0042 - Der Totenbeschwörer
Magier!
***
»Großvater, Großvater!«
Auf halbem Weg hörten wir wieder die Stimmen des Jungen. Wir jagten noch schneller die Stufen hinunter. Ich an der Spitze. Drei, vier Stufen nahm ich auf einmal. Bill folgte mir, während Lester Hanson den Schluß bildete. Er war nicht so durchtrainiert wie wir, die wir oft an vorderster Front standen.
Ich erreichte des Ausgang und stürmte nach draußen.
Der kleine Gaylord stand vor der Außentreppe und schaute schräg nach links.
Ich faßte den Jungen an der Schulter und drehte ihn herum. »Was ist mit deinem Großvater, Gaylord?«
»Ich habe ihn gesehen!«
»Wo?«
»Am Wald, bei den Bäumen, dicht am Friedhof.«
Ich schaute ebenfalls in die angegebene Richtung, sah aber niemanden. Dann hörten wir hinter uns eine Jungenstimme.
Michael, Lester Hansons zweiter Sohn, stand in der offenen Tür. Er war etwas älter als sein Bruder, und auf seinem Gesicht zeichnete sich der Schrecken ab.
Lester lief die Stufen hoch. »Was ist geschehen?« fragte er.
Michael begann zu weinen. »Dad, ich…« Er warf sich in die Arme seines Vaters, und Lester strich dem Jungen über das lockige Blondhaar.
»Sei ganz ruhig, Michael, ich bin jetzt bei dir. Es geschieht dir nichts.«
Der Junge nickte unter Tränen. »Aber Dad. Du – du hast doch gesagt, daß Grandpa tot wäre.«
»Das ist er auch, mein Junge.«
»Aber vorhin habe ich ihn gesehen!«
Wir zuckten zusammen. Mit wenigen Schritten stand ich neben Vater und Sohn.
»Wo hast du ihn gesehen, Michael?« fragte ich den Jungen.
Er schaute mich aus großen, verweinten Augen an. »Ich – ich war im Keller. Habe gespielt. Da hörte ich, wie die Tür ging. Ich dachte, es wäre Ma oder Dad. Ich schaute nach, und da sah ich ihn.«
»Wo war er?« drängte ich.
»Im Haus.«
Lester Hanson wollte loslaufen, doch ich hielt ihn fest. »Okay, er war also im Haus, Michael. Aber euer Haus ist groß. Kannst du mir sagen, wo er hingegangen ist?«
»Er ging die Kellertreppe hoch. Ich hatte solch eine Angst. Er sah so komisch aus. Er hatte den Mund und auch die Augen offen. Und er hat geblutet, glaube ich.«
»Danke.«
Bill stieß mich an. »Entgegengekommen ist er uns nicht«, sagte er. »Er müßte also noch…«
Ich boxte Bill vor die Brust. »Natürlich, der ist zu Jill gegangen. Während wir nach unten gelaufen sind, ist er durch den Keller hereingeschlichen und…«
Ich brauchte nichts mehr zu sagen, denn wir erhielten sehr rasch die Bestätigung meiner Theorie.
Jills Schrei zerriß die Stille des Hauses!
***
Elisa Hanson war völlig perplex. Sie hatte tatsächlich damit gerechnet, ihrem Schwiegervater gegenüberzustehen, obwohl dieser im Grab gelegen hatte. Doch nun sah sie sich enttäuscht.
Ein Unbekannter starrte sie an.
Er war gar nicht mal so groß. Von seinem Gesicht konnte Elisa kaum etwas erkennen, weil es von der breiten Krempe eines Schlapphutes zur Hälfte überschattet wurde. Augen und Nase lagen im Dunkeln. Elisa glaubte jedoch, dicht unter dem Schatten der Krempe grüne Haut schimmern zu sehen.
Der Unheimliche trug einen dunklen Überwurf, der bis zum Boden reichte. In der rechten Hand hielt er einen Stab. Er war etwa so lang wie ein Männerunterarm, und als er den Stab jetzt anhob, sah die Frau, daß er ausgehöhlt war.
»Wer – wer sind Sie?« krächzte Elisa Hanson.
Der Unheimliche lachte. »Mein Name tut nichts zur Sache. Ich bin hier, weil ich Diener brauche.«
Seine Stimme klang zischend, wie das rasselnde Geräusch einer angriffslustigen Klapperschlange.
Normalerweise wäre Elisa vor Grauen vergangen, doch diesmal stand sie dem Unbekannten ruhig gegenüber. Sie fühlte nicht einmal Angst, nur Neugierde.
»Was soll ich tun?« fragte sie.
»Ich habe alles vorbereitet«, antwortete Myxin, der Magier. »Ich habe die Totenbeschwörungen durchgeführt, so daß die Leichen in den Gräbern von der magischen Kraft meiner Worte getroffen worden sind. Wenn es dunkel ist und die Zeit auf Mitternacht zugeht, wirst du zum Friedhof kommen und mir helfen. Denn ich brauche dich als Medium. Mit deiner Tochter habe ich es versucht, doch der Nachzehrer war nicht mehr zu halten. Ich habe seine Gier unterschätzt. Er ist aus dem Grab gekommen, um andere nachzuholen. Ich habe ihn gehen lassen, da größere Aufgaben warten. Bist du bereit, mich zu unterstützen?«
»Ja.«
»Gut, dann komm mit mir.«
Die Frau zögerte noch. »Wer bist du? Darf ich deinen Namen nicht erfahren?«
»Das ist unnötig. Es reicht, wenn du
Weitere Kostenlose Bücher