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004 - Kerry kauft London

004 - Kerry kauft London

Titel: 004 - Kerry kauft London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Bestes zum halben Preis. Sie haben sechzig Prozent daran verdient; er verliert vielleicht am Tag mal in einer Stunde fünf Prozent, verkauft aber im Durchschnitt das Doppelte. Ich kann nur jedem der Anwesenden einen Rat geben«, sprach er mit größtem Nachdruck und mit dem Selbstbewußtsein eines Mannes, der weiß, daß ihm alle zuhören: »Wenn King Kerry Ihnen Geld für Ihr Geschäft geboten hat, so gehen Sie morgen früh hin und nehmen Sie, was er Ihnen bietet. Denn wenn das noch länger so weitergeht, dann treten wir zwischen der Oxford Street und dem Konkursgericht eine Rinne in den Bürgersteig.«
    »Ich sage: kämpfen!« fiel Leete ein. »Wir können es ebenso lange aushalten wie er. Meinen Sie nicht auch, Zeberlieff ?«
    »Ich bin jedenfalls nicht dieser Ansicht«, entgegnete Hermann kurz. »Sie kennen meine Meinung: Er kann es aushalten, bis Sie alle Ihre Lager völlig geräumt haben. Es gibt vielleicht ein Dutzend Möglichkeiten, den großen › L-Trust ‹ kaputtzumachen, aber Leetes Vorschlag gehört nicht dazu. Ich meine, Sie sollten ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen.«
    »Was heißt das?« rief ein Dutzend Stimmen.
    »Unterbieten«, war die ruhige Entgegnung, die von allen Seiten mit einem höhnischen Gelächter beantwortet wurde.
    »Unterbieten«, wiederholte Zeberlieff. »Ich versichere Ihnen, ich habe alle meine Sinne beisammen. Bilden Sie einen Ring und unterbieten Sie ihn. Es wird Ihnen viel leichter fallen, als Sie glauben.«
    »Und unsere Aktionäre?« fragte einer. »Wie sollen wir denen am Ende des Halbjahres klarmachen, daß wir statt eines Überschusses ein Defizit haben und daß wir wahrscheinlich Obligationen werden ausgeben müssen! Glauben Sie, die Aktionäre werden das ruhig hinnehmen?«
    »Nein - nein - nein!« erscholl es zustimmend von allen Seiten.
    »Die müssen ohnehin schon allerlei in Kauf nehmen«, sagte Hermann lächelnd. »Wenn ich die Sache als gänzlich Unbeteiligter betrachte, so kann ich wirklich nicht einsehen, wie die Aktionäre überhaupt irgendeine Dividende bekommen sollen. Der Vorschlag, den ich Ihnen machen wollte, als Sie mich unterbrachen …«
    Totenstille herrschte plötzlich im Raum, und Hermann Zeberlieff drehte sich um, um eine Erklärung dafür zu finden.
    King Kerry stand in der Tür und suchte anscheinend jemand. Endlich hatte er ihn gefunden. Es war der weißbärtige Modelson, der allein am Kamin stand, den Kopf auf den Arm gestützt, niedergeschlagen und bekümmert.
    Der Millionär schritt durch das Zimmer, kaum daß er die anderen ansah, und trat zu dem alten Herrn. »Ich suche Sie, Herr Modelson«, sagte er freundlich.
    Der alte Herr sah ihn mit einem rührenden Versuch zu lächeln an.
    »Das fürchte ich«, entgegnete er, als wolle er etwas abwehren.
    Es war allgemein bekannt, daß der alte Modelson der erste gewesen war, der die Fahne der Empörung gegen das Übergreifen des großen »L-Trusts« auf das geheiligte Gebiet der Oxford Street aufgepflanzt hatte. Sein Geschäft lag an der nächsten Ecke hinter Goulding. Schon lange vor Kerrys Auftreten war es mit seiner Firma abwärts gegangen. Sie hatte aber so lange bestanden, und ihr Ruf war so ausgezeichnet, daß es selbstverständlich war, daß der alte Modelson zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats des Konzerns gewählt wurde.
    Leete hatte die Klugheit dieser Wahl erkannt. Sein Geschäft stand am wackligsten von allen, und sein Konkurs, der, wie jedermann wußte, nur hinausgeschoben worden war, mußte den Kredit des Konzerns aufs schwerste erschüttern. Fallieren mußte er, und von denen, an die er sich um Unterstützung gewandt hatte, konnte ihm keiner helfen.
    Modelson hatte einen sogar nach der allgemeinen Ansicht seiner Freunde übermäßig hohen Preis gefordert, und Kerry hatte ihm die Hälfte geboten. Jetzt schien es den Anwesenden, daß der alte Herr klein beigeben und nehmen würde, was er bekommen konnte, um seinen guten Namen zu retten.
    Manche der Anwesenden hofften stark, er würde Kerrys Bedingungen akzeptieren, denn der Konkurs mußte dem alten Herrn das Herz brechen.
    Das Gespräch mit Modelson war beendet. Nach einer Weile reichte ihm Kerry die Hand und entfernte sich. Der alte Herr blieb erhobenen Hauptes zurück, die Schultern zurückgeworfen und etwas wie ein Lächeln auf dem Gesicht.
    Sie hätten ihn gern nach dem Ergebnis der Besprechung gefragt, aber er war der älteste von ihnen allen und hatte bezüglich dessen, was Herkommen und Brauch war, sehr starre Ansichten. Er

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