schlafzimmer, hinauf zur nächsten Etage, hin zu jener stets verschlossenen Tür, zu der nur Marion einen Schlüssel hatte, den er stets sorgfältig verwahrte.
Nina da Costa verließ ihr Bett.
Sie fröstelte. Rasch schlüpfte sie in ihren Stepp-Morgenrock. Sie schloß die vielen Knöpfe, schob die nackten Füße in die weichen Pantoffel und schlich vorsichtig auf die Tür zu. Oben polterte Marion. Dann herrschte Stille im ganzen Haus.
Nina öffnete die Schlafzimmertür.
Behutsam zog sie sie auf.
Dunkelheit umgab sie, und sie hatte Angst vor der eigenen Courage, aber sie schloß die Tür nicht wieder und kehrte nicht ins Bett zurück. Sie mußte endlich wissen, was ihr Mann dort oben des Nachts trieb. Behutsam setzte sie ihren Fuß auf die erste Stufe. Sie
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