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0043 - Die Geister-Lady

0043 - Die Geister-Lady

Titel: 0043 - Die Geister-Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F. Morland
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drückte die Pelzmütze tiefer in die Stirn. Gleichzeitig hob er die Schultern. Der hart gefrorene Boden knirschte unter seinen Schritten. Er schaute sich um und entdeckte den entwurzelten Baum, von dem Tichon Sellnow gesprochen hatte. Das war Anja Plotkinowas Werk. Sie musste ungeheure Kräfte entwickeln, wenn man sie reizte.
    Über das von Unkraut verfilzte Grundstück ging ein gespenstisches Flüstern und Raunen. Instinktiv fühlte Zamorra, dass hier nicht alles in Ordnung war. Aber ohne sein Amulett vermochte er dem Gespenst nicht zu Leibe zu rücken. Er sollte sich wirklich angewöhnen, den silbernen Talisman auf allen seinen Reisen mitzunehmen. Gerade jetzt zeigte sich wieder, wie dringend er ihn gebraucht hätte.
    Ganz nahe trat er an den Pfeiler heran. Er legte die behandschuhten Hände an das rissige Mauerwerk und lauschte. Es war ihm, als hörte er jemanden atmen. Er fühlte ganz deutlich Anja Plotkinowas Nähe. Mit seinem Amulett hätte er sie zwingen können, aus dem Pfeiler herauszukommen. Mit dem silbernen Talisman hätte er ihren Rachegelüsten ein Ende bereiten können… Der letzte Plotkin – wo immer er sich heute herumtrieb – wäre gerettet gewesen.
    »Anja!«, sagte Zamorra eindringlich. »Anja Plotkinowa!«
    Im Pfeiler wurde das Atmen lauter.
    »Ich bin Zamorra. Frag den Teufel. Er kennt meinen Namen. Ich bin nicht deinetwegen nach Nowosibirsk gekommen. Eigentlich habe ich eine andere Aufgabe zu erledigen… Trotzdem bin ich hier, um dich herauszufordern! Ich will, dass du den Fluch von Tichon Sellnow und seiner Frau nimmst! Hörst du mich? Antworte mir, Anja Plotkinowa! Hörst du mich? Ich will, dass du das Ehepaar Sellnow in Ruhe lässt. Lass es genug sein mit den anderen beiden Toten.«
    Das Atmen wurde zu einem geisterhaften, aufgeregten Röcheln.
    »Wenn einem der beiden Sellnows ein Unglück zustoßen sollte, mache ich dich dafür verantwortlich, Anja!«, sagte Zamorra eiskalt.
    »Ich würde nach Frankreich reisen und mit meinem Amulett wiederkommen, um dich zu vernichten.«
    Anja versuchte sich ruhig zu verhalten. Aber der Professor ließ sich nicht täuschen. Er wusste, dass sie sich im Pfeiler befand. Doch so sehr er sie auch aus der Reserve zu locken versuchte, es gelang ihm nicht. Sie blieb in ihrem gemauerten Grab. Da half kein Drohen und kein Schimpfen. Da halfen nicht einmal die vielen Beschwörungsformeln, die Zamorra kannte. Anja Plotkinowa schien anscheinend zu merken, dass der Mann am Pfeiler nicht mit normalen Maßstäben zu messen war. Sie verzichtete darauf, über Zamorra herzufallen. Ihr Ziel war die Vernichtung des Plotkin-Geschlechts. Und sie wollte sich von Zamorra nicht davon abhalten lassen…
    ***
    Bill Fleming und Jessica Martin betraten am Abend desselben Tages jenen kleinen Pub, in dem sich Zamorra an zwei aufeinander folgenden Tagen mit Jack Frankenheimer, dem Agenten des Secret Service, getroffen hatte. Jessica war während der letzten vier Tage noch durchsichtiger geworden. Frank Martin, ihr Vater, hatte Bill gebeten, sie zu jenem Pub nahe der St. Paul’s Cathedral zu begleiten, denn Jessica hatte darauf gedrängt, Jack Frankenheimer zu treffen, um von ihm zu erfragen, wie es um ihre Sache im fernen Russland stand.
    Ein blonder Mann drehte sich um, als Jessica und Bill eintraten.
    Sein Blick huschte interessiert an dem Mädchen auf und ab. Als er dann aber sah, dass Bill die Fäuste ballte, verlor er jegliches Interesse an Jessica. Und das war gut so.
    Frankenheimer war noch nicht da. Bill Fleming suchte einen Tisch aus, von wo sie das ganze Lokal im Auge behalten konnten. Er bestellte Tee für sich und auch für das Mädchen. Während sie das warme Getränk schlürften, sprachen sie kein Wort. Bill holte seine Zigaretten aus dem Jackett. Er bot Jessica ein Stäbchen an. Sie rauchten.
    Und Fleming meinte: »Sie dürfen nicht resignieren, Jessica. Dazu ist noch kein Grund.«
    Das Mädchen warf ihm einen dankbaren Blick zu. Sie wusste, dass er es gut mit ihr meinte. Aber ihre Sorgen, die konnte er ihr mit schönen Worten nicht abnehmen.
    »Langsam wächst in mir die Überzeugung, dass Zamorra es nicht schaffen wird«, sagte sie ernst.
    »Das dürfen Sie nicht sagen, Jessica!«, erwiderte Bill kopfschüttelnd. »So leicht gibt Zamorra nicht auf. Die Sache ist erst dann verloren, wenn er ohne Ihren Semjon hier in London eintrifft.«
    »Sie bauen wohl sehr auf Ihren Freund.«
    »Ich baue ein zweites Empire State Building auf Zamorra«, sagte Bill überzeugt. »Es

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