0041 - Das Amulett des Sonnengottes
konzentrierte mich. Aus welcher Richtung war Suko gekommen?
Die Tiefgarage war verwinkelt. Zahlreiche Stützpfeiler verdeckten die Sicht. Trotzdem entschied ich mich nach einigen Minuten für eine bestimmte Richtung. Ich stieg aus und ging los.
In einer dunklen Ecke waren alte Reifen gestapelt. Putzlappen lagen herum. Ein ideales Versteck.
Ich sah mich nach allen Seiten um. Es war niemand in der Nähe. Lautlos räumte ich das Gerümpel zur Seite.
Dabei war ich so in meine Arbeit vertieft, daß ich erst im letzten Moment die wuchtige Gestalt neben mir entdeckte. Er war lautlos aufgetaucht.
Suko!
Mit einem gellenden Aufschrei schlug er nach mir.
***
Der Mann saß äußerlich völlig entspannt in einem Sessel, die Augen halb geschlossen, den Blick auf die leuchtende Scheibe gerichtet. Niemand hatte geahnt, was in diesen Minuten in seinem Geist vor sich ging.
Er arbeitete wie ein Computer, der die verschiedensten Ereignisse gleichzeitig überwacht.
Über dem Altar schwebte das Amulett des Sonnengottes, größer als die von ihm verteilten magischen Scheiben. Es strahlte in sämtlichen Farben des Regenbogens, doch ein Zuschauer hätte nichts Schönes daran entdeckt. Er hatte sich schaudernd abgewandt vor der bösen Macht, die von dieser Scheibe ausstrahlte.
Zwischen dem Amulett und dem Mann gab es eine unsichtbare Verbindung. Das Amulett verlieh dem Menschen ungeahnte Fähigkeiten. Umgekehrt befreite der menschliche Geist erst die in dem Amulett schlummernden Kräfte.
Über diesen Altar hielt der Mann ständig Kontakt zu allen Personen, die er in seine Abhängigkeit gebracht hatte. In gewisser Weise konnte man den Altar mit einer hypermodernen Schaltzentrale vergleichen, auch wenn es ein ganz anderes Prinzip war. Hier herrschten die Mächte der Finsternis.
Ein gewöhnlicher Mensch hätte nicht ein volles Dutzend anderer Menschen ununterbrochen überwachen können. Dieser Mann jedoch ging sogar noch weiter. Er lenkte die Abhängigen wie Zombies, seelenlose Körper, die auf seine geistigen Befehle ansprachen wie Automaten auf einen Funkbefehl. Er sah und hörte auch alles, was sich in der Nähe der Abhängigen abspielte. Nur das Amulett gab ihm die Fähigkeit, das alles zu trennen.
Der Unbekannte hatte keine Ahnung, daß John Sinclair Verdacht geschöpft hatte und in Jane Collins’ Wohnung eingedrungen war. Er wußte auch nichts davon, daß Sinclair die Tiefgarage durchsuchte.
Als er jedoch seinen Abhängigen Suko verfolgte und durch seine Augen die Tiefgarage überblickte, erkannte er die Gefahr. Wenn Sinclair das Amulett entdeckte, gab es Schwierigkeiten. Dieser Oberinspektor von Scotland Yard war der einzige ernst zu nehmende Gegner, der die hochfliegenden Pläne des Mannes stören konnte.
In Suko hatte er jedoch eine perfekte Waffe. Dieser riesige Chinese, der sonst keiner Fliege etwas zu Leide tat und mit allen Kindern gut Freund war, ließ sich in einen Hörigen verwandeln.
Das Amulett des Sonnengottes flammte auf, als der Mann den Mordbefehl erteilte.
Befriedigt verfolgte der Mann, wie sich der Chinese auf seinen Freund stürzte.
***
Ein Schlag von Sukos Fäusten hätte genügt, und Dr. Atchison hätte sich mit mir beruflich beschäftigen müssen. Ich durfte keinen einzigen Treffer einstecken!
Als Suko zuschlug, ließ ich mich auf den rauhen Betonboden fallen und rollte mich herum. Mit einer Beinschere fällte ich den Hünen.
Ich hatte die Wahl. Entweder schlug ich Suko bewußtlos und riskierte, ihn dabei zu verletzen. Oder ich mußte ihn von dem unheilvollen Zwang befreien.
Bevor er wieder auf den Beinen war, zerrte ich mein silbernes Kreuz unter dem Hemd hervor. Er starrte mich aus kalten, nicht menschlichen Augen an. Ich lag noch auf dem Boden, während er aufrecht vor mir stand, einem gewaltigen Bären gleich, der sich jeden Moment auf mich stürzen konnte.
Er tat einen Schritt auf mich zu. Schon zog ich die Beine an, um ihn von mir zu stoßen, als er schwankend zurückwich.
Das geweihte Kreuz wirkte. Er konnte mich nicht mehr mit bloßen Händen angreifen.
Schon wollte ich aufatmen, als sich Suko umwandte und suchend um sich blickte. Er lachte kehlig auf, als er die alten Autoreifen erblickte. Im nächsten Moment riß er mit einer Hand einen Reifen an sich und schleuderte ihn nach mir, als wäre er ein Kinderball.
Ich konnte nicht rechtzeitig ausweichen. Der Reifen rammte mich flach auf den Asphalt. Und dann kam schon der zweite, verfehlte mein Gesicht nur um Haaresbreite und knallte
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