0042 - Der Totenbeschwörer
Bill.
»Wahrscheinlich.«
»Und wie willst du ihn bekämpfen?«
»Darüber denke ich jetzt noch nicht nach«, erwiderte ich. »Irgendeine Lösung wird uns schon einfallen.«
Lester Hanson kam zurück. Er hielt ein paar Stricke bereit. Ich nahm sie ihm aus den Händen, prüfte die Festigkeit und nickte zufrieden. »Ja, das müßte gehen.«
Bill half mir dabei, das bewußtlose Mädchen zu fesseln. Ich legte die Stricke so an, daß sie zwar fest saßen, aber nicht schmerzten. Um sich jetzt zu befreien, hätte Jill schon eine Entfesselungskünstlerin sein müssen.
»Und was mache ich, wenn sie erwacht?« fragte Hanson. »Was sage ich meiner Frau?«
Ich beruhigte ihn. »Das werden wir übernehmen.«
Lester Hanson hatte die Tür nicht geschlossen, deshalb hörten wir die Stimme des kleinen Gaylord sehr deutlich.
»Dad!« rief er. »Dad, komm schnell. Rasch, beeil dich, Großvater – er, er ist hier!«
Wir starrten uns an. Eine Gänsehaut lief über Hansons Körper. Dann aber rannten, wir los…
***
Elisa Hanson war dem Gaststättenehepaar noch etwas zur Hand gegangen. Sie hatte in der Küche geholfen und Geschirr gespült.
Nach zweistündiger Arbeit ließ sie das Geschirrtuch sinken. Mit der linken Hand wischte sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Das reicht, Lena«, sagte sie zu der Wirtin. »Den Rest kann ja die Bedienung übernehmen. Ich muß wieder nach Hause, dort warten die Kinder auf mich.«
Die Wirtin hatte Verständnis. Sie bedankte sich noch einmal für die große Hilfe.
Als Elisa Hanson ihren Wollmantel überstreifte, fragte Lena: »Sag mal, was ist eigentlich mit eurer Jill los?«
Elisa knöpfte den Mantel zu. »Erinnere mich nicht daran«, sagte sie. »Es ist schon schlimm genug.«
»Ist sie krank?«
»Keine Ahnung, Lena!«
Die Wirtin ließ nicht locker. »Was sagt der Arzt? Die Leute im Ort sprechen auch schon über Jill.«
»Er kann kein körperliches Leiden feststellen. Angeblich ist Jill gesund.«
»Vielleicht solltest du den Doktor wechseln?«
Elisa Hanson nickte. »Wäre eine Möglichkeit. Aber wie gesagt, ein körperliches Leiden ist nicht festzustellen.«
»Und seelisch?«
»Wie meinst du das, Lena?«
»Vielleicht hat sie Liebeskummer. Das kommt bei diesen jungen Dingern schnell vor. Wir waren doch auch mal in dem Alter. Wenn ich daran denke, wie oft ich verliebt war.« Sie rang die Hände und verdrehte die Augen. »Ach du lieber Gott, da waren tolle Männer dabei. Und an wem bin ich hängengeblieben?«
Elisa winkte ab. »Hör auf, Lena, so toll waren die Männer auch nicht. Wir kennen uns lange genug. Sei froh, daß du so einen guten Mann wie Fred hast.«
»Nun ja«, wechselte Lena das Thema, »soll Fred dich nach Hause fahren?«
»Das wäre mir sehr lieb.«
»Dann sage ich ihm Bescheid.« Die Wirtin verließ die Küche, und Elisa folgte ihr.
Der Wirt spülte Gläser. Die Gaststätte hatte sich inzwischen weitgehend geleert.
Fred war einverstanden. »Natürlich fahre ich dich nach Hause, Elisa.«
»Ich übernehme so lange«, schlug Lena vor.
»Okay.«
Der Wirt fuhr einen Lieferwagen. Er transportierte darin seine Waren, die er vom Großmarkt einmal in der Woche holte. Elisa stieg in das Führerhaus, und der Wirt startete den Wagen.
Während der Fahrt sprachen sie über den Toten. »Ja, es ist schon schlimm, was mit dem guten Hank passiert ist«, meinte Fred. »Und dabei war er noch so jung.«
»Aber er war Polizist.«
Fred nickte. »Richtig, was du sagst, Elisa. Die Gangster werden immer brutaler. Ich bin nur froh, daß mein Sohn kein Polizist wird. Da hätte ich nur noch Angst.«
»Was macht er eigentlich?«
Das Gesicht des Wirtes begann zu strahlen. Stolz erzählte er: »Er studiert und will Tierarzt werden. Wenn er fertig ist, bekommt er seine Praxis hier in Gatway. Solche Leute sind gefragt, glaub mir.«
»Kann sein.«
Das Gespräch versickerte. Sie hatten das Dorf bereits verlassen und fuhren in Richtung Friedhof. In der noch klaren Winterluft grüßten die hohen Bäume. Doch bald würde die Dämmerung sie verschlucken.
Elisa dachte an ihren verstorbenen Schwiegervater. Sie hatte immer ein gutes Verhältnis zu ihm gehabt, und es hatte ihr sehr leid getan, als der alte Mann starb.
»Elisa?« Die Stimme durchbrach plötzlich ihre Gedanken.
»Ja.« Sie sprach das Wort aus, und der Wirt wandte überrascht den Kopf.
»Hast du etwas gesagt?«
Elisa lächelte. »Ich? Nein – wieso?«
»Du hast doch ja gesagt.«
»Eine Täuschung, Fred.«
Der Wirt
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