004 - Magie der Liebe
persönliche Hölle der schreckliche Anblick war, der ihn hier erwartete. Arian stand mit nackten Füßen und ohne Mantel am Rande des Daches. Wite Lizes zerbrechlicher alter Körper war das Einzige, was die zitternde junge Frau vor dem eisigen Wind abschirmte.
Unbändige Wut wallte in ihm auf, und er hätte am liebsten laut gebrüllt. Er wollte über das Dach rennen, seine Frau aus Wite Lizes dürren Armen reißen und den alten Narren bis zur Besinnungslosigkeit prügeln. Doch der Revolver, der mit tödlicher Absicht an Arians Kiefer gepresst wurde, ließ Tristan zur Salzsäule erstarren.
Wite Lize bedeutete ihm mit einer Handbewegung, näher zu kommen. Tristan wusste, dass seine Rufe im Heulen des Windes untergehen würden, wenn er widersprach. Daher ging er gehorsam vorwärts, bis er den panischen Ausdruck in Arians Augen und die pulsierende Ader unter der zarten Haut ihres Halses erkennen konnte.
Als sie sich vergeblich bemühte, ein tapferes Lächeln für ihn abzuringen, glaubte Tristan zunächst, dass er zum ersten Mal seit seiner Kindheit wieder Tränen vergießen würde. Doch glücklicherweise hielt ihn Wite Lizes Stimme davon ab.
„Hast du mitgebracht, was ich von dir verlangt habe?" rief der alte Mann mit erstaunlich kräftiger Stimme, die er zweifellos seiner Theatererfahrung zu verdanken hatte. Er trug ein bodenlanges weißes Gewand, das hinter ihm im Wind flatterte.
Offensichtlich wollte er wie Merlin der Zauberer aussehen, Tristan zog den Hexenmeister aus seiner Tasche und hielt ihn in die Höhe. Einen Augenblick lang war er versucht, die Magie des Amuletts gegen den Zauberer zu benutzen.
„Denk gar nicht erst daran, irgendetwas Törichtes zu versuchen", warnte ihn Lize, der seinen Griff um Arians Taille verstärkte. „Ich kann diesen Abzug schneller betätigen, als du auch nur "Abrakadabra' denken kannst."
Tristan hätte es beinahe trotzdem gewagt, aber ihm wurde plötzlich bewusst, dass Arian die Einzige war, die den Hexenmeister richtig bedienen konnte. Er durfte ihr Leben nicht riskieren, indem er sich womöglich in eine Ziege verwandelte oder zwei weiße Tauben erscheinen ließ.
„Du darfst es ihm nicht geben!" rief Arian verzweifelt. „Er wird dich zerstören, wenn du es tust. Er wird uns alle töten. Er ist ein noch größerer Schurke als sein Sohn."
„Vielen Dank, mein Kind", erwiderte Lize mit einem selbstzufriedenen Lächeln. „Du schmeichelst mir."
Gutes Mädchen, dachte Tristan. Sie packte den alten Mann bei seiner Eitelkeit und brachte ihn zum Reden, was ihnen etwas mehr Zeit verschaffte. Kostbare Zeit, in der Sven an seinem Sicherheitsseil über den Rand des Daches klettern konnte. Sven, dessen Kiefer schmerzte und der Wite Lize unbedingt eine Abreibung verpassen wollte, nachdem der alte Mann ihn mit dem Revolver bewusstlos geschlagen hatte.
Vielleicht würde bis dahin sogar das Spezialkommando der New Yorker Polizei eintreffen, die wegen der schlechten Wetterverhältnisse erst später am Lennox Tower ankommen würden.
Daher war es lebenswichtig, dass er den alten Mann ablenkte. Tristan warf dem Zauberer einen gespielt ungläubigen Blick zu. „Ach, glaub doch nicht alles, was der senile alte Narr von sich gibt, Arian. Es war Arthur, nicht Lize, der sich diesen teuflischen Plan ausgedacht hat."
Lize wirkte empört. „Keineswegs, junger Mann! Es war meine Idee, dass Arthur sich zunächst mit dir anfreundete.
Nun, es stellte natürlich keine große Herausforderung für ihn dar. Du warst so begierig nach jedem bisschen Zuneigung, das wir dir entgegengebracht haben."
Tristan stellte fest, dass die Wahrheit nicht mehr schmerzte. „Dann nehme ich an, dass es auch deine Idee war, mich zu ermorden."
„Natürlich! Dann hat Arthur es jedoch vermasselt, der dumme Junge. Ich sagte ihm: ,Warte, bis er schläft, schlage ihm irgendeinen schweren Gegenstand über den Schädel, und ersticke ihn danach mit einem Kissen.' Aber nein! Er musste natürlich wieder den Helden spielen und die Vorstellung mit dem Messer abziehen. Der Junge hat einfach keinen Respekt vor älteren Leuten, die mehr Lebenserfahrung besitzen als er."
Tristan schüttelte verwirrt den Kopf. All die Jahre hatte er sich die Schuld dafür gegeben, dass sich sein Freund schließlich gegen ihn gewandt hatte. Schließlich hatte Tristans Ehrgeiz dafür gesorgt, dass sie das verdammte Programm überhaupt entwickelt hatten. Doch nun wurde ihm bewusst, dass Arthur von Anfang an ein schlechter Mensch gewesen war. Arian
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