0044 - Der Flammenteufel
längste Strom der Erde, sondern…«
»Nein?«, fragte Nicole überrascht. »Ich war ganz sicher, dass der Amazonas…«
»Keineswegs«, erklärte Zamorra. »Glaub nur nicht, dass ich dir einen Vortrag in Geographie halten möchte, Nicole. Nur soviel: der längste Strom der Erde ist der Nil, so seltsam das vielen Menschen vorkommen mag. Aber es gibt keinen Strom der Erde, dessen Zahlen sich faszinierender anhören als die des Amazonas.«
»Sag ein Beispiel, Chef.«
»Ich will dich nicht mit Zahlen langweilen, Nicole. Nur sagen uns diese Zahlen im Augenblick, wie schwierig es für uns ist, den Ort des Geschehens zu finden, den ich auf metahypnotische Weise erblicken durfte. Jedenfalls ist der Amazonas mehr als sechseinhalbtausend Kilometer lang.«
»Dann finden wir den Ort nie, Professor.«
»Das hoffe ich doch, Nicole. Denn wir werden bald wissen, an welchen Punkt der Erde wir uns wenden müssen. Sollten wir den ganzen Amazonas absuchen müssen, dann würde unsere Zeit natürlich nicht ausreichen. Es sind nämlich allein in Brasilien weit über dreieinhalbtausend Kilometer Flusslauf. Außerdem muss es nicht der große Amazonas selbst sein. Es kann sich um einen seiner Nebenflüsse handeln, und davon hat er die stattliche Zahl von fast dreihundert. Und davon sind wieder einige länger und wasserreicher als etwa unsere kleine Rhône und der Rhein und die Mosel zusammen. Und wenn ich dir sage, dass die Mündung des Amazonas nicht etwa zweihundertfünfzig Kilometer lang, sondern breit ist, dann kann ich dein Erstaunen nur noch dadurch erhöhen, indem ich sage, dass zwischen seinen Mündungsarmen eine Insel liegt, die größer ist als die Schweiz. Aber wir werden den Ort finden, wo die Berge brennen«, schloss Zamorra.
»Wieso bist du dir da so sicher?«, sagte Nicole Duval.
»Weil ich einen bestimmten Mann gesehen habe«, gab Zamorra zurück. »Ich habe ihn nicht erkennen können, ich meine, dass ich sein Gesicht nicht gesehen habe. Aber der Mann stand vor einem Hubschrauber. Und ich habe deutlich seine Hände sehen können. Sie hielten eine Zeitung.«
»Und was hat die Zeitung mit Ihrer Vermutung zu tun, dass wir den Ort des fürchterlichen Brandes finden werden?«
»Weil es eine Zeitung aus den USA war, mit einem Artikel über einen gewissen Professor Zamorra und seine ebenso kluge, hübsche und mutige Sekretärin, die auf den Namen Nicole Duval hört.«
»Nein!«, entfuhr es dem Mädchen.
»Doch«, sagte Zamorra trocken. »Und wenn ein Mann vor einem brennenden Lager steht – oder einer verbrannten Pflanzung, oder was es sein mag, um einen Hubschrauber zu besteigen, dann wird er bestimmt Meldung machen wollen.«
»Oder Hilfe holen«, sagte Nicole, der die Ahnung des Professors plötzlich aufging. »Der Mann muss sich darüber sicher sein, dass der Brand nicht von Menschenhand gelegt wurde, sondern dass eine dämonische Kraft am Werke war. Und dann hat er sich an diesen Zeitungsartikel erinnert. Er hat das Blatt gesucht, hat unsere Anschrift gefunden und versucht nun, Verbindung mit uns aufzunehmen.«
»Gut kombiniert«, lobte Zamorra.
»Und wie will er das anstellen? Selbst wenn die Zeitungsleute deine Telefonnummer abgedruckt haben sollten, was ich für unwahrscheinlich halte, so wird er im Urwald nicht gerade alle Vorwahlnummern für Europa, Paris und Umgebung und für Château de Montagne verzeichnet finden.«
»Er muss zur nächsten Zentralstation fliegen, Nicole.«
»Hm. Die kann aber tausend Kilometer weit weg sein.«
»Möglicherweise. Wir werden warten müssen. Ich weiß aber, dass bald der Fernschreiber ticken wird – oder das Telefon wird läuten. Behalten Sie also beide im Auge – oder im Ohr, Nicole. Ich ruhe mich ein Stündchen aus. Und dann – vergessen Sie nicht, meinen Koffer zu packen.«
***
Nick Pensley, Les Babos und die Arbeiter der FRUIT CAMPS hatten alles andere zu tun als abzuwarten. Fieberhaft versuchten sie, der heranrollenden Feuergefahr Herr zu werden.
Die beiden Transportmaschinen waren bereits mit den wichtigsten und wertvollsten Messgeräten und Apparaturen beladen worden.
Da Start- und Landebahnen hinter den Camps direkt auf dem Wege lagen, den die fürchterliche Feuerwalze von den Bergen herunter genommen hatte, mussten alle Flugmaschinen zuerst in Sicherheit gebracht werden.
Jetzt hoben die Maschinen ab, die kleinere zuerst, eine größere gleich hinterher.
Pensley hatte angeordnet, dass alles, Geräte, Fahrzeuge, Material und Waren, hinter dem See verstaut
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