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004 - Geister im Moor

004 - Geister im Moor

Titel: 004 - Geister im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.R. Bruss
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undefinierbaren Duft ihrer schönen blonden Haare. Sie wandte leicht den Kopf, und dann lagen meine Lippen auf den ihren, und es folgte ein langer, wundervoller Kuss. Ich sagte leise: »Betty, ich möchte dir sagen, das ich dich liebe.«
    »Ich liebe dich auch, Jack. Vom ersten Tag an und vielleicht schon viel länger. Aber ich weiß noch nicht, ob ich dich lieben darf. Oh, es ist schrecklich, Jack!«
    Ich drückte sie fest an mich, begriff nicht, was sie meinte und stammelte ununterbrochen zärtliche Worte. Sie gab mir einen zweiten Kuss und löste sich dann brüsk aus meinen Armen.
    »Auf Wiedersehen, Jack. Ich weiß nicht, wann und ob wir uns Wiedersehen. Und dabei möchte ich es doch so gern!«
    Sie stieß das Tor auf, schloss von innen wieder zu und lief davon.
    Ich war völlig verwirrt, vor allem vor Glück, weil ich sie in meinen Armen gehalten hatte und weil sie mich auch liebte. Andererseits war ich aber auch aufs äußerste beunruhigt. Was hatte sie mit den geheimnisvollen Vorgängen in Guilclan zu tun? Was hatte sie gemeint, als sie sagte: »Es fängt wieder an..?«
    Jetzt hatte ich einen Grund mehr hier zu bleiben, trotz aller Warnungen: Betty. Ich hatte keine sonderliche Lust, sofort in die bedrückende Atmosphäre von Guilclan zurückzukehren, und so wanderte ich in einem großen Bogen um den Besitz der Salforth, ging über eine Wiese und gelangte schließlich auf das Plateau. Ich mied die Ruinen von Ludmar und begrüßte lieber Niklas Hoghe, den alten Schäfer. Ich war ganz froh, ein menschliches Wesen zu sehen, und setzte mich zu ihm auf einen Stein, um mich auszuruhen.
    »Es hat Zeichen gegeben«, sagte Niklas mit düsterer Stimme.
    »Was für Zeichen?«
    »Zeichen …«
    »Und was verkünden diese Zeichen?«
    »Unglück … Unheil, ohne Zweifel … Aber man spricht besser nicht davon. Es ist besser zu schweigen, wenn das wieder anfängt …«
    Natürlich bekam ich nichts weiter aus ihm heraus. Wir unterhielten uns noch über dieses und jenes, bis es für mich Zeit war, zu gehen. Es wurde dunkel, und es sah aus, als würde es auch bald wieder regnen. Ich hatte nicht die geringste Lust, nach Guilclan zurückzukehren, aber was blieb mir schon anderes übrig?
    Ich ging über das Plateau, und auf einmal war mir so unbehaglich zumute, das mir die Kehle eng wurde. Ich sah wieder den Erhängten vor mir, wie er an dem Strick baumelte, mit hervorquellenden Augen.
    Eine große Wolke zog über den Himmel, und dann wurde es auch schon finster. Ich konnte kaum noch die Umrisse der großen Steinblöcke erkennen, die überall auf dem Plateau verstreut waren und wie drohende Ungeheuer aussahen. Plötzlich bekam ich es mit der Angst zu tun und begann zu laufen. Außerdem fror ich und sehnte mich nach der Wärme und dem Licht des Hotels.
    Aber ich kam nicht weit. Als ich an einem Felsblock vorbeilief, der vage an einen riesigen Raubvogel erinnerte, stürzten sich zwei Gestalten auf mich. Ich wurde zu Boden geworfen und spürte, wie mir ein dickes Tuch, vermutlich ein Sack, über das Gesicht gezogen wurde. Kräftige Hände hielten mich an den Armen fest.
    Sie wollen mich umbringen, dachte ich halb betäubt, und mein Herz klopfte zum Zerspringen. »Ich sterbe als eines der Opfer ihrer verdammten Wahnsinnsidee.«
    Ich bin nicht feiger als andere auch, aber in diesem Augenblick bereute ich bitterlich, nicht in London geblieben zu sein. Hätte ich doch die Ideen zu meinem Roman allein in meinem Kopf gesucht anstatt in diesem gottverlassenen Nest.
    Meine Angreifer knöpften mit brutalen Händen meinen Regenmantel auf, dann meine Jacke. Sie rissen mir die Krawatte herunter und öffneten mein Hemd. Ich spürte die kalte Luft auf meiner nackten Brust. Durch den Sack, der mich fast erstickte, nahm ich ein Licht wahr, das drei – oder viermal aufblitzte, während ich mich vergeblich zu befreien versuchte. Ich fragte mich, welche besondere Todesart sie mir wohl angesichts der merkwürdigen Vorbehandlung zugedacht hatten, und der Schweiß lief mir über das Gesicht. Dann hörte ich ein Flüstern und konnte einige Worte verstehen: »… lassen wir ihn laufen …«
    Sie ließen mich ebenso unvermittelt los, wie sie mich überfallen hatten. So rasch wie möglich, stand ich auf. Ich zitterte vor Angst und vor Wut, aber niemand war zu sehen. Sie waren bereits in der Dunkelheit verschwunden.
    Was hatte dieser Überfall zu bedeuten? Hatte man mich mit jemand anders verwechselt? Wenn ich es recht bedachte, hatten sie sich gar keine Zeit

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