0041 - Unser falscher Taxi-Chauffeur
Los Angeles in Zelle zwei!«
Er stellte die Verbindung her, drückte einen Knopf nieder und wählte schon die nächste Nummer, die ihm einer der Wartenden vor dem Schalter zugerufen hatte. So ging es pausenlos. Ich tat, als stellte ich mich hinten an die Schlange an, um ebenfalls ein Gespräch anzumelden. In Wirklichkeit interessierte ich mich natürlich nur für die Leute.
Langsam ließ ich meine Blicke Über die wartende Menge schweifen. Es waren vorwiegend ärmere Leute, denn reichere Mitbürger haben auch einen eigenen Telefonanschluß und sind nicht auf die öffentlichen Fernsprechzellen angewiesen. Seitlich links von mir stand ein etwa vierzigjähriger Mann, der stur auf seiner Stelle stehenblieb. Er machte keine Anstalten, an den Schalter heranzurücken. Sollte das etwa der Erpresser sein? Ich versuchte, ein Stück vorwärts zu kommen, und musterte ihn unauffällig. Sein Gesicht war von gesunder Hautfarbe. Er schien oft in der frischen Luft zu tun haben.
Ein Stück weiter rechts stand noch einer, der sich nicht vom Fleck regte. Auch dieser Mann konnte es sein. Ich sah ein, daß wir so nicht weiterkamen und löste mich langsam aus der Menschenmenge. In der Mitte der Halle traf ich auf Phil, der die gleiche Erfahrung gemacht zu haben schien, denn er zuckte die Achseln und sagte: »So kommen wir nicht weiter.«
»Stimmt, Phil. Warten wir mal ab, wie das mit der Auszahlung der Renten vor sich geht. Mal sehen, wie sich Carson und Zero anstellen, wenn sie den verlangten Umschlag fertigmachen.«
Wir zogen uns in eine unübersichtliche Ecke zurück, von wo aus wir den Rentenschalter im Auge behalten konnten. Kurz vor zehn Uhr versammelten sich bereits die ersten Kriegsversehrten.
Dann wurde der Schalter geöffnet. Ein kleines Männchen mit Scheitelglatze und einem dürren Bürokratengesicht schob das Schalterfenster auf. Bevor er seine Tätigkeit aufnahm, streifte er sich erst noch graue Ärmelschoner über seine Unterarme, um das Jackett zu schonen. Er sah aus wie eine Karikatur, und es hätte mich nicht gewundert, wenn er in steifem Kragen, wie um die Jahrhundertwende, erschienen wäre.
Die Auszahlung der Renten selbst ging ziemlich reibungslos vonstatten. Die Versehrten traten einzeln an den Schalter heran, zeigten ihren Rentenausweis, unterschrieben eine vorbereitete Quittung und bekamen daraufhin das Geld auf den Schaltertisch gezählt. Es ging alles sehr flott und reibungslos. Von einem Erpresser war weit und breit nichts zu sehen, das heißt: Praktisch konnte jeder und keiner der Erpresser sein.
»Unser Mann ist sehr geschickt«, murmelte Phil. »Auf diese Art kommen wir ihm nicht auf die Spur. Er gibt sich keine Blöße.«
»Wenn er überhaupt da ist«, warf ich ein.
Im selben Augenblick stieß ich Phil mit dem Ellenbogen an. Ein Versehrter stand ungefähr fünfzehn Schritte von uns entfernt. Da er mit dem Gesicht zu uns stand, konnten wir ihn gut beobachten. Er nahm einen Umschlag. Das Kuvert klebte er zu, und wir konnten sehen, wie er es beim Verlassen des Postamtes in den großen Briefkasten neben der Tür warf.
»Sieht nach einem neuen Opfer aus«, brummte Phil.
Von dieser Sekunde an behielten wir die Augen mit besonderer Aufmerksamkeit offen. Das Schauspiel von eben wiederholte sich noch viermal. Außer Tom Zero, der die Sache geschickter anfing. Wir beobachteten, daß er am Schalter von dem Auszahlungsbeamten einen Geldschein in einen Umschlag und diesen in seine rechte Rocktasche schieben ließ. Am Ausgang blieb er dann stehen und sprach einen der Passanten an. Zero hatte ja beide Arme verloren und konnte praktisch nichts selber tun. Der Angesprochene griff auf Zeros Geheiß in dessen linke Rocktasche und zog einen Umschlag heraus, den er in den Briefkasten gleiten ließ. Zero nickte dankend und verschwand. Er hatte also zwei Umschläge mitgebracht und einen in den Briefkasten werfen lassen, der nicht das Geld enthalten konnte, das ihm der Schalterbeamte in den anderen Umschlag geschoben hatte. Gar nicht dumm. Mit Zero waren es nun fünf Mann gewesen, die sofort nach der Rentenzahlung einen Umschlag in den Briefkasten geworfen hatten. Vier davon waren mit Geldscheinen gefüllt worden, wie wir selbst gesehen hatten. Wenn man annahm, daß einige weitere den Umschlag nicht in der Öffentlichkeit fertigmachen wollten, dann dürfte man damit rechnen, daß der Erpresser ein ganz nettes Sümmchen erhalten würde.
Mir stieg die Wut in die Kehle. Es gibt kaum ein Geschäft, das mir schmutziger
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