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004 - Kerry kauft London

004 - Kerry kauft London

Titel: 004 - Kerry kauft London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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sprechen.«
    »Ach, Sie meinen Herrn Kerry?!« Sie sah ihn mit einem mitleidigen Lächeln an. »Herr Kerry ist mindestens um zehn Jahre jünger als Sie«, sagte sie rücksichtslos. »Ein jüngerer Mann bekommt durch ein arbeitsreiches Leben oft graues Haar, genauso, wie eine sitzende Lebensweise einen älteren dick macht.«
    Herr Tack zeigte lachend seine Zähne, aber sein Lachen hatte nichts von natürlicher Heiterkeit.
    »Schon gut«, entgegnete er, indem er ihr die Hand reichte, »wir wollen uns nicht zanken - machen Sie Ihren Einfluß bei Herrn Kerry im günstigen Sinne geltend.«
    »Das hoffe ich«, entgegnete sie, »ich kann aber nicht einsehen, wie Ihnen damit gedient sein sollte.«
    Ehe ihm eine passende Antwort einfiel, war er auf der Straße.
    Die Oxford Street und insbesondere die Tuch-und Wollwarengeschäfte in dieser Straße waren völlig ratlos, da sie zwischen dem Warenhaus Goulding und Tack & Brighten lagen. Man war sich darüber einig, daß Tack, wie die Firma in der Tuchbranche hieß, gegen den Andrang und das Geschiebe bei seinem mächtigen Nachbarn nicht ankämpfen konnte. Augenscheinlich tat King Kerry nichts Besonderes, um das Geschäft zu heben. Er hatte einige der älteren Aufsichtspersonen entlassen und einen neuen Geschäftsführer eingestellt, aber es deutete nichts darauf hin, daß er sich in einen Kampf mit der Konkurrenz einlassen wollte, die ihn, im eigentlichen und im bildlichen Sinne, umgab.
    Gouldings Forderung war durchgesickert, und Sachverständige erklärten sie für genau fünfunddreißig Prozent höher, als das Geschäft wert war; aber was hatte Kerry vor?
    Dieser begnügte sich anscheinend damit, von einer Branche in die andere zu flitzen. Er kaufte in einer Woche die bekannte Konditorei Tabards, das Geschäft der Regent Traveller Company und den berühmten Transome, dessen Kunsterzeugnisse in der ganzen Welt bekannt sind.
    »Was hat er vor?« fragte ganz Westend, und da die Leute nichts fanden, was sie begreifen oder mit ihrem eigenen Maßstab messen konnten, kamen sie zu der Überzeugung, daß Kerry dem Ruin zusteuere. Einige behaupteten auch, der »große Aufkäufer« habe die Grundbesitzer ins Vertrauen gezogen; aber das war sehr zweifelhaft. Der Herzog von Pallan machte allerdings in seiner kürzlich erschienenen Autobiographie eine flüchtige Andeutung, die so ausgelegt werden könnte; sie ist aber nicht sehr klar. Der Herzog führte aus:
    Die Frage des Verkaufs meines Grundbesitzes in der Nähe der Regency, Colemaker und Tollorton Streets wurde durch ein Übereinkommen mit meinem Freund King Kerry befriedigend gelöst. Ich hielt es in diesen Tagen, da eine wilde, verbrecherische Wahlagitation …
    Das Weitere ist rein politisch. Aber diese Stelle deutet doch die Tatsache an, daß King Kerry, mag er nun das Land gekauft haben oder mag er mit den Grundbaronen ein Arbeitsabkommen getroffen haben, jedenfalls zu einer gewissen Zeit wegen des Ankaufs Verhandlungen angeknüpft hatte. Die interessierten Kreise scheuten keine Mühe, hinter die Ziele des »L-Trusts« zu kommen.
    So wurde Else eines Abends auf dem Weg zu ihrer Wohnung in Chelsea von einem gutgekleideten Fremden angesprochen, der ihr ohne irgendwelche Einleitung für Mitteilungen über die Kaufabsichten des Trusts fünftausend Pfund bot. Ihr erster Gedanke war, weiterzugehen, ihr zweiter, zornig zu werden, ihr dritter und endgültiger: eine Antwort zu geben.
    »Sie können Ihrem Auftraggeber sagen, daß es zwecklos ist, mir Geld zu bieten, weil ich von Herrn King Kerrys Absichten und Plänen nicht die geringste Kenntnis habe.« Dann setzte sie ärgerlich ihren Weg fort.
    Als sie dem Millionär am nächsten Morgen von diesem Ansinnen erzählte, lachte er belustigt und sagte: »Der Mann hieß Gleber und ist Hermann Zeberlieffs Privatdetektiv; er wird Sie nie mehr belästigen.«
    »Woher wissen Sie denn das?« fragte sie verwundert. Er überraschte sie immer wieder mit den seltsamsten Auskünften. Es war einer seiner beliebtesten Scherze, daß er ganz genau wisse, was seine Feinde zu Mittag gegessen hätten, sich aber nie darauf besinnen könne, wo er seine Handschuhe gelassen habe.
    »Sie gehen niemals ohne Schutz nach Hause«, gab er zur Antwort. »Einer meiner Leute ist Ihnen gefolgt und hat Sie beobachtet.«
    Einen Augenblick schwieg sie, dann fragte sie ihn: »Kann Zeberlieff Sie nicht leiden?«
    Kerry nickte langsam; sein Gesicht nahm einen gequälten Ausdruck an. Leise sagte er: »Er haßt mich … und ich …

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