0044 - Der Flammenteufel
unbeschreiblicher Windzug sie zum Verlöschen brachte.
»Fackeln an!«, schrie er ein drittes Mal. Und wieder wurden die Fackeln angezündet. Diesmal brach nicht dieser plötzliche Wirbel eines Luftzuges los.
Aber etwas anderes kam auf die Männer zu. Unkörperlich, aber so grell und heulend und unbekannt, dass alle erschraken.
Es war eine barsche, knarrende Stimme. »Fackeln aus!«, sagte die Stimme.
Sekundenlanges Schweigen. Dann wieder die Stimme: »Fackeln aus!«
»Lass den Quatsch!«, sagte der Polizist, der den Capitan geweckt hatte. Jetzt glaubte er, sein Kamerad habe sich versteckt und wolle ihnen nun einen Streich spielen.
»Nein!«, sagte die Stimme wieder, und was sie dann sagte, lähmte den junge Polizisten fast. Er fragte nämlich, was dieses »Nein« bedeutete.
»Es ist nicht wahr, was du denkst, Polizist Claudil. Ich bin nicht dein Kamerad. Dein Kamerad liegt unten in der Schlucht. Er ist tot.«
»Und warum?«, brüllte der Capitan los.
»Weil er sich meinem Befehl widersetzt hat«, sagte die Stimme.
»Er wollte das Feuer nicht ausmachen. Ich musste es anfassen mit meinen Händen und löschen. Und dein Mann liegt tot in der Schlucht.«
»Und wie kannst du verlangen, dass wir das Feuer hier oben ausmachen, wenn wir auf Wache sind?«, fragte Capitan Lorenzo.
»Weil ihr kein Feuer anzünden dürft, wo die Berge sind. Denn ich zünde an das Feuer, und ich lösche das Feuer, ganz allein.«
»Und wer führt ein so stolzes Wort, hier oben in den Bergen?«, fragte Lorenzo weiter.
»Der Geist, der dem Feuer gebietet«, war die Antwort. »Der Geist, den schon die Spanier fürchteten, deine Vorfahren, Capitan Lorenzo. Der Geist, der das Feuer nimmt und das Feuer gibt, wie es in seinem Willen ist. Nicht anders.«
»Unsinn!«, sagte Lorenzo, denn selbst die dämonische Art des Fremden hatte ihn noch nicht überzeugt.
»Sag mir deinen Namen, du Feuerspender«, sagte er grimmig.
»Den sollst du wissen, Lorenzo«, kam die Stimme. »Ich bin Fuego Bravo .«
Das war die erste Sekunde seines Lebens, in der Capitan Lorenzo an die Existenz von Dämonen glaubte.
***
Lorenzos Stolz ließ es nicht zu, sich der dämonischen Übermacht Fuego Bravos zu beugen. Gut, er hatte einen Mann verloren. Aber er glaubte, mit Hilfe seiner verbliebenen elf Polizisten die Erscheinung da vorn überwinden zu können.
Langsam trat er dem Feuerdämon entgegen. Er spürte, dass er seine Leute im Rücken hatte. Sie würden ihn decken.
Als er nahe genug an die Stelle gekommen war, wo das Wachfeuer gebrannt hatte, zeigte er auf die verkohlten Überreste am Boden. Ein paar nicht verbrannte Äste und Scheite waren noch darunter.
»Claudil«, rief er den, der ihn vorhin geweckt hatte. »Nimm dir noch einen Mann. Haltet eure Fackeln hierher und zündet das Lagerfeuer wieder an.«
Claudil, der junge Polizist, kam dem Befehl sofort nach. Er tippte einem seiner Kameraden auf die Schulter, und der folgte ihm.
Schritt für Schritt. Bis sie vor dem verlöschten Feuer standen. Sie senkten ihre Fackeln. Langsam, aber sicher, immer weiter nach unten.
Als die Fackeln das Holz am Boden schon fast berührten, ertönte die Stimme Fuego Bravos.
»Lorenzo!«, schrie er. »Du wirst den Mann verlieren, der Claudil heißt. Und den zweiten Mann wirst du auch verlieren. Nimm deine Männer zurück, oder du bist verantwortlich für ihren Tod!«
Lorenzo dachte nicht daran. Er gab diesen für ihn lächerlichen Befehl nicht. Er ließ die Männer das Wachfeuer entzünden.
Er hätte es nicht tun sollen.
Er konnte sich nicht erklären, wie diese einzelne Erscheinung vor ihm so blitzschnell, so hart, so vernichtend reagieren konnte.
Die Fackeln der beiden Polizisten fuhren in den kleinen Holzstoß, der sogleich lichterloh brannte. Im gleichen Augenblick fuhr Fuego Bravo heran, machte ein seltsames Zeichen über dem kleine Feuer – und im gleichen Augenblick stiegen die Flammen meterhoch an.
Der Dämon aber trat mitten in die feurige Glut, senkte die Arme – und als er sich zu voller Größe erhob, hatte er in jeder Hand eine tödliche Waffe. Es waren zwei Speere aus Feuer, zwei riesige Stichflammen, wie Blitze in der Hand eines Donnergottes!
Mit ungeheurer Wucht schleuderte der Dämon die Blitze den beiden Polizisten entgegen. Die Männer schrien auf, hielten sich die Hände vors Gesicht. Dann standen sie plötzlich in Flammen, wichen zurück, und die Wucht des Anpralls warf sie dem Abgrund entgegen.
Sie fielen auf die Knie, wollten sich
Weitere Kostenlose Bücher